50 Jahre Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ)

05.10.2022, Text: Georg Primas und Genoveva Brandstetter, Ring Österreichischer Bildungswerke, Redaktion: Rosa Steinacher, Ring Österreichischer Bildungswerke
Über 100 Teilnehmer*innen nahmen an der Jubiläumsveranstaltung unter dem Titel "Erwachsenenbildung im Wandel unserer Gesellschaft. Eine Zukunftsperspektive" teil.
Die KEBÖ- und Politik-Vertreter*innen
Vertreter*innen der KEBÖ-Verbände mit Bildungsminister Martin Polaschek und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, ©Elisabeth Mandl, auf erwachsenenbildung.at
Über 100 Vertreter*innen der Erwachsenenbildung und Politik begrüßte der KEBÖ-Vorsitzende und Generalsekretär des Rings Österreichischer Bildungswerke, Georg Primas am 22. September zur Feier des 50-jährigen Jubiläums der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) im Europahaus Wien.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betonte Bedeutung von Lebenslangem Lernen

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner eröffnete in ihrer Funktion als Präsidentin des Rings Österreichischer Bildungswerke die Feier mit einer Festansprache und dankte der KEBÖ "für all das, was in den letzten fünf Jahrzehnten für die Erwachsenenbildung in Österreich passiert ist und erreicht wurde. Die zehn Verbände der gemeinnützigen Erwachsenenbildung sind es, die lebensbegleitendes Lernen ermöglichen und damit Nahversorger der Bildung sind – im urbanen und ländlichen Raum."
"Wer eine fundierte Ausbildung hat und auf der Höhe der Zeit ist, hat damit im Leben und in der Arbeitswelt die besseren Chancen", so Mikl-Leitner. Sie stellte fest, dass Lernen nicht mit dem Schulabschluss vorbei sei: "Lebenslanges Lernen ist ein ständiger Begleiter und gerade deshalb ist die Arbeit, die seit 50 Jahren in der KEBÖ gemacht wird, so wichtig".

 

Landeshauptfrau Mikl-Leitner sprach anschließend auch die Bedeutung von Basisbildung und des Nachholens von Abschlüssen als eine bedeutende Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme an der Gesellschaft an. Auch die Vermittlung von digitalen Kompetenzen, insbesondere für die ältere Generation, sei eine weitere wesentliche Aufgabe der Erwachsenenbildung. Hier müsse – insbesondere vor dem Hintergrund der Pandemie – ein möglichst niederschwelliger Zugang zu digitalen Medien geschaffen werden.

 

Zuletzt hob Mikl-Leitner hervor, unsere Gesellschaft brauche "kreative und widerstandsfähige Menschen, die hinterfragen, die sich aktiv am Leben beteiligen, die ihren Lebensraum mitgestalten und sich als aktive und informierte Bürgerinnen und Bürger in das demokratiepolitische Geschehen einbringen. Auch hier setzt die Erwachsenenbildung an und ist ein ganz wichtiger Hebel."

Bildungsminister Polaschek: Bildung ist wichtig für demokratisches Zusammenleben

Anschließend wies Bildungsminister Martin Polaschek in seiner Festrede darauf hin, dass der Titel der Veranstaltung "Erwachsenenbildung im Wandel unserer Gesellschaft. Eine Zukunftsperspektive" hervorragend gewählt sei, denn insbesondere in den aktuellen Krisen und Herausforderungen komme der KEBÖ als Dachverband und Sprachrohr für die Anliegen und Interessen der Österreichischen Erwachsenenbildung eine besondere Rolle zu. Er betonte weiters die Notwendigkeit von Bildungsangeboten zur Entwicklung eines Bewusstseins für ein demokratisches Zusammenleben sowie zum Ausbau des Vertrauens in Wissenschaft und Forschung. Er wünschte sich eine noch stärkere Zusammenarbeit der Erwachsenenbildung mit den Universitäten und Hochschulen.

 

Die zehn KEBÖ-Verbände registrierten vor der Pandemie jährlich rund 235.000 Veranstaltungen an insgesamt 6.200 Standorten mit über 4,2 Millionen Teilnahmen. Der Bildungsminister würdigte diese Leistungen und richtete sich an die Festgäste: "Sie sind so wichtig, weil Sie am Puls der Zeit und ganz nahe an den Menschen sind." Abschließend betonte Bildungsminister Polaschek, dass Bildung nicht nur ein persönlicher, sondern auch ein gesellschaftspolitischer Auftrag sei.

Rückblick und Ausblick: Erwachsenenbildung braucht gesicherte Finanzierung

In einer Podiumsdiskussion gaben Vertreter*innen von vier Verbänden ihre Einschätzungen zur bisherigen Entwicklung der Erwachsenenbildung und auch einen Ausblick auf die Zukunft.

 

Einigkeit herrschte bei Sabine Letz (VÖGB), Tatjana Baborek (WIFI), John Evers (VÖV) und Georg Primas (RÖBW) darüber, dass die Erwachsenenbildung eine solide Basisfinanzierung, eine gesicherte nationale Finanzierung, um auch europäische Fördermittel in Anspruch nehmen zu können, und eine Kooperation mit dem Bildungsministerium auf Augenhöhe braucht.

 

Die KEBÖ begrüße die seit vielen Jahren erstmalig erfolgte leichte Erhöhung der Bundesmittel für die Erwachsenenbildung von rückwirkend 5% für 2022 sowie weitere 5% für 2023, so Vorsitzender Primas. Regelmäßig abgeschlossene und mit einer Valorisierung verbundene, dreijährige Leistungsvereinbarungen seien eine notwendige Rahmenbedingung, damit die KEBÖ-Verbände auch in Zukunft die von Bildungsminister Polaschek in seiner Rede gewürdigten Leistungen umsetzen könne.

 

Eine besondere Rolle nehmen in diesem Zusammenhang die KEBÖ-Bundesverbände ein, weil sie für eine österreichweite Koordinierung und Umsetzung von bildungspolitischen Maßnahmen die Struktur, das Know-how und den Innovationsgeist mitbringen.

Den Wandel gestalten – Transformative Bildung für alle

Eine internationale Perspektive bot der diesjährige Keynote Speaker Uwe Gartenschlaeger, Präsident des Europäischen Erwachsenenbildungsverbandes (EAEA). Die EAEA ist die Stimme der nicht formalen Erwachsenenbildung in Europa und vertritt mit 120 Mitgliedsorganisationen in 43 Ländern mehr als 60 Millionen Lernende.


Eingangs gratulierte Gartenschlaeger im Namen der EAEA zum 50-jährigen Jubiläum: "Eine Arbeitsplattform zu haben, in der sich die Träger der Erwachsenenbildung kontinuierlich austauschen und ihre gemeinsamen Interessen formulieren, klingt überaus attraktiv."

 

In seinem Referat beleuchtete Gartenschlaeger die aktuellen globalen Krisen und die Rolle, die die Erwachsenenbildung bei ihrer Lösung spielen kann.
Er verwies dabei auf den 2021 veröffentlichten Weltbildungsbericht der UNESCO sowie auch auf das globale Konzept "Bildung für nachhaltige Entwicklung" (BNE): "BNE ist eine ganzheitliche und transformative Bildung, sie erreicht ihren Zweck, indem sie die Gesellschaft verändert". Mittel und Einrichtungen der Erwachsenenbildung sollten, so Gartenschlaeger, viel stärker genutzt werden, denn bei existentiellen Krisen wie dem Klimawandel könne man nicht warten, bis die heutigen Schulkinder ökologisch aufgeklärte Erwachsene wären. In der EAEA gibt es daher den Slogan: "No greening without Adult Learning and Education".

Persönlichkeitsbildung und Community Learning

Insgesamt gehe es laut Gartenschlaeger um die stärkere Wertschätzung von emotionalem und moralischem Lernen, sprich der Persönlichkeitsbildung und um die Schaffung gemeinsamer Lernorte und Lernerlebnisse für die Menschen, um Zukunftsfragen gemeinsam aufgreifen zu können. Community Learning spiele eine wichtige Rolle, wobei in einer digitalisierten Welt die Community sich auf die ganze Welt erweitert hat. Gartenschlaeger verwies darauf, dass digitales Lernen nicht nur technisch/technokratisch verstanden werden könne, sondern es auch darum gehe, Machstrukturen zu begreifen und mit Verantwortung handlungsfähig zu werden. Er verwies auf das Beispiel der "Folksbildning" in den Nordischen Ländern, wo Erwachsenenbildung vom bürgerschaftlichen Engagement ausgehend gedacht werde.

 

Als ein wegweisendes Signal deutete Uwe Gartenschlaeger in seinem Vortrag die Europäische Erwachsenenbildungsagenda, die im November 2021 von den EU-Mitgliedsstaaten verabschiedet wurde. Die aufgeworfenen Zukunftsfragen betreffen die Grundbildung und die berufliche Qualifizierung. Darüber hinaus wird die Rolle der Erwachsenenbildung bei der Sicherstellung gesellschaftlicher Kohäsion betont. Dies bezieht sich auf Lern- und Bildungsangebote für Benachteiligte und auf Möglichkeiten zur Anerkennung bereits vorhandener Fertigkeiten. Im lokalen Bereich wird der Erwachsenenbildung aber auch eine bedeutende Rolle als Begegnungs- und Dialograum zugewiesen.
Es wird betont, dass europäische Bürger*innen den gesellschaftlichen Wandel nicht nur verstehen, sondern auch gestalten sollen.

 

Der Erwachsenenbildung komme daher, so Gartenschlaeger abschließend, eine aufklärerische Rolle im umfassenden Sinne zu, es gehe um "Transformative Bildung für alle". Dieses Thema wurde daher auch zum Jahresthema der EAEA gemacht.

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