Erwachsenenbildung wirkt positiv auf die Gesundheit und macht selbstbewusst

17.05.2022, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
Bei der Veranstaltung der Uni Krems zu Benefits von Erwachsenenbildung erhielten Teilnehmer*innen Einblicke in Ergebnisse der aktuellen österreichweiten Benefits-of-Lifelong-Learning-Studie.
Frau steht an der Tafel, vier Personen sitzen rund um einen Tisch.
Erwachsenenbildung wirkt.
Foto: Unsplash Lizenz, Jason Goodman, https://unsplash.com
Welche Effekte und Wirkungen hat Erwachsenenbildung, die außerhalb vom formalen Bildungssystem wie Schule oder Universität – z.B. über Volkshochschulen – stattfindet? Das war Thema des „Transdisziplinären Dialogs“ der Uni Krems am 9. Mai.

 

Die Teilnehmer*innen erhielten Einblick in die Forschungsergebnisse der österreichischen und europäischen Benefits-of-Lifelong-Learning-Studie (BeLL). In einer Podiumsdiskussion diskutierten Expert*innen aus der Erwachsenenbildung zudem aktuelle Bedarfe und blickten in die Zukunft.

Erwachsenenbildung wirkt positiv auf die Gesundheit

Fitness- und Bewegungskurse, wie Yoga- oder Aerobic-Kurse, unterstützen die Demenz-Prävention, legt Monika Kil (Uni Krems) bei ihrem Vortrag dar. Aber gibt es auch bei Bildungsangeboten, die nicht körperliche Bewegung als Gegenstand haben, einen gesundheitlichen Nutzen? "Ja", zeigt die österreichische BeLL-Studie. Sie hat u.a. erhoben, welche Veränderungen Menschen in Bezug auf ihre Gesundheit erleben, nachdem sie an Erwachsenenbildung teilgenommen haben. Dabei zeigt sich z.B., dass über 50% der Befragten, die an Kreativ-Kursen teilgenommen haben, angeben, dass sie nach Teilnahme versuchen einen gesunden Lebensstil zu führen. Bei Teilnehmer*innen von Kursen aus dem Bereich "ICT and Skills" sind das sogar mehr als 70%.

 

Dass Bildungsteilhabe einen positiven Gesundheitseffekt hat, zeigt sich über alle Bildungsniveaus hinweg, so der BeLL-Studie zu entnehmen. Doch je geringer der formale Bildungsabschluss (gemessen nach ISCED-Level), desto stärker wird die Veränderung hin zu einem gesunden Lebensstil angegeben. 

 

Veränderungen zeigen sich auch im Suchtverhalten. So gibt es in Bezug auf das Rauchen sowohl jene, die angeben, nach Weiterbildungskursen weniger zu rauchen (21%), als auch jene, die sagen, mehr zu rauchen (16,7%). Beim Alkoholkonsum zeigt sich hingegen ein stärkerer positiver Gesundheits-Effekt: Fast 25% geben an, nach einer Weiterbildungsteilnahme weniger zu trinken (9,6% trinken mehr).

Erwachsenenbildung motiviert zum Lernen und stützt das Selbstbewusstsein

Erhoben haben Forscher*innen der österreichischen BeLL-Studie auch, welche Veränderungen Teilnehmer*innen nach einer Weiterbildungsteilnahme besonders stark wahrgenommen haben. Kil präsentierte im Vortrag ein paar dieser Ergebnisse:  So zeigt sich, dass 91,4% der Befragten angeben, dass sie Erwachsenenbildung als wichtig erachten, 89,5% geben an, dass sie jetzt besser motiviert sind, zu lernen, und 87,8% fühlen sich als Lernende selbstbewusster als vor der Kursteilnahme.


Die Studie erfasst auch, welche Veränderungen die Befragten weniger stark wahrnehmen. So sind nur 19,4% nach einer Weiterbildung eher bereit, für einen neuen Job umzuziehen, 32,5% sind weniger dazu bereit. Wie dies zu deuten ist bzw. welche Erklärungen es dafür geben kann, muss noch weiter untersucht werden (siehe dazu auch: Beitrag im Magazin des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen).

Allianzen mit anderen Disziplinen als Chance und Herausforderung

Bei der Podiumsdiskussion mit Expert*innen aus der Erwachsenenbildung stellte eine Teilnehmerin die Frage, was es brauche, damit die Forschungsergebnisse mehr Wirkung in der Öffentlichkeit und der Bildungspolitik bzw. der Finanzierung von Erwachsenenbildung haben.

 

Monika Kil (Uni Krems) und Bettina Thöne-Geyer (Deutsches Institut für Erwachsenenbildung) sehen hier die Verbindung mit anderen Disziplinen als Chance: Thöne-Geyer betonte, dass es wichtig sei Allianzen zu bilden, z.B. mit der Wirtschaft. Kil sieht dabei v.a. die Herausforderung gegenüber anderen Disziplinen „sprachfähig“ zu werden, es also zu schaffen, sich auf den untersuchten Gegenstand trotz unterschiedlicher Herangehensweisen verschiedener Disziplinen zu verständigen.

 

John Evers, seit Kurzem Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (VÖV), gab zu bedenken, dass Allianzen zu bilden nicht so einfach sei, da es in der Erwachsenenbildung nicht um wertfreie Aspekte geht: Was der Benefit für eine Gesellschaft ist, könne unterschiedlich beurteilt werden, so Evers. Als Beispiel nannte er das Thema Konsumentenschutz in der Basisbildung. Hierbei finde vieles des Gelernten Rückfluss in die Gesellschaft, indem die Teilnehmer*innen ihr Wissen weitertragen. Die Frage sei aber, ob das in der Wirtschaft auch als Benefit gesehen wird, so Evers.

Zukünftige Bedarfe

Die Podiumsgäst*innen diskutierten auch, welche zukünftigen Bedarfe es für die Erwachsenenbildung gibt, um (weiterhin) breitenwirksam zu sein. Monika Kil griff auf, dass Chancen in neuen Forschungszugängen liegen – so brauche es auch Untersuchungen, die Erwachsenenbildung entlang der Lebensspanne beobachten können. Man müsse sich dabei auch mit den Voraussetzungen für lebenslanges Lernen beschäftigen und untersuchen, ob Lernen unter den gegebenen Bedingungen überhaupt möglich ist. Fragen können hierbei sein, ob es ausreichende Betreuungseinrichtungen für Kinder und passende Lernräume gibt oder ob die gesundheitlichen Voraussetzungen einer Gesellschaft für ein erfolgreiches Lernen überhaupt gegeben sind.

 

Gerhard Bisovsky, bis zur kürzlich angetretenen Pension Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen, betonte die notwendigen Rahmenbedingungen für Erwachsenenbildung. So brauche es passende Strukturen auf regionalen und lokalen Ebenen und auch auf Bundesebene. Durch die Breite und Vielfalt der Erwachsenenbildung gebe es auch viele verschiedene Zuständigkeiten. Diese müsse man zusammenführen zu einer politischen Struktur, die die Interessen der Erwachsenenbildung bündeln kann.

Über die Benefits-of-Lifelong-Learning-Studie (BeLL)

Die österreichische BeLL-Studie untersucht den breiteren Nutzen non-formaler Erwachsenenbildung. Sie schließt dabei methodisch an die europäische BeLL-Studie an, die von 2011 bis 2014 in zehn europäischen Ländern durchgeführt und von der Europäischen Kommission finanziert wurde. Das waren die zentralen Fragestellungen der Studie:

  • Welche Benefits nehmen Lernende nach der Teilnahme an Kursen der allgemeinen Erwachsenenbildung an sich wahr?
  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kursthemen/-inhalten und den erfahrenen Benefits?
  • Welche didaktischen Elemente (z.B. Lehrperson, Methoden) sind für die Lernenden relevant, damit Benefits entstehen?

 

Die Broschüre zur BeLL-Studie für Österreich mit einer Sammlung von Beiträgen aus der Zeitschrift "Die Österreichische Volkshochschule" (ÖVH) gibt es auf der Knowledge Base Erwachsenenbildung.

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