Sozial und ökologisch nachhaltige Online-Fortbildungen in der Pflege
Wolfgang Schwab, selbst Diplompfleger und Pflegewissenschaftler und zurzeit im Haus am Ruckerlberg des Diakoniewerks Steiermark angestellt, hat sich der Frage gestellt, wie man diesen Schulungsbedarf decken, für Pflegekräfte leicht zugänglich gestalten und zugleich eine klimafreundliche Entwicklung von Bildungsprodukten verwirklichen kann?
So wurde im Jahr 2020 die Idee einer Onlineplattform geboren, welche einerseits leistbare Fortbildungen für Pflegekräfte anbietet und andererseits auf klimafreundliche Ausgestaltung Wert legt. Innerhalb von zwei Jahren entwickelte der Start-Up Bildungsanbieter während seiner Elternkarenz die Plattform www.pflegefortbildungen.at, die seit Jänner 2022 online ist.
Ressourcenschonende Infrastruktur
Auch um finanziell einen nachhaltigen Weg zu gehen, stand ressourcenschonendes Arbeiten von Anfang an im Fokus des Projekts. Alle Schulungsvideos und -unterlagen wurden im Homeoffice auf Upcycling-Hardware und mit freier Software entwickelt. Durch Ankauf von Computer, Kamera und Mikrofonen aus gebrauchten Beständen wurde CO2 eingespart und die Investitionskosten in Infrastruktur werden niedrig gehalten. Beim digitalen Aufbau der Plattform fiel die Wahl auf das Berliner Startup elopage.com.
Sozial und ökologisch faire und flexible Lernumgebung
Zum Startschuss im Jänner 2022 standen bereits fünf Fortbildungen online zur Verfügung. Ein sechsstündiger Kurs kostet 35 Euro, damit kann der Anbieter kostendeckend arbeiten. Da es sich damit um kein vorrangig gewinnorientiertes Angebot handelt, können die Weiterbildungen zu diesem Preis angeboten werden. Sie sind damit vielen Menschen zugänglich. Die Bedürfnisse der potenziellen Teilnehmer:innen in der Pflege waren für die Entwicklung der Plattform leitend.
Dadurch, dass alle Schulungen vom Smartphone genauso wie von einem Tablet oder Computer aus gemacht werden können, werden Fahrtwege und damit CO2-Emissionen vermieden.
Schulungen können jederzeit begonnen, unterbrochen und fortgesetzt werden. Das ist vor allem für Pflegekräfte wichtig, da wechselnde Dienstzeiten Fortbildungen mit fixen Terminen schwierig planbar machen.
Klimaschonende Werbemittel
Um keinen Werbemüll zu streuen, kontaktiert der Bildungsanbieter potentielle Kund:innen vorab und versendet das Werbematerial nur auf Wunsch der Interessent:innen. Folder mit den wichtigsten Infos werden regional gedruckt, als Werbegeschenk gibt es Kugelschreiber aus Karton und Süßigkeiten einer Linzer Firma, für den Versand stehen recycelte Papierschachteln bereit.
Bevorzugt setzt der Bildungsanbieter jedoch auf klimaschonende Online-Werbung: Indem die Website so aufbereitet wurde, dass die Angebote auch gut über Suchmaschinen auffindbar sind, konnte die Website bereits im ersten Monat eine gute Reichweite erzielen.
Was kommt an?
Bei den ersten Feedbacks der Schulungsteilnehmer:innen wird eines klar: Das Wissen steht im Fokus! Werbematerial ist nicht vorrangig, um die Menschen zu erreichen - der niederschwellige Zugang zu den Kursen und die zeitliche Flexibilität sind der wahre Werbemotor. Die Fortbildungen lassen sich gut mit der Arbeit vereinbaren und niemand muss zu einem fix terminisierten Seminar fahren, um die gesetzlichen Fortbildungsvorgaben zu erfüllen. Mittlerweile sind die Kurse der Plattform www.pflegefortbildungen.at auch vom österreichischem Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) zertifiziert.
Ausblick Klima-Check für Pflegepersonen
Im Rahmen des Projekts "Klimaschutz in Training und Beratung" der Ich tu's Initiative des Landes Steiermark ist für die Plattform ein weiterer Kurs in Planung, der Pflegepersonen konkrete Möglichkeiten vermittelt, Klimaschutz im Rahmen ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen. Entlang eines Klima-Checks werden sie angeregt, in den Bereichen Energieverbrauch (Heizen, Lüften, Beleuchtung), Abfallentsorgung, Mobilität, IT-Geräte und Büromaterialien, Ernährung und Verpackung sowie Reinigung in ihren Stationen und Einrichtungen Verbesserungsvorschläge einzubringen und umzusetzen.
Über die Autorinnen
Stefanie Schwab ist Personalentwicklerin und Trainerin und hat bei der Entwicklung der Plattform Nachhaltigkeitsaspekte eingebracht. Als Teilnehmerin im Projekt Klimaschutz in Training und Beratung wird sie bei der nächsten Klimaschutzgala des Landes Steiermark als Ich tu´s Bildungspartnerin im Bereich Training und Beratung ausgezeichnet.
Andrea Widmann koordiniert das Projekt Klimaschutz in Training und Beratung gemeinsam mit Ecoversum. Das Projekt wurde 2021 mit einem nationalen Bildungsaward ausgezeichnet.
Verwandte Artikel
Vorteil Klimaschutz? Wie begleitete Klimaschutzmaßnahmen wirken
Gute Vernetzungsmöglichkeiten, eine bessere Wettbewerbsfähigkeit und finanzielle Vorteile: Diesen Nutzen nennen Erwachsenenbildungseinrichtungen nach der Teilnahme an einem Klimaschutzprojekt, das Beratung und Begleitung anbietet.Nachhaltige Berufsbildung: didaktische Impulse aus Theorie und Praxis
In einem Sammelband diskutieren 13 Autor*innen didaktische Herausforderungen und Potenziale für die Weiterbildung in der Berufsbildung zum Thema Nachhaltigkeit.Was die Deutschen vom Klimaschutz halten und was das für die Bildung heißt
Erwachsenenbildung sollte sozioökonomische Aspekte stärker berücksichtigen und dabei unterstützen, sogenannte „Polarisierungsunternehmer*innen“ zu identifizieren. Das lässt sich aus aktuellen Studienergebnissen ableiten.Wie Lehrende mit Widerstand und Emotion in der Klimabildung umgehen können
In der Bildungsveranstaltung soll es um Klimawandel und Klimaschutz gehen. Schnell zeigen sich feste Positionen: Den einen geht Klimaschutz nicht weit genug, die anderen wollen davon nichts wissen. Was können Lehrende tun?„Grünes“ Qualitätsmodell für die Erwachsenenbildung
Bildungsanbieter, die ihre Organisation nachhaltig führen, können dies jetzt zertifizieren lassen – mit der LQW-Nachhaltigkeitstestierung.Klimaschutz in der Organisationskultur verankern und Beteiligung schaffen
In der Bildungseinrichtung sind die Weichen für Klimaschutz gestellt. Doch Mitarbeitende nehmen nachhaltige Angebote nicht an und hinterfragen die Maßnahmen. Wie Sie mit Grundsatzdebatten und mangelnder Beteiligung umgehen.