(Erwachsenen-)bildung im Gefängnis: Film in den österreichischen Kinos
Herzensbildung in der Haftanstalt
Fuchs trifft in der Gefängnisschule auf die eigenwillige Gefängnislehrerin Elisabeth Berger, deren unkonventionelle Lehrmethoden dem obersten Wachebeamten Ernst Weber sauer aufstoßen. Sie setzt auf offenes Lernen, paradoxe Intervention und vor allem: Kunst. Getragen von der Überzeugung, dass kreative Arbeit auch einen therapeutischen Effekt hat, steht Malen im Unterricht an erster Stelle, die Arbeit an sozialen Fähigkeiten an zweiter. Für sie gilt: Herzens- und Charakterbildung vor Rechnen oder Grammatik.
Als Fuchs seine erste Klassenaufsicht hat, kommt es zu einem Übergriff auf die introvertierte Schülerin Samira. Fuchs fühlt sich verantwortlich und will es wieder gut machen. Durch die Sozialarbeiterin Tara erfährt Fuchs mehr über Samiras Geschichte. Damit ändert sich etwas: Fuchs versucht Bewegung in die starren Strukturen zu bringen.
Was Bildung hinter Gittern bringt
Inspiration für den Film gaben u.a. Wolfgang Riebniger und Siegelinde Rettenbacher, zwei ehemalige Gefängnis-Lehrende. Riebniger habe z.B. auf sehr unkonventionelle Art unterrichtet, sagt Regisseur und Drehbuchautor Arman T. Riahi etwa in einem Interview im Presseheft zum Film.
Auch in Realität ist Lernen im Strafvollzug anders und mit Hindernissen verbunden. Hier kommen viele Menschen mit negativen Lernerfahrungen und durchwachsenen Biografien zusammen. Sie lernen in unfreier Umgebung mit starker Hierarchie und Normierung, wenngleich auch mit hoher Stabilität.
Die Frage, wie in einer Haftanstalt unter diesen Voraussetzungen ein Lernklima geschaffen werden kann, stellt sich Lehrenden im Strafvollzug immer wieder. Dass das aber gelingen und Bildung im Gefängnis erfolgreich sein kann, zeigen verschiedene Projekte wie zum Beispiel die Lernplattform elis), bei denen es auch um berufliche Bildung und Arbeitsmarktintegration geht.
Inwieweit es dann tatsächlich für viele Menschen, die als "BildungsversagerInnen" gelten, tatsächlich möglich ist, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist eine andere Frage. Bildung anders zu definieren, sie nicht nur als Vorbereitung auf die Arbeitswelt zu sehen, kann hier den Wert von Erwachsenenbildung über den Arbeitsmarkt hinaus ersichtlich machen. Dann kann Bildung das Ziel verfolgen, Persönlichkeitsentwicklung zu stärken sowie eine gemeinsame, solidarische Lebensgestaltung mit anderen zu fördern.
"Fuchs im Bau" bei der Diagonale 2021
"Fuchs im Bau" war der Eröffnungsfilm der Diagonale und kommt am 18. Juni in die österreichischen Kinos. Er ist nach der Komödie "Die Migrantigen" (2017) Arman T. Riahis zweiter Spielfilm.
Die Diagonale ist ein Filmfestival, das seit 1998 jährlich in Graz veranstaltet wird. Es versteht sich als Forum für die Präsentation und Diskussion österreichischer Filmproduktionen. Ziel ist es u.a. das heimische Filmschaffen stärker in den öffentlichen Diskurs zu bringen.
- Informationen zum Film (Diagonale)
- Presseheft zum Film (pdf)
- Bericht zum Film auf orf.at
- H wie Häf'n - Basisbildung im Strafvollzug
Magazin erwachsenenbildung.at, Nr. 1, 2007 - Zur Zukunft des Lehrens und Lernens im Strafvollzug
Nachricht vom 7. August 2017 - Die Zeit im "Häfn" effektiv nutzen: Erwachsenenbildung im Strafvollzug
Nachricht vom 2. August 2018 - Die Freiheit des Lernens im Justizvollzug
Nachricht vom 29. Jänner 2016 - Nachricht auf EPALE
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