Zukünftige Chancen und Herausforderungen für die Bildungsberatung

09.10.2020, Text: Amela Cetin, ÖSB Social Innovation
Am 16. und 17. September 2020 fand in Wien zum 18. Mal die Überregionale Vernetzungstagung der Initiative Bildungsberatung Österreich statt. Ein Nachbericht.
Vernetzungstagung der Initiative Bildungsberatung Österreich
Foto: CC BY, ÖSB S&B, auf erwachsenenbildung.at
Die regelmäßig stattfindende Vernetzungstagung bietet Bildungsberater*innen als auch einem interessierten Fachpublikum die Möglichkeit, sich persönlich zu treffen und zu einem Thema auszutauschen. Die diesjährige Tagung widmete sich dem Thema "Arbeit ... alles anders? Herausforderungen und Chancen für die Bildungsberatung". Die Tagung fand heuer bedingt durch die Corona-Pandemie im exklusiven Rahmen mit begrenzter Anzahl an Teilnehmer*innen und einem strengen Sicherheitskonzept statt.

 

Die Teilnehmer*innen behandelten grundsätzliche aber auch ganz praktische Fragen, die durch die globalen Veränderungstreiber der Arbeitswelt – wie Globalisierung, Digitalisierung oder den demografischen Wandel – ausgelöst werden sowie die Frage nach den Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Bildungsberatung. MinRin Regina Barth (BMBWF) eröffnete die Tagung und begrüßte die Teilnehmer*innen. Rudolf Götz, vom Organisations- und Veranstaltungsteam der ÖSB Studien & Beratung, richtete einleitende Worte an das Tagungspublikum.

Gehypte Trends?

Zum Einstieg stellte Jörg Flecker (Universität Wien) in seinem Vortrag "Trends oder Hypes? Zu den Dynamiken der Berufsarbeit" die These in den Raum, das einzelne Bilder über die Veränderung der Arbeitsorganisation und der beruflichen Tätigkeiten im öffentlichen Diskurs immer wieder "gehypt" werden. So beispielsweise die Höherqualifizierung der Arbeitskräfte, ihre zunehmende Selbstorganisation und Selbstverantwortung oder die wachsenden Chancen und Notwendigkeiten in der Erwerbsarbeit kreativ zu sein. In Relation dazu betonte er verdrängte Gegentendenzen der beruflichen Realität wie die Standardisierung und damit Vereinfachung und stärkere Fremdkontrolle der Arbeit gerade auch in den Dienstleistungen und warnte vor kursierenden Hypes – wie etwa der Digitalisierung.

 

Flecker plädierte vielmehr für die Bewältigung der Widersprüche und Zielkonflikte zwischen Selbstverantwortung und fremdbestimmten Rahmenbedingungen - also zwischen den eigenen hohen Ansprüchen an die Arbeit und den begrenzten Ressourcen. Seine abschließende und zentrale Botschaft lautete "... dass die Zukunft der Arbeit nicht etwas ist, das von irgendwoher auf uns zukommt. Sie wird vielmehr im Rahmen von Machtverhältnissen und unter vielfältigen Einflüssen von Menschen gestaltet. Und Bildung kann dazu beitragen, dass die Arbeitenden an dieser Gestaltung individuell und kollektiv aktiver mitwirken können als bisher".

Wie kann Arbeit im Zeitalter digitaler Transformation neu gedacht werden?

Im zweiten (Online-)Vortrag mit dem Titel "Arbeit neu denken im Zeitalter digitaler Transformation – Erwerbsarbeit zwischen Entfremdung und Selbstverwirklichung" strich Thomas Kühn (International Psychoanalytic University Berlin) die gesellschaftliche Notwendigkeit heraus "die Arbeit im Zeitalter digitaler Transformation neu denken zu müssen". Aus seiner Perspektive kommt der Psychologie beim Verstehen und Mitgestalten dieses Wandels eine zentrale Rolle zu. Er geht davon aus, dass trotz des Wandels, menschliche Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und sozialer Identität weiterhin bestehen bleiben und auch davon, dass Menschen schöpferisch und sozial sind. Sein Vortrag mündete in der Conclusio, dass "die gemeinsame Auseinandersetzung und Gestaltung der Lebenswelt zu den zentralen menschlichen Aufgaben gehört und die Arbeitswelt auch weiterhin als ein zentraler Raum der Gesellschaft begriffen werden muss, in dem menschliche Entwicklung möglich ist."

 

Darauf aufbauend, tauschten sich die Teilnehmer*innen zu den Vorträgen aus. Leitend für den Austausch waren Fragen wie: Welche dieser Trends beobachten wir in unserer Praxis, wie gehen wir damit um und welche Fragen beschäftigen uns in diesem Zusammenhang?

 

Teilnehmer*innen der Tagung im Austausch (Foto: CC BY ÖSB S&B)

 

Das inhaltliche Programm des ersten Halbtages wurde durch eine Darbietung des Stand-Up Comedian Jack Nuri abgerundet, welcher die Teilnehmer*innen durch ein "Best of" seines bisherigen als auch aktuellen Programms führte.

Neues aus der Landschaft der Bildungsberatung

Am Beginn des zweiten Halbtages der Vernetzungstagung berichteten Astrid Steininger und Matthias Melber (Bildungsberatung in Wien) über den Einsatz von Online-Gruppenberatungs-Formaten, ihren Erfahrungen und Learnings in und für die Bildungsberatung. Annelies Mutschlechner (Bildungsberatung Tirol) präsentierte den Teilnehmer*innen ein Workshopkonzept für die Zielgruppe der älteren Beratungskund*innen.

Workshops zu Veränderungen der Arbeitswelt und ihre Auswirkungen auf die Bildungsberatung

Zur Frage, wie sich die Veränderungen der Arbeitswelt auf die Bildungsberatung auswirken und welche Antworten im Umgang sie damit findet, konnten sich die Teilnehmer*innen in vier unterschiedlichen Workshops auseinandersetzen und gegenseitig Erfahrungen austauschen:

  • Wie verändern sich Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt?                                   
    Mit Gerlinde Titelbach (IHS), Georg Grund-Groiss (AMS Gänserndorf) und Milja Brosevcic (waff)

  • ?Welche Kompetenzen und Skills sind in Zukunft gefragt?
    Mit Julia Bock-Schappelwein (WIFO), Sandra Heuschmidt (BFI Wien) und Manuela Vollmann (ABZ*Austria – kurzfristig/coronabedingt abgesagt)

  • ?Wie kann die Bildungsberatung auf neue Erwerbs- und Arbeitsformen reagieren?
    Mit Rudolf Götz (ÖSB S&B) und Andrea Klement (ÖSB Consulting – kurzfristig/coronabedingt abgesagt)

  • ?Was bringt der Wandel der Arbeitsorganisation in Unternehmen für die Bildungsberatung mit sich?
    Mit Christiane Schober (Deloitte) und Eva Angerler (Gewerkschaft der Privatangestellten – kurzfristig/coronabedingt abgesagt)

 

Präsentationen, Unterlagen und Fotos stehen als "Tagungsdokumentation" auf erwachsenenbildung.at zur Verfügung.

Weitere Informationen:

 


Erstellung des Beitrags gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und des Europäischen Sozialfonds.

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