"Bildungstratsch": Bildungsberatung daheim
Bildungsinformation im gemütlichen Rahmen
Angelehnt an die Tupper-Party, findet auch der Bildungstratsch im privaten Rahmen statt. Ein/e GastgeberIn lädt FreundInnen zu sich nach Hause ein, um über bildungsnahe Themen zu sprechen. Die GastgeberInnen sind idealerweise Peers - also Menschen, die selbst aus der Zielgruppe sind: "Da Peers direkt aus der Zielgruppe kommen bzw. eine gute Anbindung an die Zielgruppe haben, werden sie als gute VermittlerInnen zwischen den Welten gesehen", schreiben Olga Lee-Emig, Barbara Oberwasserlechner und Monika Höglinger in einem Handbuch über den Bildungstratsch.
Die "Tupperware-BeraterInnen" sind in diesem Fall die BildungsberaterInnen, die Impulse geben und für Fragen zur Verfügung stehen. Sie geben je nach Bedarf Informationen oder Anregungen, um die TeilnehmerInnen mit ihren Interessen abzuholen. Somit sind die Themen im Bildungstratsch vielfältig: von Fragen zu bestimmten Berufen über das Besprechen eines Einstiegs in den Arbeitsmarkt bis hin zur Frage, wie man Kinder beim Lernen unterstützen kann, sind viele Themen möglich. "Das Ziel ist es, mit den Themen nah am persönlichen Erleben und am Alltagsleben der Teilnehmenden zu sein", schreiben die Autorinnen.
Am Ende der Beratung können sich die TeilnehmerInnen aus der Gruppe als GastgeberInnen für den nächsten Bildungstratsch melden.
Beratung "zu Hause" als umstrittene Herausforderung
"Da Bildungstratsche im Privatbereich stattfinden, war das Konzept von Anfang an
umstritten", schreiben die Autorinnen. BeraterInnen empfanden das Einnehmen des privaten Raums teilweise als übergriffig. "Klar ist, dass die Umsetzung einer besonders sensiblen Vorgangsweise bedarf und der persönliche Rahmen als entlastendes Angebot und keinesfalls als Zwang zu verstehen ist", beschwichtigen die Autorinnen. Auch ein gewisses Vertrauensverhältnis brauche es als Voraussetzung.
Um das Angebot des Bildungstratsches möglichst niederschwellig zu gestalten, spiele der Ort aber eine wesentliche Rolle. Das eigene Zuhause könne dabei zu einer guten Atmosphäre beitragen. "Dieser Ort wird im Allgemeinen nicht mit Bildungserfahrungen in Zusammenhang gebracht und kann daher neue Assoziationen und Zugänge schaffen".
Auch für die BeraterInnen sind Atmosphäre und Möglichkeiten andere als in einer Bildungsinstitution und bilden daher auch für sie eine besondere Herausforderung. Als Tipp geben die Autorinnen, dass man bereits in einem Vorgespräch mit dem/der Gastgebenden die Gegebenheiten in der Wohnung besprechen sollte, um Übungen und Methoden gut planen zu können.
Gute Erfahrungen der Bildungsberatung Wien
Im Zeitraum von 2015 bis 2017 hat die Bildungsberatung Wien 18 Bildungstratsch-Beratungen mit insgesamt 86 TeilnehmerInnen durchgeführt.
56% der Teilnehmenden hatten Pflichtschul- oder Lehrabschluss als höchste Ausbildung. 44% hatten eine höhere Qualifikation, die sie aber in Österreich nicht adäquat beruflich nutzen konnten.
Im Feedback der Teilnehmenden zeigte sich, dass die TeilnehmerInnen den Bildungstratsch als sinnvoll für ihre Entwicklung angesehen haben. Auch die gemütliche Atmosphäre und das Beisein vertrauter Personen erleichterte es vielen sich dem Thema Bildung zu öffnen, resümieren die Autorinnen. Jetzt gelte es dran zu bleiben: "Wünschenswert für die Zukunft wäre es, wenn es gelingt, den Bildungstratsch im Sinne des Tupperware-Systems zu etablieren."
Alles nachlesen im Handbuch Bildungstratsch
Im Handbuch Bildungstratsch beschreiben Olga Lee-Emig, Barbara Oberwasserlechner und Monika Höglinger das Konzept des Beratungsformats und geben Einblick in Erfahrungen. Das Handbuch entstand als Teilprojekt der VHS Floridsdorf im Rahmen des Projekts Bildungsberatung in Wien. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Europäische Sozialfonds finanzieren das Projekt.
Erstellung des Artikels gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und des Europäischen Sozialfonds.
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