BFI erfasst Kompetenzen von Asylwerbenden
Ende Dezember waren rund 4.400 Flüchtlinge in Salzburg untergebracht, 650 erhielten 2015 einen positiven Asylbescheid. "Damit Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt gelingt, brauchen wir rasch gründliche Kenntnis darüber, welche Ausbildung und berufliche Kompetenzen jene Menschen, die zu uns geflüchtet sind, auch wirklich haben", ist Martina Berthold, Landesrätin für Asyl und Integration überzeugt. Das sollte eine Kompetenzfeststellung leisten, die das BFI Salzburg gemeinsam mit Jugend am Werk durchführte. "Das Pilotprojekt von BFI und Jugend am Werk weist den richtigen Weg. Hier müssen wir weiter arbeiten", betonte Berthold am 15. Dezember 2015 bei der Präsentation des Kompetenz-Screenings im BFI.
Kompetenzen sichtbar machen
Die ersten Ergebnisse des neuen Salzburger Pilotprojekts zeigen etwas ganz deutlich: Das Spektrum der Bildung und Kompetenzen ist sehr breit. Anhand eines standardisierten Fragebogens wurden Deutsch- und Mathematikkenntnisse erhoben. Zweistündige vertiefende Einzelgespräche mit insgesamt 23 Asylsuchenden im Alter von 18 bis 46 Jahren lieferten detaillierte Erkenntnisse über berufliche Erfahrungen, Qualifikationen und sprachliche Kompetenzen, aber auch Berufswünsche. Die Befragten stammten aus Syrien, Afghanistan und Somalia, sie sind im Flüchtlingsquartier von Jugend am Werk in Liefering untergebracht. 17 Personen waren seit weniger als einem halben Jahr in Österreich, nur eine etwas mehr als ein Jahr (13 Monate).
Deutschkenntnisse Um und Auf für Berufseinstieg und Teilhabe
Die Befragten verfügten über elementare Deutschkenntnisse, in zwei Fällen ist eine Alphabetisierung nötig. Mehr als die Hälfte (nämlich 15) kann Deutsch über das bloß Rudimentäre (Niveau A1 des europäischen Referenzrahmens für Sprachen) hinaus verwenden (acht auf Niveau A1+, sechs auf Niveau A2). Ein Teilnehmer hatte sogar in mehreren Teilbereichen bessere Kenntnisse als A2 (A2++). Viele nutzen YouTube als Lerninstrument. Um sie beim weiteren Deutschlernen zu unterstützen, schenkte ihnen das BFI Salzburg Kursgutscheine.
Asylwerber bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit
Die Kompetenzerhebung belegte auch das sehr unterschiedliche Bildungsniveau der Asylwerber. Konnten einige aufgrund von Krieg und Flucht nie oder nur sehr kurz eine Schule besuchen, mussten andere ihr Studium unterbrechen. Ebenso groß sind die Unterschiede bei Berufsausbildung und Berufserfahrung. Der Bogen spannt sich von Personen mit langjähriger Berufserfahrung bis zu angelernten Kräften und umfasst 20 Berufe in acht Branchen (Mehrfachnennungen waren möglich):
Erfahrung nach Berufen | Anzahl Teilnehmer |
Bäcker | 2 |
Bauer | 1 |
Berufskraftfahrer Güter | 1 |
Berufskraftfahrer Personen | 4 |
Einzelhandel | 4 |
Hirte | 1 |
Koch | 1 |
Konstrukteur | 1 |
Kunststoffverarbeitung | 2 |
Lehrer | 1 |
Maurer | 3 |
Näher | 1 |
Pflegehilfskraft | 1 |
Schuhputzer | 1 |
Service (Gastgewerbe) | 3 |
Soziale Berufe | 1 |
Stoffherstellung | 1 |
Tierarztassistent | 1 |
Tischler | 2 |
Übersetzer | 1 |
Offizielle Berufsabschlüsse oder Zertifikate waren nicht vorhanden.
Viel Potenzial, aber Vergleichbarkeit ist ein Problem
So vielfältig die berufliche Bildung und Erfahrung der Asylwerber ist, sie ist häufig nicht oder nur schwer mit der österreichischen vergleichbar. Die wichtigste Erkenntnis des Pilotprojekts ist dennoch, dass in den getesteten Personen viel Potenzial steckt. Um es zu entwickeln, sind zielgruppengerechte Methoden und Angebote vonnöten. "Die Testungen zeigen, dass der Bedarf an weiterführenden Qualifizierungen und Sprachkursen groß ist. Vor allem in Hinblick auf die Integration in den Arbeitsmarkt sind Informationen zum österreichischen Arbeitsmarkt notwendig, was auch auf fachspezifische Aus- und Weiterbildungen mit Praxisbezug zutrifft", resümierte Werner Pichler, Direktor des BFI Salzburg.
Vom Pilotprojekt in den Regelbetrieb
Mittlerweile beauftragte das Arbeitsmarktservice das BFI Salzburg mit neuen Kompetenzerhebungen. Zwei fanden bereits in St. Johann und in Zell am See statt. Ab April folgen Salzburg Stadt und Hallein. Bei Bedarf soll es noch weitere Kompetenzerhebungen geben.
Serie: Erwachsenenbildung in der Migrationsgesellschaft
Integrationskurse und Spracherwerb mögen ein Anfang sein. Doch wenn es um den sozialen Wandel geht, der mit Zuwanderung verbunden ist, sind die Menschen mit Migrationserfahrung nur eine der Zielgruppen von Erwachsenenbildung. Die Anforderungen der Migrationsgesellschaft betreffen uns alle. Fragen nach Teilhabe, Verständigung und Zusammenleben stellen sich immer wieder neu. Wie Erwachsenenbildung diese Anforderungen beschreibt, reflektiert und deutet, und welche Angebote für Lernen und Bildung sie ihnen entgegen bringt, ist Gegenstand einer Serie von Artikeln auf erwachsenenbildung.at. Alle Beiträge in der Serie finden Sie hier.
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