Die Schule des Charmes

15.07.2015, Text: Trude Wieser-Moschitz, k & k, Redaktion: Renate Ömer, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
Im Theaterprojekt "Šola šarma / Die Schule des Charmes" suchten Frauen generationenübergreifend, weibliche Stereotype zu überwinden. (Serie: Kunst und Kultur)
Sola Sarma / Die Schule des Charmes
Šola šarma: Die Schule des Charmes
Foto: (C) H. Weiss
Schauspielerinnen mit unterschiedlichem Hintergrund – aus dem städtischen und ländlichen Umfeld, sowie aus dem einsprachigen und zweisprachigen Kärnten – und vor allem aus unterschiedlichen Generationen gemeinsam auf die Bühne zu bringen, das war es, was die Regisseurin Alenka Hain in dem Stück „Šola šarma / Die Schule des Charmes“ wollte. Premiere des Stückes, das aus organisatorischen Gründen leider nur drei Mal aufgeführt werden konnte, war im April des Vorjahres. Die Mitwirkenden waren acht junge Darstellerinnen der Theatergruppe "Teater Še.EN.tjanž", weiters die Tänzerinnen der Gruppe AUF UND DAVON, sowie vier ältere Damen aus der Umgebung von Šentjanž/St. Johann.

 

Frauen, Lebensphasen, Stereotype
In dem durchgehend zweisprachig konzipierten Stück, das neben der Sprache vor allem den Tanz als Ausdrucksform hat, wird thematisiert, welchen Wert die Gesellschaft heute auf visuelle Ästhetik, Schönheit, Jugend und Makellosigkeit legt. In dem von Hain inszenierten Spiel mit Stereotypen und Anforderungen der modernen Zeit treffen zwei Generationen von Frauen aufeinander – Mädchen im Teenageralter, am Übergang zur Welt der Erwachsenen, und reife Frauen mit großer Lebenserfahrung und der Fähigkeit zur Selbstironie.

 

Das war, wie schon die Ankündigung verriet, auch ein Aufeinandertreffen zweier Gegensätze – einerseits die Mädchen, die zwischen „dem absurden Bestreben nach Vollkommenheit und Schönheit und den Idealen der Vergangenheit hin und hergerissen sind“, andererseits die älteren Tänzerinnen und Schauspielerinnen, die bereits viel erlebt hatten und sich vor nichts mehr fürchteten. Basierend auf Zitaten bekannter Frauen aus der Geschichte (Sophie Scholl, Jane Goodall, Florence Nightingale u. a.), entspann sich ein Plädoyer für die Überwindung von Stereotypen und Idealvorstellungen von Weiblichkeit.

Nutzen durch Austausch
Auf die Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen den Jugendlichen und den älteren Damen funktionierte, meinte die Regisseurin: „Es war überaus spannend und mir scheint, dass sowohl die jungen Mädchen als auch die reiferen Frauen von den unterschiedlichen Zugängen der jeweils anderen durchaus profitieren.“ Interessant war dabei auch das Aufeinandertreffen der Mitglieder von Hains Tanzgruppe, die sich bereits seit zehn Jahren einmal wöchentlich in Klagenfurt zum Proben treffen. Diese Gruppe besteht aus Frauen, die nicht der slowenischsprachigen Minderheit angehören, und sich in diesem Projekt erstmals mit Kärntner-Slowenischen Mädchen und einheimischen Frauen trafen. „Sie alle waren gegenüber den jeweils anderen sehr offen, das war sehr angenehm“, meinte die Regisseurin.

 

Als genauso offen erwies sich in der Folge auch das Publikum – das Stück war ein großer Erfolg und sehr gut besucht. Dazu Alenka Hain: „Ich hatte offen gestanden etwas Angst vor der Premiere. Ein Stück nur mit weiblichen Schauspielerinnen, zu einem „Frauenthema“ und mit viel Tanz, das hätte auch daneben gehen können. Dass es so viele Menschen anziehen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Bei der letzten Vorstellung wurden die Kapazitäten des Saals beinahe gesprengt.“ Es sieht also ganz so aus, als ob die generationenübergreifende Theaterarbeit auch für das Publikum Potenzial hat.

Potenziale entfalten
Egal, ob gemeinsam mit Jugendlichen oder in reinen „Erwachsenengruppen“ – Theaterspielen ist etwas, das auch Erwachsenen, die vielleicht zuvor nichts damit zu tun hatten, viel bringen kann. Die Entfaltung der Kreativität, die Überwindung von Ängsten und Nervosität und – nicht zu vergessen – das Gehirntraining beim Textlernen, gehören zu den zahlreichen positiven Aspekten, die diese Freizeitbeschäftigung mit sich bringt. Im letzten Punkt sieht Alenka Hain jedoch auch das größte Problem bei ihrer Arbeit mit älteren Menschen. In ausnahmslos allen Laiengruppen, so die Regisseurin, beobachte sie, dass die SchauspielerInnen Schwierigkeiten mit dem Lernen des Textes hatten. Als Ursache dafür sieht sie keineswegs einen eventuellen Rückgang der Merkfähigkeit im Alter, sondern vielmehr eine „Blockade im Kopf: die Leute kommen schon mit der Erwartungshaltung in die Proben, dass sie, nachdem sie ja schon über 50 sind, auf jeden Fall Probleme mit dem Text haben werden.“

 

Ein Mittel gegen diese Blockade hat sie bis heute nicht gefunden. Sie versucht jedenfalls, ihre SchauspielerInnen zu ermuntern, mit Freude auch an die Arbeit mit dem Text heranzugehen – als bedeutend sieht sie dabei den Grundsatz des lebenslangen Lernens – „es ist wichtig, dass man sich auch mit 50+ immer wieder dazu entschließt, etwas Neues zu lernen“.

Traditionelle Themen
Dass „Die Schule des Charmes“ nicht das erste Stück mit sozialkritischem Inhalt ist, das die Theatergruppe Šentjanž/St. Johann inszeniert hat, zeigt ein Blick in die Chronik des k & k, des Kultur- und Kommunikationszentrum St. Johann im Rosental. Vielmehr gehört die Auseinandersetzung mit politischen Themen seit einigen Jahren zu den wichtigsten Merkmalen der hiesigen Kulturarbeit. Neben der Förderung der Sprachkompetenz, Kreativität und Fantasie bei den SchauspielerInnen, ist es ein erklärtes Ziel der Theatergruppe, sich für eine Kultur des Zusammenlebens einzusetzen: sei es durch die auf unterschiedliche Weisen umgesetzte Übersetzung der in der Regel in slowenischer Sprache aufgeführten Produktionen oder durch die eben genannte Behandlung gesellschaftspolitisch relevanter Themen. In diese Tradition der politischen und gesellschaftskritischen Inszenierungen reiht sich „Die Schule des Charmes“ perfekt ein. Mit ihr wurde vielleicht der Grundstein für weitere generationenübergreifende Produktionen in Šentjanž / St. Johann gelegt.

 

Das k & k, das Kultur- und Kommunikationszentrum St. Johann im Rosental / Kulturni in komunikacijski center Šentjanž v Rožu, ist ein seit 1995 bestehender Verein, der seit 1997 Mitgliedsverein der arge region kultur ist. Eine Angestellte der Arbeitsgemeinschaft ist im Verein beschäftigt und hauptverantwortlich für das Programm. 

 

Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln. Alle Beiträge zur Serie finden Sie hier.

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