Musische Bildung als Teamwork
Das Kernelement
Seit 25 Jahren gibt es eine ganz außergewöhnliche Form der lebensbegleitenden Bildung: die Familiensingwochen in Bad Traunstein im Waldviertel. Warum widmet eine Familie Jahr um Jahr viele Urlaubswochen der Musik? Der Chorgesang in allen Altersstufen ist hier nicht erst seit der "Großen Chance für Chöre" populär. Die musikalische Harmonie im stimmlichen Gleichklang ist wie bei vielen anderen Singwochen natürlich ein Kernelement. Die Besonderheit für die Teilnehmenden im Alter zwischen null und 90 Jahren findet sich jedoch in den täglichen Angeboten: Singen, Tanzen und Spielen gemeinsam, ohne Altersgrenzen. Alltagslieder zum Essen, zum Wandern, zum Feiern, Mitmachtänze und gesellige Spiele ohne aufwändiges Spielmaterial stehen ebenso am Programm. Höhepunkt zum Wochenabschluss ist jeweils das gemeinsame Musical, zu einer brandneuen Handlung zusammengefügt aus den Beiträgen aller Teilnehmenden.
Der soziale Aspekt
Was kann mehr zur Schulung sozialer Teilhabe beitragen als die Erkenntnis eines Dreijährigen mit Familie, Freunden und Fremden zu einem bewegenden Abend beigetragen zu haben? Wo sonst ist es möglich, Inklusion so unkompliziert zu leben? Wer musizieren will, darf es, - egal welche Ausbildungsstufe oder welches Handicap. Die Kinder lernen von der Jugend, die Jugend von den Erwachsenen, die Erwachsenen von den SeniorInnen und die SeniorInnen von den Kleinsten.
Learnings
Folgende Dialoge zeichnen eindrücklich nach, welche Lernerfahrungen sich bei einer Singwoche ereignen:
Mädchen: "Ich will nicht den 'Werwolf' spielen." Oma: "Jede Rolle ist wichtig, und du bist der beste Werwolf, den wir haben." Gelernt: Oft geht es auch darum, für die Gemeinschaft (auf den ersten Blick) Unangenehmes zu übernehmen, um zum Erfolg der Gruppe beizutragen.
Mama: "Musst du andauernd ganz alleine mit dem Handy herumtun?" Jugendliche: "Wir komponieren gerade die Weckmusik mit zehn Smartphones, lass dich überraschen morgen um halb acht!" Gelernt: Obwohl die nächste Generation andere Technik verwendet, kann sie dennoch kreativ und sozial kompetent agieren.
Jugendlicher: "Woher kennst du den coolen Rhythmus für diese Bodyperkussion?" Bub: "Den hat meine Schwester am Jugendcamp gelernt." Gelernt: Mit Begeisterung vorgebrachte Dinge macht man selber gerne und gibt sie auch so weiter, auch wenn sie von den Kleinen kommen.
Genau dieser Kreislauf des lebensbegleitenden Lernens motiviert die Referentenfamilie, übrigens bereits in der 4. Generation, diese Tradition weiter aufrechtzuerhalten.
Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln. Alle Beiträge zur Serie finden Sie hier.
Verwandte Artikel
KI-Kompetenzen in Österreich: Studie ernüchtert
Wie fit sind die Österreicher*innen in Hinblick auf Künstliche Intelligenz? Eine Sonderausgabe des Digital Skills Barometer gibt Aufschluss darüber.Fürchtet euch nicht: Zukunft mit KI in der EB
Der Tag der Weiterbildung 2024 des Bildungsnetzwerks Steiermark beleuchtete den Einsatz von KI aus verschiedenen Perspektiven und ermutigte zu einer positiven Haltung für die Zukunft.Nominierungen für den 27. Radiopreis der Erwachsenenbildung stehen fest
Von 135 Einreichungen kamen 20 Sendungen in die engere Auswahl.Wie verändert KI die Lernkultur(en)? Sieben Thesen
Künstliche Intelligenz in der Bildung beeinflusst unser Verständnis von Lehr- und Lernprozessen. Welche Lernkulturen fördert KI, und wie können Erwachsenenbildner*innen diesen Wandel aktiv mitgestalten?Wechsel in der Geschäftsführung des BFI Österreich
Nach 30 Jahren Arbeit für das Berufsförderungsinstitut (BFI) Österreich geht Geschäftsführer Michael Sturm in Pension. Sein Nachfolger Gerald Strobel hat die Geschäfte mit 1. Oktober 2024 übernommen.KEBÖ-Jahrestagung 2024 unter dem Motto „DEMOKRATIE lernen“
Am 26. September 2024 ging die Jahrestagung der Konferenz der Erwachsenenbildung (KEBÖ) mit rund 130 Teilnehmer:innen in Wien erfolgreich über die Bühne.