Musische Bildung als Teamwork

29.05.2015, Text: Robert Lhotka, Redaktion: Renate Ömer, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
Die Familiensingwoche des BHW Niederösterreich erweist sich seit 25 Jahren als Generationen übergreifendes Lernprojekt. (Serie: Kunst und Kultur)
Foto: (C) EDUCON/Hackl
Singen, Tanzen und gemeinsam spielen gehören zur Singwoche (Symbolbild)
Foto: (C) EDUCON / W. Hackl
Die Familiensingwochen sind die älteste und erfolgreichste Bildungsveranstaltung der musischen Fachbereiche des BHW Niederösterreich. Robert Lhotka berichtet vom gemeinsamen Musizieren als Generationen übergreifendem Lernprojekt.

 

Das Kernelement
Seit 25 Jahren gibt es eine ganz außergewöhnliche Form der lebensbegleitenden Bildung: die Familiensingwochen in Bad Traunstein im Waldviertel. Warum widmet eine Familie Jahr um Jahr viele Urlaubswochen der Musik? Der Chorgesang in allen Altersstufen ist hier nicht erst seit der "Großen Chance für Chöre" populär. Die musikalische Harmonie im stimmlichen Gleichklang ist wie bei vielen anderen Singwochen natürlich ein Kernelement. Die Besonderheit für die Teilnehmenden im Alter zwischen null und 90 Jahren findet sich jedoch in den täglichen Angeboten: Singen, Tanzen und Spielen gemeinsam, ohne Altersgrenzen. Alltagslieder zum Essen, zum Wandern, zum Feiern, Mitmachtänze und gesellige Spiele ohne aufwändiges Spielmaterial stehen ebenso am Programm. Höhepunkt zum Wochenabschluss ist jeweils das gemeinsame Musical, zu einer brandneuen Handlung zusammengefügt aus den Beiträgen aller Teilnehmenden.

 

Der soziale Aspekt
Was kann mehr zur Schulung sozialer Teilhabe beitragen als die Erkenntnis eines Dreijährigen mit Familie, Freunden und Fremden zu einem bewegenden Abend beigetragen zu haben? Wo sonst ist es möglich, Inklusion so unkompliziert zu leben? Wer musizieren will, darf es, - egal welche Ausbildungsstufe oder welches Handicap. Die Kinder lernen von der Jugend, die Jugend von den Erwachsenen, die Erwachsenen von den SeniorInnen und die SeniorInnen von den Kleinsten.

 

Learnings

Folgende Dialoge zeichnen eindrücklich nach, welche Lernerfahrungen sich bei einer Singwoche ereignen:

 

Mädchen: "Ich will nicht den 'Werwolf' spielen." Oma: "Jede Rolle ist wichtig, und du bist der beste Werwolf, den wir haben." Gelernt: Oft geht es auch darum, für die Gemeinschaft (auf den ersten Blick) Unangenehmes zu übernehmen, um zum Erfolg der Gruppe beizutragen.

 

Mama: "Musst du andauernd ganz alleine mit dem Handy herumtun?" Jugendliche: "Wir komponieren gerade die Weckmusik mit zehn Smartphones, lass dich überraschen morgen um halb acht!" Gelernt: Obwohl die nächste Generation andere Technik verwendet, kann sie dennoch kreativ und sozial kompetent agieren.

 

Jugendlicher: "Woher kennst du den coolen Rhythmus für diese Bodyperkussion?" Bub: "Den hat meine Schwester am Jugendcamp gelernt." Gelernt: Mit Begeisterung vorgebrachte Dinge macht man selber gerne und gibt sie auch so weiter, auch wenn sie von den Kleinen kommen.

 

Genau dieser Kreislauf des lebensbegleitenden Lernens motiviert die Referentenfamilie, übrigens bereits in der 4. Generation, diese Tradition weiter aufrechtzuerhalten.

 

Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln. Alle Beiträge zur Serie finden Sie hier.

 

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