Entwicklung für Malkinder und MalbegleiterInnen
Viele Erwachsene im ländlichen Bereich möchten, dass ihre Kinder bzw. Enkelkinder ebenso gut gefördert und unterstützt werden wie auch die Kinder in den Ballungsräumen. Für Angebote im Bereich des bildnerischen und visuellen Gestaltens fehlen jedoch oft die nötigen infrastrukturellen Voraussetzungen. Für die Entwicklung verschiedener Soft Skills wie Selbstbewusstsein und Kommunikationsfähigkeit liefern jedoch genau diese Tätigkeiten wertvolle Grundlagen. Zudem werden auch motorische Fähigkeiten gestärkt.
Die Gründerin der Kärntner Kindermalschule, Dr. Gerda Madl-Kren, formuliert es als ihr großes Ziel, jedem Kind, dem Malen etwas bedeutet, die Möglichkeit zu bieten, dieser Neigung nachzugehen. Ihr Konzept liegt auch der NÖ Kinder:Malschule zugrunde.
Damit dieses Vorhaben gelingen kann, braucht es vor allem engagierte Menschen vor Ort, die bereit sind, die einzelnen Malwerkstätten zu organisieren und zu betreiben - die MalbegleiterInnen. Diese werden vom BHW NÖ ausgebildet und führen die einzelnen Malwerkstätten in Unterstützung des BHW NÖ völlig selbständig: Sie organisieren den Raum und sie stellen das Material bereit, sorgen für einen geregelten Ablauf und bieten hilfreiche und wertschätzende Begleitung.
Die Grundlagen der NÖ Kinder:Malschule
Kinder entdecken im Malprozess die eigene Schöpfungskraft, sie lernen ihre Welt und ihre Ideen im Bild zu strukturieren, sich auszudrücken und über ihre eigenen Werke zu kommunizieren. Durch die Würdigung der Leistungen und das direkte Erleben der eigenen produktiven Kreativität wird zudem das Selbstwertgefühl der Kinder gestärkt.
Durch das Arbeiten in der Gruppe mit begrenzt vorhandenem Material sind Rücksichtnahme und Absprache unverzichtbar. Dadurch entstehen Beziehungen zwischen den malenden Kindern sowie zu den MalbegleiterInnen. Im Gespräch am Bild wird überdies die Kommunikationsfähigkeit gefördert, das Eigene und das Fremde wird als gleichermaßen wertvoll anerkannt.
Die NÖ Kinder:Malschule ist ein Ort hoher Wertschätzung und großer Ernsthaftigkeit. Begründetes Lob motiviert die Malkinder, Unterstützung erhalten sie dort, wo sie diese zur Umsetzung ihrer eigenen Pläne brauchen. Gemalt wird stehend an Malplatten auf 70/100 cm großem Papier mit Künstleracrylfarben. Die Kinder zeichnen das ganze Bild mit Zeichenkohle vor und schaffen so eine strukturierte Form, die anschließend mit selbst gemischten Farben vollständig ausgemalt wird. Die gleichwertige Präsentation der Bilder am Ende des Jahres schafft darüber hinaus ein Klima gegenseitiger Anerkennung.
Der Nutzen für die Kinder
Eltern, LehrerInnen und auch Großeltern sind gewöhnt, Kindern zu sagen, was sie zu tun haben; sie glauben, vieles besser zu wissen und bestimmen, wie weit die Entscheidungsfreiheit der Kinder geht. Das führt oft zu unnötiger Einschränkung der Kinder, manchmal auch zu Hilflosigkeit der Erwachsenen und schafft Konflikte und Unsicherheit. Viele Konflikte und Probleme im Zusammenleben mit Kindern entstehen auch, weil sowohl Kinder als auch Erwachsene nicht genügend Gestaltungsspielraum auf den verschiedensten Ebenen haben. Menschen wollen ihr Umfeld, sei es die Wohnumgebung, das Essen, die Schule etc. - ihren Lebensraum eben - (mit)gestalten. Fernab von Dekoration und Halbfertigwaren können die Kinder in der Kinder:Malschule ihre inneren Bilder herausmalen, so ihren Teil zur Gestaltung der Welt beitragen und darüber hinaus ihre eigenen Inneren Welten strukturieren und festigen.
Der Nutzen für die Erwachsenen
Die MalbegleiterInnen leben in der NÖ Kinder:Malschule mit den Kindern eine neue Beziehungsqualität. Der respektvolle, wertschätzende, nicht wertende und doch klar mit Regeln eingegrenzte Spiel-Raum gibt Sicherheit und schafft Frei-Raum für die inneren Bilder der Kinder. Für die Erwachsenen ermöglichen diese Bilder eine neue Sicht auf die Gefühls- und Gedankenwelt der Kinder, wenn sie sich wertfrei darauf einlassen. Emotionen, Träume und Weltsichten der Kinder werden so zu einem Erfahrungsfeld für die Erwachsenen. Die neu gewonnenen Kommunikationsformen können in andere Lebensumfelder wie Familie, Schule, etc. getragen und dort weitergenutzt werden.
In der Kinder:Malschule haben die Erwachsenen somit Gelegenheit, eine völlig neue Position einzunehmen und ungeheuer davon zu profitieren. Sie haben keinerlei Recht, den Kindern zu sagen, was sie malen sollen; sie dürfen die Werke nicht beurteilen, nicht kommentieren und nicht nach dem Inhalt der Bilder fragen. Sie sind dazu da, die Kinder zu unterstützen, indem sie ihnen das Material vorbereiten, sie mit Farben und Pinsel versorgen und den Kindern Wertschätzung und begründetes authentisches Lob entgegenbringen, das sie nähren und stärken soll.
Außerdem sorgen sie für die Einhaltung der Regeln, nach denen in der NÖ Kinder:Malschule gearbeitet wird. Diese sind weder willkürlich noch dogmatisch. Sie dienen einzig und allein der Schaffung eines klar definierten Freiraumes, innerhalb dessen sich die Gestaltungskraft der Kinder entfalten kann. Um diesen Prozess nachvollziehen zu können, malt jede/r MalbegleiterIn selber in der Ausbildung ein “Malschulbild”!
Kinder:Malschulen in Niederösterreich
Die NÖ Kinder:Malschule ist ein außerschulisches Bildungsangebot für Kinder im Volksschulalter, vergleichbar den sportlichen und musikalischen Angeboten in den Gemeinden, direkt vor Ort und zu leistbaren Konditionen für die Eltern. Im Sommersemester 2015 gibt es 9 Standorte der NÖ Kinder:Malschule: Langenlois, Stetten, Aggsbach, Lanzendorf, Bad Traunstein, Göttlesbrunn-Arbestal, Pfaffstätten, Großgöttfritz und Hadersdorf.
Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln.
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