Demokratie auf die Bühne bringen

20.06.2025, Text: Sabine Schnepfleitner, Redaktion/CONEDU
Was leistet Theater für die Demokratiebildung? Es eröffnet neue Perspektiven, macht Utopien erlebbar und schafft Räume für Austausch. So die Ergebnisse des Diskursprogramms Doing Democracy.
Eine demokratische Gesellschaft braucht Begegnungen und Austausch. Der Marktplatz „Doing Democracy“ bot Raum dafür.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, uniT / Kuro Simon, auf erwachsenenbildung.at

Demokratie lebt durch Austausch, durch Begegnung und durch das Miteinanderreden. Warum es auch wichtig ist, Demokratie auf die Bühne zu bringen, darüber diskutierten Teilnehmer*innen beim Diskursprogramm Doing Democracy am 12. Juni im Rahmen des Dramatiker:innenfestivals in Graz. Anhand von Vorträgen und Projekten wurden die Möglichkeiten von Theater in der Demokratiebildung vorgestellt. Der Marktplatz „Best Practices in der Demokratiebildung“ zeigte gelungene Praxis aus Österreich und Deutschland und öffnete den Raum für Austausch und Vernetzung.

Theater als Resonanz- und Möglichkeitsraum

Die Demokratieberaterin Tamara Ehs betonte in ihrem Impulsvortrag das Theater als einen Möglichkeitsraum, an dem Utopien zur Realität werden und der Geschichten von Menschen erzählt, die von der Gesellschaft übersehen werden. Von jenen, die sich von Politik nicht mit-gemeint fühlen und/oder in der Politik nicht sichtbar sind. Das betreffe häufig jene im unteren ökonomischen Drittel oder Menschen ohne Wahlrecht. Theater könne helfen, diese Blickwinkel zu sehen und zu verstehen. Zuschauer*innen werden dabei gezwungen, ihre persönliche Position aufzugeben und eine neue Sichtweise einzunehmen. Eine Fähigkeit, die demokratische Gesellschaften dringend brauchen. 

Marktplatz innovativer Demokratiebildung

Am Marktplatz „Best Practices in der Demokratiebildung“ haben Projekte aus Österreich und Deutschland Methoden und Herangehensweisen präsentiert, wie demokratische Teilhabe gefördert werden kann. Ein paar Beispiele:

Alltagsgeschichten auf die Bühne holen

Die Bürger*innen Bühne Oldenburg lädt die Einwohner*innen ein, in der Theater- und Kulturlandschaft mitzuwirken. Unter dem Titel „Ab ins Theater“ entwickelten Bürger*innen als Alltagsexpert*innen eigene Stücke. Um noch mehr Menschen zu erreichen und auf die Bühne zu holen, steht die Spielzeit 2025/26 unter dem Motto „Mit dem Theater in die Stadt“. Die Oldenburger*innen sind eingeladen, über Wohlfühl-Orte und fehlende Räume nachzudenken.

Rechtsfragen im Deutschunterreicht erklären

Wer neu in Österreich ankommt, sieht sich mit einer fremden Rechtsordnung und zahlreichen offenen Fragen konfrontiert. Deutschkursleiter*innen gehören zu den ersten Personengruppen, mit den diese Menschen intensiven Kontakt haben. Mit „Deutschunterricht, Froschkönig & Rechtsstaat“ hat Uli Zimmermann praxisnahe Unterrichtsmaterialien für den Bereich Deutsch als Zweitsprache und das österreichische Rechtssystem entwickelt. Das von den Wiener Volkshochschulen herausgegebene Buch unterstützt Kursleiter*innen mit Arbeitsblättern und Beispielen dabei, rechtliche Grundlagen verständlich zu vermitteln – gerade für Menschen, die neu in Österreich ankommen.

Lehrgang zu Teilhabe durch Sprache und Demokratie

Die Urania Steiermark hat für junge Erwachsene mit Migrations- oder Fluchterfahrung einen Lehrgang entwickelt, der Deutschunterricht (ab Niveau A2) mit Demokratiebildung sowie EDV- und Berufsinformation verbindet. Die Teilnehmer*innen setzen sich mit demokratischen Werten und demokratischem Zusammenleben auseinander. Inhalte zu Arbeit, Wohnen und Behörden werden gemeinsam sprachlich erarbeitet. Der Lehrgang ist in drei Modulen organisiert, die unabhängig voneinander besucht werden können. Für das dritte Modul im Herbst 2025 gibt es noch freie Plätze.

Planspiele als Möglichkeit Demokratie zu erfahren

Planspiele bieten die Möglichkeit, politische und gesellschaftliche Prozesse im Spiel zu erleben. Zwei Beispiele wurden am Doing-Democracy-Marktplatz vorgestellt:

Im Planspiel „Demokratiebausteine“ der Fachstelle beteiligung.st müssen die Spieler*innen politische Entscheidungen aushandeln. Als Politiker*in von einem der vier fiktiven Staaten und unterschiedlichen Ressourcen sollen sie gemeinsam eine Union bilden.

Attac Österreich lädt zum Planspiel „BLING – Stadt des Erfolgs“ ein, das Zusammenhänge zwischen Finanzmärkten und Gesellschaft erfahrbar macht.

Bürger*innenrat Medien & Demokratie

COMMIT, das Community Medien Institut für Weiterbildung, Forschung und Beratung, organisierte im Rahmen des europäischen Projekts MeDeMap, den Bürger*innenrat Medien und Demokratie in Österreich. Bürger*innenräte sind eine Form demokratischer Mitgestaltung, bei der sich Bürger*innen mit ausgewählten Themen auseinandersetzen, Ideen ausarbeiten und Empfehlungen zur Verbesserung formulieren. Dort diskutierten Beteiligte, was Medien zur Demokratie beitragen können.

Ein Denkraum für Demokratie

Das Frauenservice Graz präsentierte seine Feministische Fachbibliothek und den Demokratiepolitischen Denkraum. Im Rahmen des Denkraums finden kostenlose Veranstaltungen - wie Lesungen, Experimentierräume oder Fachvorträge - online und in den steirischen Regionen statt. Die in Graz ansässige Fachbibliothek lädt zum Stöbern und Ausleihen ein.

Dramatiker|innenfestival als Tagungsraum

Doing Democracy war Teil des Dramatiker|innenfestivals Graz, das sich der zeitgenössischen Dramatik widmet. In diesem Jahr richtete sich der Blick auf die „Unabgeschlossenheit“ von Theater und Demokratie – und auf Perspektiven derer, die im gesellschaftlichen Diskurs oft übersehen werden.

Nachrichtenserie „Demokratiebildung in der Erwachsenenbildung“

Der Sturm auf das US-Kapitol im Jahr 2021, Angriffe auf deutsche Politiker*innen während des EU-Wahlkampfes und das Erstarken demokratiefeindlicher Bewegungen zeigen, wie tief die Demokratie in der Krise steckt. Wie können wir sie schützen und gestalten? Unsere Nachrichtenserie beleuchtet, welche Rolle Demokratiebildung dabei spielt und informiert über Neuigkeiten, Projekte und Publikationen.

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