Hürden und Motive der Weiterbildungsteilnahme in der Steiermark

02.04.2025, Text: Antonia Unterholzer, Redaktion/CONEDU
Eine Umfrage des Bildungsnetzwerks Steiermark zeigt: Zeit und Geld fehlen oft für Weiterbildung. Interesse und berufliche Ziele wirken motivierend. Geschäftsführerin Kerstin Slamanig ordnet die Ergebnisse im Gespräch ein.
Zwei Hände. Eine Uhr und Münzen hängen an einem Seil.
Zeit und Geld nach wie vor größtes Hindernis für die Teilnahme an Weiterbildungen.
Montage: CC BY, Redaktion/CONEDU, https://erwachsenenbildung.at/

Im Herbst 2024 führte das Bildungsnetzwerk Steiermark eine Online-Umfrage zu Motiven und Hindernissen für Weiterbildung in der Steiermark durch. Die Ergebnisse zeigen: Zeitliche Einschränkungen sind das größte Hindernis, gefolgt von finanziellen Hürden. Interesse am Thema, etwas Neues zu lernen oder die berufliche sowie persönliche Weiterentwicklung sind die Motive, warum Menschen an Weiterbildungen teilnehmen. Obwohl die Resultate nicht repräsentativ für die steirische Gesamtbevölkerung sind, geben sie Hinweise, wo Anreize gesetzt werden können, um den Zugang zu Bildung zu erleichtern.

Kerstin Slamanig, Geschäftsführerin des Bildungsnetzwerks Steiermark, gibt im Gespräch mit der Redaktion Einblicke in die Umsetzung und (nicht-erfüllten) Erwartungen der Studie. Außerdem richtet sie sich mit Empfehlungen an Bildungspraxis und Politik.

Zu wenig Zeit & Geld verhindern die Teilnahme an Erwachsenenbildung

Die Umfrage ergab, dass mehr als die Hälfte der Befragten aus zeitlichen Gründen nicht an Weiterbildungen teilnehmen kann. Finanzielle Hürden stellen das zweitgrößte Hindernis dar. Auf Nachfrage erklärte Kerstin Slamanig im Gespräch, dass sie von den Ergebnissen zunächst erstaunt war: „Wir wollten herausfinden, welche Faktoren Adressat*innen hindern, an Weiterbildungen teilzunehmen. Wir hatten eigentlich erwartet, dass das größte Hindernis die Finanzierbarkeit sein werde. Also dass noch mehr Menschen angeben würden, wegen finanziellen Gründen nicht an Angeboten der Erwachsenenbildung teilzunehmen“, so Slamanig. „Daher war es für uns doch überraschend, dass zeitliche Einschränkungen von den Befragten deutlich häufiger genannt wurden.“

Umfrage vor allem von bildungsinteressierten Frauen beantwortet

Warum die Ergebnisse so ausgefallen sind, erklärt ein Blick in die demografischen Daten der Teilnehmer*innen der Umfrage: An ihr nahmen vor allem Frauen, die oftmals auch in Bildungskontexten arbeiteten und prinzipiell an Weiterbildungen interessiert sind, teil. „Die Umfrage repräsentiert also vor allem eine Gruppe, der es nicht an Interesse oder vorrangig Geld mangelt, sondern an Zeit“, erklärt die Geschäftsführerin.

Es brauche zeitlich vereinbare Bildungsangebote

Aber auch das sei eine wichtige Erkenntnis für Politik und Bildungseinrichtungen, so Slamanig. Einige Bildungseinrichtungen reagieren zum Teil bereits darauf, indem sie Angebote schaffen, die in kürzeren Zeiteinheiten absolviert werden. Das bedeutet: Einzelne Lerneinheiten werden kürzer, dafür aber häufiger angeboten. Dies könne die zeitliche Vereinbarkeit verbessern.

Slamanig verweist außerdem auf das Thema Kinderbetreuung: Ein Ausbau der Betreuungseinrichtungen würde allen Erziehungsberechtigten zugutekommen. Auch das gehöre zum lebenslangen Lernen dazu und könne die zeitlichen Hürden verringern: „Ich kann an keiner Weiterbildung oder anderen Bildungsangeboten teilnehmen, wenn ich in dieser Zeit niemanden habe, der meine Kinder betreut.“

Vor allem jungen Menschen fehlt es an finanziellen Mitteln für Weiterbildungen

Zudem zeigen die Ergebnisse, dass vor allem junge Menschen, die an Bildung interessiert sind, an Angeboten nicht teilnehmen können, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Die Resultate der Umfrage veranschaulichen konkret: Je jünger, desto weniger finanzielle Ressourcen. Slamanig empfiehlt hier zweierlei: Einrichtungen der Erwachsenenbildung können diesen Aspekt in der Zielgruppenarbeit berücksichtigen, indem sie bestimmte Angebote, die eine jüngere Zielgruppe ansprechen sollen, wenn irgend möglich, günstiger anbieten. Dies ist aber auch an politische und budgetäre Entscheidungen gebunden: „Ein von uns gefordertes steirisches Bildungskonto könnte finanziellen Hürden entgegenwirken“, meint die Geschäftsführerin im Gespräch. Steirer*innen ab 18 Jahren würden dabei 5.000 Euro zur Verfügung stehen, die sie innerhalb von fünf Jahren für Weiterbildung ausgeben können. 

Slamanig ergänzt: „Wie Menschen zu dieser Idee eines Bildungskontos stehen, haben wir auch in der Erhebung erfragt.“ Ein Großteil der Befragten hat angegeben, dass sie durch die Bereitstellung der finanziellen Unterstützung an (mehr) Weiterbildungen teilnehmen würden. „Aber auch hier zeigt sich“, so Slamanig weiter, „wenn wenig Interesse an der Teilnahme an Weiterbildungen besteht, würden auch finanzielle Anreize einen nicht zum Besuch von Bildungsangeboten motivieren“.

Appell an Politik

„Ich kann jemandem Milch, Mehl und Eier geben, aber ohne Backofen kann daraus kein Kuchen entstehen“, erklärt Slamanig bildlich die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Denkens im Kontext des lebenslangen Lernens. Es brauche Rahmenbedingungen, die finanzielle und zeitliche Hürden möglichst geringhalten, um möglichst vielen Menschen den Zugang zum „Backofen Weiterbildung zu ermöglichen. Das Bild macht deutlich: Auch wenn Interesse und Potenzial für Bildungsangebote vorhanden sind, braucht es einen strukturell und finanziell gesicherten Rahmen. Ohne diesen können Menschen nicht teilnehmen und andererseits Bildungseinrichtungen manche Angebote nicht bereitstellen.

Auch im Kontext demokratiegefährdender Tendenzen und gesellschaftlicher Veränderungsprozesse müsse Politik gemacht werden, die Erwachsenenbildung berücksichtige, so Slamanig: Was sind wichtige Angebote, die wir als Gesellschaft jetzt brauchen? Digitalisierung erfordere Basisbildung und (kritische) Medienkompetenz. Die Gefährdung der Demokratie brauche qualitativ hochwertige politische Erwachsenenbildung und der angehende Fachkräftemangel bedürfe Strategien und Möglichkeiten für berufliche Umorientierung und Umschulungen. Damit Erwachsenenbildung ihre gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und personenbezogenen Potenziale entfalten kann, müsse sie von politischen Entscheidungsträger*innen und der Öffentlichkeit einbezogen und sichtbar gemacht werden. „Bildung muss genau so wie der Kulturbereich – der notwendig für eine demokratische Gesellschaft ist – erhalten werden“, so Slamanig abschließend.

Hintergrund: Steirische Erklärung der Erwachsenenbildung

Anlass für die Umfrage war die im Mai 2024 vom Land Steiermark unterzeichnete „Steirische Erklärung der Erwachsenenbildung“. Gemeinsam mit der ARGE Steirische Erwachsenenbildung und weiteren Partner*innen entwickelte das Bildungsnetzwerk Steiermark die Erklärung, in der alle Beteiligten ein geteiltes Selbstverständnis der steirischen Erwachsenenbildung sowie Maßnahmen und Forderungen für die Zukunft formulierten. Die Autor*innen forderten nicht nur das Bildungskonto, sondern auch eine strukturelle Verankerung der Erwachsenenbildung, ähnlich dem Schul- oder Hochschulwesen.

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