„Grüne“ Transformation: Erwachsenenbildung hat noch Luft nach oben
Im Dezember 2024 diskutierten drei Expert*innen aus Forschung und Erwachsenenbildung im wEBtalk „Klimaschutz: Wie können wir zu einem echten gesellschaftlichen Wandel beitragen?“, welche Rolle die Erwachsenenbildung für die grüne Transformation spielen kann. Zu Gast waren:
- Ilona Otto, Professorin für Gesellschaftliche Auswirkungen des Klimawandels am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz,
- Andrea Widmann von der Initiative „Klimaschutz in der Erwachsenenbildung“ des Landes Steiermark und Mitarbeiterin bei CONEDU,
- Georg Primas, Generalsekretär des Rings Österreichischer Bildungswerke.
Das Fazit der Veranstaltung: Die Erwachsenenbildung hat noch Luft nach oben, was ihren Beitrag zum Klimaschutz angeht. Als Ansatzpunkte zur Verbesserung rieten die Diskutant*innen verstärkt auf politische Bildung zu setzen, mit Emotionen zu arbeiten und Raum für kontroverse Diskussionen zu schaffen.
Status Quo: Erwachsenenbildung hat noch Luft nach oben
Die Diskutant*innen waren sich einig, dass die Erwachsenenbildung noch mehr als bisher zur grünen Transformation beitragen könnte. Andrea Widmann und Georg Primas würdigten aber auch die Fortschritte, die bereits gelungen sind - wie etwa die Einführung von Nachhaltigkeitskriterien in Weiterbildungsprogramme. Primas betonte, dass gerade die Erwachsenenbildung Begegnungsräume schaffen könne, um Klimaschutz zum Thema zu machen. Dies sei eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Prozesse und somit auch für eine grüne Transformation.
Kritisch merkten die Podiumsgästen jedoch an, dass die Erwachsenenbildung nur bestimmte Gruppen erreiche, nämlich solche, die bereits sensibilisiert für das Thema sind. Größere oder andere Gruppen zu erreichen, wäre wichtig, stelle aber eine große Herausforderung für die Erwachsenenbildung dar.
Politische Bildung sowie soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen: Die wichtigsten Hebel
Mit Blick aus der Forschung betonte Ilona Otto, dass die Reduktion von Treibhausgasen nach wie vor die wichtigste Stellschraube für den grünen Wandel sei. Dies betreffe Lebensbereiche wie Mobilität und Wohnen und erfordere strukturelle Veränderungen und mehr Infrastruktur für Klimaneutralität. Otto betonte auch die soziale Dimension des Klimawandels: Diejenigen, die am wenigsten zu den Emissionen beitragen, sind am stärksten betroffen, das gelte nicht nur global gesehen, sondern auch für Europa und Österreich.
Was lässt sich daraus für die Erwachsenenbildung ableiten? Primas betonte, dass es darum gehe, die Multidimensionalität des Klimawandels und der grünen Transformation darzustellen - also neben der ökologischen Komponente auch die soziale und ökonomische. Als Good-Practice-Beispiel nannte er das mit dem österreichischen Staatspreis ausgezeichnete Projekt Ökobooster. Es bräuchte mehr solcher Projekte, so Primas.
Andrea Widmann hob die Rolle der politischen Bildung hervor. Es sei wichtig, Erwachsene zu stärken und auf ihre Rollen und Einflussbereiche zu schauen: Was kann ich als Konsumentin bewirken, was als Aktivistin? Hier können Bildungsprozesse helfen, handlungsfähig zu werden. Sie berichtete auch von guten Erfahrungen mit Planspielen. Diese ermöglichen die Entwicklung von Zukunftsbildern, machen politische Prozesse nachvollziehbar und adressieren Erfahrungslernen.
Raum für Emotionen und kontroverse Diskussionen schaffen, um Polarisierung entgegenzuwirken
Die Themen Klimawandel und Klimaschutz sind immer auch emotional aufgeladen - Polarisierung ist hier ein bekanntes Stichwort. Auf die Frage, wie Erwachsenenbildung mit Polarisierung umgehen könne, betonte Andrea Widmann, dass Bildungsprozesse verstärkt emotionale Aspekte berücksichtigen müssten. Der Umgang mit Gefühlen und eine wertschätzende Kommunikation seien unabdingbar, um Ängste, Frustrationen oder auch Überforderung in konstruktive Bahnen zu lenken. Kann ich in der Erwachsenenbildung Gefühle, die da sind, nur abholen oder kann ich sie auch adressieren? Darf ich mit Hoffnung arbeiten? Man müsse sogar, kommentierte Widmann ihre in die Diskussion eingebrachten Fragen. Und man müsse auch Botschaften vermitteln, die Hoffnung geben, um ins Handeln zu kommen.
Ilona Otto betonte weiters die Bedeutung von partizipativen Bildungsformaten, in denen Lernende aktiv an Problemlösungen arbeiten. Storytelling und positive Zukunftsszenarien würden helfen, abstrakte Konzepte greifbar zu machen.
Georg Primas forderte zudem mehr Raum für kontroverse Diskussionen. Erwachsene müssten Konflikte austragen können, um gesellschaftliche Transformationsprozesse zu unterstützen. Dies könne auch mit neuen Kooperationspartner*innen gelingen, die möglicherweise andere Menschen erreichen als die klassische Erwachsenenbildung.
Good-Practice-Beispiele und Ressourcen der wEBtalk-Teilnehmenden
Auch die Teilnehmenden brachten sich mit Good-Practice-Beispielen und Link-Tipps in die Diskussion ein. Hier finden Sie eine Übersicht über die Empfehlungen:
- Umweltzeichen für Bildungseinrichtungen
- Projekt Nachhaltigkeits-Wissensraum
- Projekt Klimarad
- Initiative „Klimafasten“ und Online-Angebote zur Initaitve
- Projekt Climate Storylines
- Buch: Zukunftsbilder 2045
- Buch: Utopia 2048
- Projekt gogreenskills
- Beitrag: Repair-Cafés als Lernorte für nachhaltiges Leben
Serie und Dossier zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Hochwasser, Waldbrände, Hungersnot – Expert*innen der Klimaforschung warnen vor den Folgen extremer Wettereignisse durch den Klimawandel. Bildung ist gefordert Aufklärungsarbeit zu leisten, Diskurse zu ermöglichen und „grüne“ Kompetenzen zu fördern. Wo setzt die Erwachsenenbildung an? In der Serie „Klima- und Umweltschutzbildung“ und dem Dossier „Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Erwachsenenbildung“ widmen wir uns dieser Frage.

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