Studie: Weiterbildungsanbieter müssen sich organisational verändern

27.12.2022, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Die Pandemie brachte mehr Online-Angebote und neue Weiterbildungsbedürfnisse. Eine Schweizer Studie erhob, wie Anbieter darauf reagieren.
Zahnräder mit verschiedenen Symbolen greifen ineinander
Digitalisierung fordert Organsationsveränderungen der Weiterbildungsanbieter.
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Die Schweizer Anbieterumfrage "FOCUS Weiterbildung 2022" untersuchte Veränderungen auf der Organisationsebene von Weiterbildungseinrichtungen. Die Studienautor*innen fragten nach Organisationsstrukturen und Organisationsprozessen, nach der strategischen Ausrichtung und der Angebots- und Programmplanung.

Gezielte Anpassungen bis hin zu radikalen Veränderungen in der Organisation für mehr Agilität

Derzeit nehmen viele Anbieter von Weiterbildung in der Schweiz Veränderungen auf der Organisationsebene vor. 90% der Befragten passten zum Zeitpunkt der Erhebung ihre Strukturen und Prozesse in unterschiedlicher Form an oder planten dies. Während knapp die Hälfte gezielte Optimierungen vornimmt, bezeichnet jeder zehnte Anbieter die derzeitigen Veränderungen als radikale Transformation. Ein Großteil der befragten Anbieter zielt damit in erster Linie auf eine höhere Agilität, die Fähigkeit einer Organisation, sowohl flexibel (im Sinne von reaktiv) als auch proaktiv zu handeln bei sich stetig ändernden Rahmenbedingungen.

Online-Angebote und veränderte Nachfrage als Hauptgründe für organisationale Änderungen

Grund dafür sei die Corona-Pandemie, in welcher in der Schweiz - ähnlich wie in Österreich - Weiterbildung nur eingeschränkt angeboten werden konnte, etwa aufgrund unterschiedlicher Phasen von Präsenzverboten. Die Anbieter beschäftigt seither allen voran die Digitalisierung. Seit der Pandemie kommt die Kategorie der Online-Angebote, insbesondere der flexiblen "Online-on-Demand"-Angebote hinzu, die die Programmplanung stark verändert und höhere digitale Kompetenzen der Mitarbeiter*innen erfordert. 

 

Darüber hinaus haben sich die Bedürfnisse und die Nachfrage der Kund*innen verändert. Diese suchen nach flexibleren, individuell zugeschnittenen und kürzeren Angeboten und planen ihre Weiterbildung kurzfristiger, so die befragten Anbieter. Gleichzeitig steige der Bedarf an Beratung und Begleitung der Teilnehmer*innen aufgrund der Individualisierung und erhöhten Selbstverantwortung im Arbeitsleben. 

 

Weitere Gründe, die eigene Organisation zu verändern, seien ein Innovationsdruck und staatliche Rahmenbedingungen bzw. die öffentliche Finanzierung von Weiterbildung, so die Befragten. Eine vergleichsweise geringere Rolle für organisationale Veränderungsbedarfe spielen hingegen interne Faktoren wie die Hierarchie der Organisationsstruktur oder IT-Systeme.

Teilautonome Teams und neue Stellen oder Abteilungen für optimierte Kommunikationsabläufe

Um agiler arbeiten zu können, haben manche der befragten Einrichtungen die Verantwortung mehr "nach unten" verteilt: Einzelne Teams erhielten größere Autonomie, um agiler zu werden. Dadurch verändere sich aber auch die Organisationskultur. Von den Mitarbeiter*innen werde eine starke Identifikation mit den Unternehmen gefordert, so die Befragten.

 

Es gehe auch darum, die Kommunikationsabläufe zu optimieren, intern (Stichworte: Homeoffice und neue Tools der Zusammenarbeit) wie auch nach außen. Dafür brauche es teilweise neue Stellen oder sogar neue Abteilungen, führten manche Anbieter aus.

Überwiegend kleine Anbieter an Studie teilgenommen

Neben den Veränderungen auf der Organisationsebene erfasst der FOCUS Weiterbildung 2022 auch Strukturdaten der Anbieter. Die Stichprobe der Studie beinhaltet insgesamt 315 Anbieter allgemeiner und berufsorientierter Weiterbildung in allen Schweizer Sprachregionen. 69% der teilgenommenen Anbieter bieten ausschließlich Weiterbildung an, bei 31% ist Weiterbildung der Nebenzweck der Einrichtung. Bei 57% der Befragten handelt es sich um kleine Anbieter, 36% mittlere und 7% große Anbieter. Knapp die Hälfte (48%) der Befragten sind privat-kommerziell organisiert, 31% privat-gemeinnützig und 12% öffentlich, 10% haben "Anderes" angegeben. Da die Grundgesamtheit (Gesamtzahl) der Weiterbildungsanbieter in der Schweiz nicht genau bekannt ist, können die Aussagen der Studie nicht für die gesamte Schweizer Erwachsenenbildung generalisiert werden. 

Methodik der Erhebung

Für den FOCUS Weiterbildung 2022, der vom Schweizerischen Verband für Erwachsenenbildung (SVEB) beauftragt wurde, wurde ein Mixed-Methods-Ansatz gewählt: Im April und Mai 2022 wurde an 2395 Einrichtungen, die Mitglieder im SVEB-Netzwerk oder in dessen Kursdatenbank erfasst sind, ein teilstandardisierter Online-Fragebogen übermittelt. Diese quantitative Umfrage wurde mit drei Gruppendiskussionen mit zehn, vier und acht Weiterbildungsanbietern im Juli und August 2022 als qualitative Erhebungsmethode kombiniert.

 

Der Online-Fragebogen wurde von 315 Anbietern beantwortet, darunter auch Einzelfirmen respektive selbstständige Trainer*innen (32%), die aber die Fragen zu den organisationalen Veränderungen nicht beantworten konnten, da die Umfrage mindestens zwei Mitarbeiter*innen in einer Einrichtung erfordert. Bleibt eine Nettostichprobe von 211 Anbietern.  

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