Bildungswerk-Veranstaltungen im hybriden Format – ein Praxisbericht

12.10.2022, Text: Barbara Gruber-Rotheneder, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
Hybride Veranstaltungen verbinden die analoge mit der digitalen Welt. Der Ring Österreichischer Bildungswerke teilt Erfahrungen und Umsetzungstipps für hybride Bildungsveranstaltungen.
Illustration, die, die auf der einen Hälfte eine Person zeigt, die in Präsenz lernt; und in einer Hälfte eine Person, die online lernt. Darüber steht die Aufschrift "Hybrid Learning"
Hybride Veranstaltungen im Ring Österreichischer Bildungswerke
Foto: Alle Rechte vorbehalten, (c) AdobeStock_Piscine26, Hybrid Learning, https://www.bhw-n.eu
Viele Online-Praxiserfahrungen während der Corona-Krise stärkten die digitalen Kompetenzen im Umgang mit Videokonferenzsystemen, Online-Tools und technischer Ausstattung. Als sich die Corona-Maßnahmen lockerten und trotzdem Beschränkungen bei der Teilnehmendenzahl in Präsenz notwendig waren, wurden zunehmend auch Veranstaltungen in hybrider Form umgesetzt – so auch in den Mitgliedseinrichtungen des Rings Österreichischer Bildungswerke. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertreter*innen des Kärntner Bildungswerks, des Salzburger Bildungswerks, des Tiroler Bildungsforums und des BhW Niederösterreich setzte sich intensiv mit dem Thema hybrider Veranstaltungen auseinander. Dieser Praxisbericht fasst die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeitsgruppe zusammen und beinhaltet auch ein Umsetzungsbeispiel aus dem BhW Niederösterreich.

Gleiche Teilnahmebedingungen in Präsenz und online

Im Ring Österreichischer Bildungswerke verstehen wir unter hybriden Veranstaltungen, dass sowohl eine Teilnahme in Präsenz als auch online möglich ist und somit die analoge mit der digitalen Welt verbunden wird. In der Arbeitsgruppe wurden folgende Kriterien für hybride Veranstaltungen definiert:

  • Teilnahme: die Teilnahme ist sowohl in Präsenz als auch online möglich
  • Beteiligung: Teilnehmende in Präsenz und online haben gleichermaßen die Möglichkeit zur aktiven Beteiligung
  • Interaktivität: Teilnehmende in Präsenz und online können miteinander interagieren
  • Echtzeit: Teilnehmende in Präsenz und online können gleichzeitig (synchron) an denselben hybriden Veranstaltungsteilen teilnehmen
  • Wahrnehmung: Inhalte sind für Teilnehmende in Präsenz und online gleichermaßen akustisch und visuell gut wahrnehmbar
  • Sichtbarkeit: Teilnehmende in Präsenz und online können sich gegenseitig sehen
  • Erlebnis: das Veranstaltungserlebnis ist für alle Teilnehmenden so ähnlich wie möglich
  • Moderation: sowohl in Präsenz als auch online ist je eine kompetente Moderation vorhanden (in Präsenz = Hauptmoderation, online = technische Moderation)

 

Es müssen aber nicht alle Kriterien erfüllt sein, damit eine Veranstaltung als hybrid gilt.  Zudem können auch nur einzelne Veranstaltungsteile hybrid umgesetzt werden. Ob eine Veranstaltung als hybrid gilt, definiert sich immer aus der Perspektive der Teilnehmenden: Können diese zu annähernd gleichen Bedingungen an der Veranstaltung partizipieren?

Mehr Menschen erreichen, aber höhere Komplexität bei der Umsetzung

In der Ring-Arbeitsgruppe setzten wir uns auch mit den Vor- und Nachteilen von hybriden Veranstaltungen auseinander: Mit dem hybriden Format bietet man Teilnahmeoptionen für jene, die den Begegnungsraum in Präsenz schätzen und für jene, die gerne online von zu Hause aus teilnehmen. Die Möglichkeit der Online-Teilnahme spart Reisekosten und -zeiten für Bildungsinteressierte aus weiter entfernten Regionen. Auch die Raumkosten verringern sich, weil in Präsenz gezielt kleinere Räume gebucht werden können und online trotzdem viele Menschen erreicht werden. Die Auswahl an Referent*innen erweitert sich, da diese nicht zwingend aus der Region des Veranstaltungsortes, sondern auch aus anderen Ländern kommen können.


Hybride Veranstaltungen sind aber auch komplexer in der Umsetzung, da in zwei verschiedenen Räumen gedacht werden muss, damit alle Teilnehmenden gleich gut partizipieren und interagieren können. Das bringt sowohl für Veranstalter*innen als auch für Vortragende Herausforderungen mit sich und bedarf einer erhöhten Aufmerksamkeit auf beiden Ebenen. Hybride Veranstaltungen brauchen auch ein gutes technisches Equipment (Mikrofone, Kameras, Lautsprecher) und zusätzliches Personal für die Technik mit entsprechendem Know-How. Wichtig ist auch ein gut durchdachtes didaktisches Konzept, das Tools und Materialien für alle Teilnehmenden bereitstellt.

Schaubild eines hybriden Settings zur besseren Planung und Umsetzung

In der Arbeitsgruppe des Rings Österreichischer Bildungswerke wurde ein Schaubild entwickelt, das im Folgenden kurz vorgestellt wird (siehe Abbildung 1). Es zeigt ein idealtypisches Setting einer hybriden Veranstaltung, wie sie ohne externe technische Unterstützung gut umgesetzt werden kann. Dargestellt sind mitwirkende Personen und technische Ausstattung, die für eine hybride Veranstaltung benötigt werden. Wie Personen und Ausstattung miteinander verbunden sein können, wird farblich gezeigt und ist selbstverständlich auch in anderen Kombinationen möglich. Die Visualisierung in Form eines Schaubilds soll dabei unterstützen, sich das hybride Setting besser vorstellen zu können. Das erleichtert die Planung und Umsetzung und gewährleistet, dass alle Personen und Inhalte sowohl in Präsenz als auch online gut wahrnehmbar sind.

Schaubild von Personen und Ausstattung im Präsenz- und im Online-Raum

Abbildung 1: Hybride Settings - Ausstattung (CC BY 4.0, Ring Österreichischer Bildungswerke, https://ring.bildungswerke.at)

 

Personen und Ausstattung eines idealtypischen, hybriden Settings

Wie am Schaubild ersichtlich, befinden sich im Präsenz-Raum zwei Computer, die als "Regie-Laptop" und "Referent*innen-Laptop" bezeichnet werden. Am Regie-Laptop sitzt eine Person (Host 1), die Regie führt über die Sicht- und Hörbarkeit de*des Referent*in, der*des Moderator*in und der Teilnehmenden in Präsenz und online. Über den Referent*innen-Laptop werden die Wissensinhalte via Bildschirmfreigabe geteilt und die Video-Kästchen der Online-Teilnehmenden eingeblendet. Die Nutzung zweier Computer im Präsenz-Raum ermöglicht, dass eine Kamera den Bühnenbereich (Moderator*in, Referent*in) und eine Kamera den gesamten Veranstaltungsraum (Präsenz-Teilnehmende) gleichzeitig zeigt. Je nach Personalmöglichkeit kann im Online-Raum noch eine zusätzliche Person (Host 2) sein, die die akustische und visuelle Qualität sicherstellt und speziell einen Blick auf die Chatbeiträge der Online-Teilnehmenden hat. Darüber hinaus kann über den Online-Raum noch ein*e zusätzliche*r Referent*in zugeschalten werden. Die akustische und visuelle Qualitätskontrolle kann aber auch der Host im Präsenz-Raum mit übernehmen (z.B. über ein Headset).

Hybride Weiterbildung im BhW Niederösterreich

Das oben beschriebene hybride Setting wurde im BhW Niederösterreich im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen für Bildungswerkleiter*innen und Bildungsgemeinderät*innen praktisch umgesetzt. An technischer Ausstattung kamen in diesem Setting (siehe Abbildung 2) zwei Computer, ein Smartboard, ein digitales Flipchart, zwei Funk-Mikrofone, eine HD-Kamera mit Stativ sowie eine Kamera mit Lautsprecher zum Einsatz. Anstelle von Smartboard und digitalem Flipchart können die Wissensinhalte und die Videos der Online-Teilnehmer*innen auch via Beamer im Präsenz-Raum eingeblendet und via Bildschirmfreigabe im Online-Raum geteilt werden. Außerdem kann auf kleinem Raum auch ein Konferenzmikrofon und -lautsprecher anstelle eines Funk-Mikrofons genutzt werden. Besonders hilfreich für die Auswahl einer geeigneten technischen Ausstattung sowie für weitere didaktische Überlegungen waren die bereits zum Thema "Hybride Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung" erschienenen Beiträge auf erwachsenenbildung.at.

 

Darstellung eines Seminarraumes mit Personen und technischen Geräten

Abbildung 2: Hybride Settings - Ausstattung im Präsenz-Raum (CC BY 4.0, BhW Niederösterreich, https://www.bhw-n.eu)

 

Didaktische Herausforderungen im Präsenz- und Online-Raum

Alle Personen in Präsenz und online waren bei der hybriden Veranstaltung des BhW NÖ sichtbar und hörbar, jede*r konnte sich bei Diskussionen zu Wort melden. Beiträge aus dem Chat wurden von der Moderation nochmals für alle verbalisiert, da der Chatbereich im Präsenz-Raum nicht gut lesbar war. Zum Einsatz kamen in den hybriden Weiterbildungsveranstaltungen des BhW NÖ auch Gruppenarbeiten mit einer Präsenz- und mehreren Online-Gruppen (Breakout Sessions). Um Arbeitsergebnisse aus den Gruppen festzuhalten und wechselseitig zu sehen, wurde Google Jamboard als externes Online-Tool genutzt. Jede Gruppe bekam eine eigene Seite zugeordnet, um diese zu gestalten. Die Arbeitsaufträge wurden im Plenum besprochen und waren im Google Jamboard nochmals notiert, um diese auch in den Breakout Sessions parat zu haben. Die Präsenz-Gruppe konnte für ihre Arbeitsergebnisse das im Raum vorhandene Smartboard nutzen. Nach den Gruppenarbeiten wurden die jeweiligen Seiten eingeblendet und Blitzlichter aus den Gruppen abgefragt. Anstelle eines Google Jamboards kann auch das Zoom-eigene Whiteboard, das mittlerweile einen erweiterten Funktionsumfang aufweist, für diese Zwecke verwendet werden.

Hybride Veranstaltungen als Erweiterung des Angebotsportfolios

Trotz technischer und didaktischer Herausforderungen sind hybride Veranstaltungen als Erweiterung des Angebotsportfolios sinnvoll. Ist die Zielgruppe – wie etwa in den Mitgliedseinrichtungen des Rings Österreichischer Bildungswerke – geografisch weit gestreut, können Bildungsinteressierte entscheiden, ob ihnen der Begegnungsraum in Präsenz oder eine Online-Teilnahme, die die Zeitressourcen schont, wichtiger ist. Empfehlenswert ist für Veranstalter*innen, das hybride Setting zunächst im Rahmen kleinerer Bildungsveranstaltungen auszuprobieren. Mindestens ein Probelauf vor der Veranstaltung sowie eine technische Einführung für nicht so versierte Online-Teilnehmende unterstützen einen reibungslosen Ablauf.  Bei größeren Veranstaltungen empfiehlt es sich, einen externen technischen Support für die Umsetzung heranzuziehen. Grundsätzlich ist von Bildungsthema zu Bildungsthema zu bewerten, ob und in welcher Form eine hybride Umsetzung sinnvoll ist. In jedem Fall werden mit jeder umgesetzten hybriden Veranstaltung die digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter*innen in den Bildungseinrichtungen gestärkt und weiterentwickelt.

Weitere Informationen:
Creative Commons License Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

Verwandte Artikel