Publikation untersucht kritische Medienkompetenzen von Erwachsenen
Digitale Ungleichheit und kritische Medienkompetenz
Forschung zu digitaler Ungleichheit hat eine längere Tradition. Dabei geht es heute nicht mehr nur um Fragen des gleichberechtigten Zugangs, sondern vor allem um technologiebasierte Problemlösekompetenzen und die Frage, wie verschiedene Personengruppen das Internet nutzen – etwa im Hinblick auf passive Nutzung versus aktive Mitgestaltung.
Kritische Medienkompetenz wird in diesem Zusammenhang immer mehr zur Schlüsselkompetenz – etwa, wenn es um darum geht, die Glaubwürdigkeit digitaler Information zu beurteilen oder Nachrichten von Werbung zu unterscheiden. Publizierte Ergebnisse der LEO-Studie 2018 zeigen: Menschen mit geringen Lese- und Schreibfähigkeiten schreiben sich selbst signifikant geringere Kompetenzen zu, wenn es um kritische Medienkompetenz geht.
Zusammenhang zwischen Literalität und digitalen Grundkompetenzen bestätigt
Die Analysen konzentrierten sich auf drei Fragen, die TeilnehmerInnen der LEO-Studie 2018 beantwortet hatten – nämlich, ob es ihnen leicht falle zu beurteilen
- warum kostenlose Online-Dienste an den persönlichen Daten ihrer NutzerInnen interessiert sind
- ob Nachrichten im Internet glaubwürdig oder unglaubwürdig sind
- sowie ob es sich bei einem Online-Text um eine Information oder Werbung handelt.
Die Ergebnisse bestätigen den Zusammenhang zwischen Literalität und digitalen Grundkompetenzen: Erwachsene mit geringen Lese- und Schreibfähigkeiten beurteilen ihre Fähigkeiten, glaubwürdige Online-Informationen zu erkennen, Nachrichten von Werbung zu unterscheiden und die Gründe hinter Datensammlung zu erkennen, schlechter als jene mit hohen Lese- und Schreibfähigkeiten. Männer und Menschen mit höherem Schulabschluss schätzen ihre Kompetenzen dabei höher ein als Frauen und Menschen mit niedrigerem Schulabschluss. Erwerbstätigkeit ist dagegen kein Indikator für hohe oder niedrige Kompetenz – lediglich die regelmäßige Nutzung digitaler Geräte dürfte eine Rolle spielen. Gruppen mit geringeren Haushaltseinkommen sind anfälliger bzgl. Datensammlung von Online-Diensten – das könnte damit zusammenhängen, dass sie aufgrund ihrer schlechteren finanziellen Lage eher auf kostenlose Online-Dienste angewiesen sind.
Kritische Medienkompetenz bleibt gefragter Bildungsinhalt
Die Ergebnisse bestätigen: Erwachsene mit geringen Lese- und Schreibfähigkeiten nutzen digitale Technologien anders – jedoch nicht weniger häufig – als die Bevölkerung insgesamt. Sie sind also trotz Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben Teil eines globalen Informationsflusses und damit auch entsprechenden Risiken gegenüber exponiert, so die AutorInnen.
Für die Zukunft bedeutet das: Digitale Kompetenzen – besonders im Bereich der kritischen Beurteilung von Informationen – werden ein wichtiger Inhalt von Basisbildung und Erwachsenenbildung bleiben. Es reiche nicht aus, digitale Technologien nur anwenden zu können, so die AutorInnen. Vor allem Desinformation im Internet und Datensammlung durch Online-Dienste stellen für die kommenden Jahre eine konstante Herausforderung und somit ein bleibendes Thema für die Erwachsenenbildung dar. Zwar sind gering literalisierte Erwachsene besonders vulnerabel – kritische Medienkompetenzen sind aber für alle Erwachsenen hoch relevant.
Klaus Buddeberg, Gregor Dutz, Lisanne Heilmann, Christopher Stammer (2021): Der kritische Umgang mit Informationen und Daten als Bildungsbedarf unter den Vorzeichen von Datenkapitalismus. In: Christian Bernhard-Skala, Ricarda Bolten-Bühler, Julia Koller, Matthias Rohs, Johannes Wahl (Hg.): Erwachsenenpädagogische Digitalisierungsforschung. Impulse – Befunde – Perspektiven. Reihe: Erwachsenenbildung und lebensbegleitendes Lernen – Forschung und Praxis, Band 42. Bielefeld: wbv. S. 55-69. E-Book kostenlos unter CC BY SA 4.0, ISBN: 9783763966523
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