Inklusive Erwachsenenbildung: Gemeinsam und voneinander lernen
Jennifer Friedl: Heutzutage ist inklusive Erwachsenenbildung in aller Munde - wann kann Erwachsenenbildung Ihrer Meinung nach als "inklusiv" bezeichnet werden?
Csacsinovits/Graf: Inklusiv in diesem Sinn bedeutet, dass Bildungsangebote für alle Menschen gleichermaßen uneingeschränkt zur Verfügung stehen und auch nutzbar sein sollen. Viele Bildungshäuser und deren Angebote können diesen Ansprüchen jedoch nicht ausreichend genügen. In diesen Fällen hat sich das Angebot einer kostenlosen Lernassistenz bewährt.
Menschen mit Beeinträchtigung werden dabei von AssistentInnen beim Besuch von Bildungsveranstaltungen unterstützt, sodass eine uneingeschränkte Teilnahme möglich wird. Im Sinne von Teilhabe sollen Menschen mit Beeinträchtigung auch in die Konzeption solcher Angebote involviert werden. Schließlich sind sie die ExpertInnen in eigener Sache - und Partizipation wird dadurch gelebt und verkommt nicht zu einer leeren Worthülse.
Welche Kompetenzen spielen Ihrer Ansicht nach für ErwachsenenbildnerInnen in der Arbeit mit beeinträchtigen Menschen eine wichtige Rolle?
Welche Ressourcen braucht es noch, um dem Anspruch einer inklusiven EB gerecht werden zu können?
An vorderster Stelle steht die Barrierefreiheit der Angebote. Dabei sind nicht ausschließlich die Kompetenzen der ErwachsenenbildnerInnen selbst von Bedeutung, sondern auch die Möglichkeiten und Angebote der Bildungshäuser. Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf barrierefreien Zugang zu öffentlich ausgeschriebenen Bildungsveranstaltungen.
Barrierefreiheit muss hier sehr weit gedacht werden: bauliche, strukturelle, organisatorische und inhaltliche Aspekte sind hier mitzudenken. Biv-integrativ in Wien hat dazu eine wertvolle Checkliste erstellt. Auch wenn nicht alle Kriterien immer zufriedenstellend erfüllt werden können, so ist es doch eine Pflicht von Bildungseinrichtungen den Kriterien weitgehend nachzukommen.
Was bedeutet Lernen im Kontext inklusiver Erwachsenenbildung?
Lernen bedeutet in diesem Kontext, im Rahmen der individuellen Möglichkeiten eine maximale Teilnahme und Teilhabe am Bildungsangebot sicher zu stellen. Zugleich bedeutet es, gemeinsam mit allen anderen TeilnehmerInnen ein Stück des Lernweges gemeinsam zu gehen und gemeinsam und auch voneinander zu lernen.
Darüber hinaus gilt aus unserer Sicht generell, das selbstgesteuertes Lernen, sowie der Austausch der TeilnehmerInnen untereinander mehr Platz in der Erwachsenenbildung bekommen soll. Das gilt selbstverständlich auch für inklusive Erwachsenenbildung.
Was wäre Ihrer Ansicht nach ein wesentlicher Meilenstein für eine tatsächliche inklusive Gesellschaft – und was kann Erwachsenenbildung dazu beitragen?
Bildung ist der Keim jeder gelungenen Veränderung in der Gesellschaft. Die Erwachsenbildung muss mit bestem Beispiel voran gehen. Das Bildungshaus Schloß Retzhof als Angebot des Landes Steiermark ist ein leuchtendes Beispiel in diesem Bereich. Zugleich ist es auch eine Frage des politischen Willens, die UN-Behindertenrechtskonvention kompromisslos umzusetzen und eine entsprechende Ausstattung von Bildungshäusern zu fördern.
Auf Ihrer Website steht, dass die Akademie Kooperationen eingeht – welche gibt es aktuell?
Aktuell hat die Akademie eine Kooperation mit der Fachstelle .hautnah., die ebenfalls am Standort der alpha nova in Kalsdorf beheimatet sind. Die Angebote der Fachstelle .hautnah. umfassen unter anderem Workshops und Peergruppentreffen für Menschen mit Behinderung. Obwohl diese Angebote exklusiv für Menschen mit Behinderung angeboten werden, so sind doch wesentliche Merkmale von Partizipation enthalten. Darüber hinaus befinden sich auch inklusive Vorträge im Angebot, die für BetreuerInnen und KundInnen gleichermaßen aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden.
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