Aktuelle Erkenntnisse zur Bildungsberatung in Zeiten der Pandemie

Gesamtanzahl der Beratungskontakte hat sich verringert
Auf Basis der Auswertungen zeigt sich, dass der Lockdown massive Auswirkungen auf die Anzahl der Beratungskontakte hatte. "Im Vergleich des ersten Halbjahres 2020 zum ersten Halbjahr 2019 wurden insgesamt um 44% weniger Beratungskontakte dokumentiert", so Gugitscher. Auf die Informationsleistung an sich habe dies allerdings nur wenig Einfluss gehabt, da sie großteils digital weitergeführt werden konnte. Veränderungen beträfen vor allem das Format der Face-to-face-Beratung selbst. "Beim Format der Bildungs- und Berufsberatung ist die Anzahl der dokumentierten Beratungskontakte im zweiten Quartal 2020 sogar um über 50% geringer als im Vorjahreszeitraum", so Gugitscher.
Telefon- und Onlineformate konnten Face-to-face-Beratungen zum Teil kompensieren
Der Rückgang während des ersten Lockdowns wirke sich laut Gugitscher vor allem auf Face-to-face-Beratungen aus: "Zum Teil wurde dieser Rückgang durch andere Beratungsarten kompensiert, durch Telefon- oder Online-Beratungen, die um 28% bzw. 63% zunahmen". Auch die Videokonferenztechnologie Zoom sei ausgebaut worden, um Bildungs- und Berufsberatungen trotz des Lockdowns abhalten zu können. "Insgesamt hat sich also im Zuge der Corona-Maßnahmen das Angebot an Beratungsarten verändert – der Anteil medial vermittelter Beratungen ist gestiegen", so Gugitscher.
Digitale Beratung als Chance - rechtliche Rahmenbedingungen müssen passen
"Die Corona-Pandemie hat zu einem Digitalisierungsschub geführt, sowohl auf Seiten der BildungsberaterInnen als auch auf Seiten der Ratsuchenden", so Gugitscher. Diese Entwicklung habe dazu beigetragen, neue Beratungsformate anzuwenden. "Künftig wird es wichtig sein, aufbauend auf diesen Erfahrungen Beratungskonzepte zu entwickeln und die analoge und digitale Kommunikation systematisch und zielgerichtet zu verbinden", so die wissenschaftliche Mitarbeiterin des ÖIBF. Damit dies gelingen kann, müsse allerdings eine Reihe an organisatorischen sowie rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Als Beispiele nennt Gugitscher Homeoffice-Regelungen für BeraterInnen und angepasste Förderregelungen.
Weitere Erhebungen zu Kompetenzbedarf und Zugang sind notwendig
Wie sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie langfristig auf die Bildungs- und Berufsberatung auswirken werden, ist noch nicht absehbar. Dazu brauche es weitere Forschungen. "Interessant ist sicher, wie sich die Veränderung der Beratungsarten, also das verstärkte Angebot an digital vermittelter Beratung, auf den Zugang zu Beratung und Bildung auswirkt", so Gugitscher. Dazu gehöre u.a. die Frage nach Inklusionspotenzialen und Exklusionsmechanismen sowie der Aspekt der Erwartungen und Ansprüche von Ratsuchenden, die in Zeiten der Pandemie ebenfalls einem Wandel unterliegen. "Außerdem stellt sich die Frage, wie sich digitale Beratungen auf unterschiedliche Bedarfe und die unterschiedlichen Phasen in Informations-, Entscheidungs- und Reflexionsprozessen auswirken, etwa in Bezug auf Beziehungsgestaltung, Wissensvermittlung, Verbindlichkeit und Emotionalität in der Beratung", so Gugitscher.
Weitere Bereiche der Bildungs- und Berufsberatung, die in diesem Kontext erforscht werden könnten, sind laut Gugitscher der Professionalisierungsbedarf von BeraterInnen und die damit verbundenen Kompetenzen sowie die Frage nach angemessenen Verfahren und Kriterien, die die Qualität von Blended-Counselling-Angeboten oder auch die Wirksamkeit von Beratung beleuchten.

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