Gesundheitsbezogene Basisbildung für Männer umsetzen

08.10.2020, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
Informationen und Handlungsanleitungen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz bei (bildungs-)benachteiligten Männern finden ErwachsenbildnerInnen im Curriculum des Projekts HelpMen.
Männer mit gesundheitsbezogener Basisbildung erreichen: Ein Ziel des Projekts HelpMen.
Foto: CC0 Public Domain, Max Pixel, https://www.maxpixel.net/
Männer sind bei Gesundheitsbildung und -förderung unterrepräsentiert. Gerade Angebote für (bildungs-)benachteiligte Männer gibt es bislang wenige. Das nennen die ProjektpartnerInnen des Projekts HelpMen als einen der Gründe für ihre Projektarbeit. Sie wollten Wege finden, um Männer mit gesundheitlicher Basisbildung besser zu erreichen. Im Rahmen des Projekts ist auch ein Curriculum entstanden, das eine breite Erfahrungsbasis für Fachkräfte und Bildungsorganisationen zur gesundheitsbezogenen Basisbildung von Männern zur Verfügung stellt.

 

Das Curriculum thematisiert Begriffe wie Gesundheitskompetenz und Männergesundheit, beleuchtet Genderperspektiven zum Thema und stellt Methoden und Praxisleitfäden zur Gestaltung von Bildungsmaßnahmen zur Männergesundheit bereit. Auch Pilotprojekte der Partnerorganisationen stellen die AutorInnen des Curriculums vor.

Bildungsüberfall und Gesundheits-Black-Box: Bewährte Methoden

Im Curriculum beschreiben die AutorInnen bewährte Methoden zur gesundheitsbezogenen Basisbildung für Männer. Beim Bildungsüberfall beispielsweise wird Gesundheitsbildung an einem Ort durchgeführt, an dem man nicht damit rechnet: auf dem Marktplatz, im Baumarkt oder an der Tankstelle. Denn Aktionen im öffentlichen Raum erreichen jene Männer besser, die durch klassische Gesundheitsbildungsangebote zumeist nicht erreicht werden, so die AutorInnen. Zentral beim Bildungsüberfall ist, dass es nicht nur um Reden und Zuhören geht, sondern auch um das Tun: Ein Ernährungsangebot, ein Test oder eine Körperübung können hier Mittel der Wahl sein.

 

Als weitere Methode nennen die AutorInnen die Gesundheits-Black-Box. Das ist eine schwarze Box, in der sich verschiedene Gegenstände rund um die Gesundheit - wie z.B. ein Fieberthermometer, Pflaster, eine Zahnbürste, Kondome oder eine Gesichtscreme befinden. Die Männer greifen in die Box ohne die Gegenstände zu sehen. Sie sollen diese ertasten, erraten und anschließend den Bereichen "medizinische Gesundheit", "körperliche Gesundheit", "psychische Gesundheit", "soziale Gesundheit" und "sexuelle Gesundheit" zuordnen. Dies kann als Einstieg in ein Gespräch über die verschiedenen Gesundheits- und Lebensbereiche dienen. Im Anschluss daran können die Teilnehmer auch darüber nachdenken, welche eigenen Gegenstände und Ressourcen sie haben, die ihre Gesundheit stärken und diese ggf. mit anderen teilen.

Leitfäden für eigene Bildungsprojekte

Im Curriculum finden MultiplikatorInnen auch Materialien, die bei der Planung von Projekten zur Männergesundheit unterstützen. Zum Beispiel gibt es einen Leitfaden zur Bedarfserhebung. Interessierte können hier fragengeleitet Bedarfe ermitteln. Beispiele für Fragen sind: Welche Angebote für Männer mit gesundheitsbezogenem Basisbildungsbedarf gibt es schon von der eigenen Organisation, welche von anderen Einrichtungen? Wo und zu welchen Männern mit gesundheitsbezogenem Basisbildungsbedarf gibt es bereits persönliche bzw. institutionelle Zugänge oder Kontakte?

 

Auch mögliche Inhalte für Projekte sind im Curriculum gelistet. Als relevante Themen für die Gesundheitsbildung von Männern nennen die AutorInnen z.B.: Vermeidung von Unfällen und Verletzungen, Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems, Depression und Suizid.

"Fit durch den Winter": Pilotprojekt aus Österreich

Im Curriculum stellen die AutorInnen Pilotprojekte zur gesundheitsbezogenen Basisbildung von Männern vor. Die Einrichtung MEN in Wien berichtet hier z.B. vom Projekt "Stark und Fit durch den Winter". Die Veranstaltung fand in der Obdach Gänsbachergasse in Wien statt. In der Einrichtung für wohnungslose Frauen, Männer und Paare können sich die BewohnerInnen dort auf das Leben in einer eigenen Wohnung vorbereiten oder eine andere passende Wohnform finden. Das Ziel des Pilotprojekts war es, für Gesundheitsthemen bei den männlichen Bewohnern zu sensibilisieren.

 

Die Veranstaltung fand im Dezember statt, der thematische Fokus lag auf der psychischen Gesundheit von Männern. Denn gerade über die Feiertage rund um Weihnachten werden viele Männer mit schmerzhaften Aspekten der eigenen Biografie konfrontiert, so in der Projektbeschreibung zu lesen. Zur Bewerbung gab es Flyer mit Bildern, die sowohl Gemütlichkeit ausdrücken, wie z.B. eine warme Tasse Tee vor einem Kamin, wie auch solche, die auf eine Belastungsphase im Winter hinweisen – wie z.B. ein Bild von einem einsamen Wolf.

 

Etwa 50 Männer nutzten die Stationen, die im Rahmen der Veranstaltung aufgebaut waren. Darunter waren z.B. ein Smoothie-Stand mit gesunden Mix-Getränken oder ein Stand mit der Möglichkeit zur individuellen Gesundheit- und Ernährungsberatung. Darüber hinaus bot ein Klinischer- und Gesundheitspsychologe in einer Sitzecke die Gelegenheit für Gespräche rund um das Thema Resilienz. Auch ein Fitness-Trainer zeigte einfache Bewegungsübungen zum Mitmachen.

Über das Projekt

Ziel des Projekts "HelpMen – Gesundheit als Thema der Grundbildung für Männer in Europa weiterentwickeln" (Health Literacy Progress for Men in Europe) war es, Männer mit gesundheitlicher Basisbildung besser zu erreichen, indem Zugangsbarrieren partizipativ abgebaut werden. Im Rahmen des Projekts haben die ProjektpartnerInnen auch ein Curriculum entwickelt. Dabei ging es vor allem um die Frage nach gangbaren Wegen für eine gesundheitsbezogene Basisbildung für Männer.

 

Im Projekt arbeiteten fünf Institutionen zusammen: Das Sozialwissenschaftliche Institut Tübingen, der Volkshochschulverband Baden-Württemberg, das Männergesundheitszentrum MEN Wien, infoMann – actTogether Luxembourg und die Kardinal Nikolaus Cusanus Akademie Brixen. Das Projekt war eine Strategische Partnerschaft für Innovation im Rahmen von Erasmus+ mit einer Projektlaufzeit von 2017 bis 2019.

 
 
Weitere Informationen:
 
 
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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