Gesundheitskompetenz von MigrantInnen fördern: Das Projekt "MfG"

07.04.2019, Text: Jennifer Friedl, Redaktion/CONEDU
Im Projekt MigrantInnen für Gesundheit (MfG) informieren geschulte GesundheitslotsInnen MigrantInnen über das österreichische Gesundheitssystem und wichtige Gesundheitsthemen.
Das Projekt möchte Gesundheitskompetenz und Teilhabe fördern.
Grafik: Pixabay Lizenz, geralt, www.pixabay.com
Um Personen in schwierigen sozialen oder finanziellen Lebenslagen die Möglichkeit zu geben, sich über Gesundheitsfragen zu informieren, werden MigrantInnen von der Volkshilfe Wien im Rahmen des Projekts MigrantInnen für Gesundheit (MfG) zu GesundheitslotsInnen ausgebildet. Sie leiten andere MigrantInnen durch das österreichische Gesundheitssystem und klären in Informationsveranstaltungen und Workshops über Gesundheitsthemen auf. Anlässlich des Weltgesundheitstages am 7. April spricht Projektleiterin Sandra Müllner im Interview über den Hintergrund, die Erfolge und die geplanten Weiterentwicklungen des Projekts.

Jennifer Friedl: Was ist das zentrale Vorhaben und an welche Zielgruppe richtet sich das Projekt MigrantInnen für Gesundheit?

Sandra Müllner: Sozioökonomisch benachteiligte Menschen sind oft bezüglich ihres Gesundheitsbedarfs und der Möglichkeiten gesundheitlicher Versorgung nicht ausreichend informiert. MigrantInnen sind besonders häufig davon betroffen. Geschulte GesundheitslotsInnen versorgen andere MigrantInnen mit Informationen über das österreichische Gesundheitssystem und über ausgesuchte Gesundheitsthemen wie beispielsweise Diabetes, Kindergesundheit oder Seelische Gesundheit. Die Informationsveranstaltungen und Workshops richten sich an Zielgruppen des Nationalen Aktionsplans Integration und des 50-Punkte-Plans, d.h. Drittstaatsangehörige mit längerfristiger Aufenthaltsperspektive, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, EU-BürgerInnen und ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund, die dauerhaft in Österreich niedergelassen sind.

Welche Anforderungen sollten die Personen, die am Projekt teilnehmen möchten, erfüllen?

GesundheitslotsInnen sind dauerhaft in Österreich niedergelassene Menschen mit Migrationshintergrund mit guten Deutschkenntnissen, Interesse an Gesundheitsthemen, Organisationskompetenz und besonders hohem sozialen Engagement.

Welchen Nutzen hat das Projekt langfristig für GesundheitslotsInnen und VeranstaltungsteilnehmerInnen?

Langfristig gesehen werden MigrantInnen als ExpertInnen für die eigene Gesundheit und die ihres Umfelds gestärkt. Durch Wissensvermittlung und das Aufzeigen von Unterstützungsangeboten fördert MfG langfristig den Zugang von MigrantInnen zum österreichischen Gesundheitssystem.

Welche Erfolge konnte das Projekt bisher erzielen und wie hat sich der Peer Zugang bewährt?

Seit 2012 wurden durch Vorgängerprojekte und das aktuelle Projekt insgesamt bereits über 15.750 Personen direkt erreicht. Über die TeilnehmerInnen der Informationsveranstaltungen hinaus geht man ferner von einem MultiplikatorInnen-Effekt im sozialen Umfeld aus, sodass indirekt eine Vielzahl an Menschen vom Projekt MigrantInnen für Gesundheit profitiert. Der Peer Zugang ist das Herzstück des Projekts MigrantInnen für Gesundheit: die erstsprachlichen GesundheitslotsInnen versorgen auch Communitys oder einzelne Zielgruppen wie z.B. Frauen mit Informationen, die von anderen nicht erreicht werden. Ihr geschultes und kulturelles Wissen sehen wir als zentrales Merkmal der erfolgreichen Informationsvermittlung an.

Welche Weiterentwicklungen des Projekts sind noch geplant?

In einem neuentwickelten Lehrgang werden im zweiten Halbjahr 2019 neue GesundheitslotsInnen ausgebildet. Ein noch höherer Fokus als in bisherigen Lehrgängen wird auf die Vermittlung didaktischer Kompetenzen gelegt. Frauengesundheit ist 2019 ein neues Vertiefungsthema, zu dem bereits geschulte GesundheitslotsInnen Weiterbildungen erhalten werden.

Wie wirkt sich das Projekt Ihrer Meinung nach auf die Chancengleichheit bzw. Partizipation von MigrantInnen aus?

Geschulte GesundheitslotsInnen vermitteln Informationen zu ausgesuchten Themen und tragen so insbesondere zur Verbesserung und Förderung der Gesundheitskompetenz und des Systemwissens bei. Der Abbau von systemischen Nachteilen ist hinsichtlich einer erhöhten Chancengleichheit wesentlich. Insbesondere die Informationen über den Zugang zum Gesundheitssystem hat nachhaltige Auswirkungen darauf, ob und wie das Gesundheitssystem künftig von GesundheitslotsInnen, TeilnehmerInnen der Informationsveranstaltungen sowie deren Umfeld genutzt wird. Fehlt der Zugang durch mangelhaftes sprachliches, inhaltliches oder soziokulturelles Verständnis, hat dies negative Auswirkungen auf die Gesundheit und damit wieder auf die Teilhabe.

 

Finanziert wird das Projekt MigrantInnen für Gesundheit (MfG) durch das Bundesministerium Europa, Integration, Äußeres (BMEIA) und den Landesgesundheitsförderungsfond der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und der Stadt Wien.

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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