„Barrieren bestehen nicht nur aus Stufen“
Karin Kulmer: Barrierefreie Erwachsenenbildung – Was ist das?
Beatrix Eder-Gregor und Eva-Maria Speta: Der Begriff „Barrierefreie Erwachsenenbildung" meint Kurse und Veranstaltungen der Erwachsenenbildung, die auch auf die unterschiedlichen Bedarfe von behinderten bzw. beeinträchtigten KundInnen ausgerichtet sind. Der Begriff „Barrierefreiheit" ist ein sehr umfangreicher und vielfältiger. Sowohl Kursort als auch Programme sowie die einzelnen Angebote müssen auf möglichst alle unterschiedlichen Bedürfnisse ausgerichtet sein. Das reicht beispielsweise von stufenlosen, ev. auch mit Leitsystemen ausgestatteten Räumlichkeiten bis hin zu entsprechend gestalteten Lehrmaterialien (Großschrift, digitale Unterlagen,...), speziell gestalteten Kursprogrammen (große Schrift, Symbole, digitale Version,...), und dergleichen.
Wie können Bildungseinrichtungen Barrierefreiheit sicherstellen?
Die Gruppe der KundInnen, für die Barrierefreiheit (zwingend) notwendig ist, damit Bildungsangebote zugänglich gemacht werden können, ist groß und vielfältig. Je nach Art der Beeinträchtigung (Sehbehinderungen, Mobilitätseinschränkungen, Hörbeeinträchtigungen,...) gehen damit verschiedene Bedarfe einher. Es kann daher nicht in ein paar Sätzen erschöpfend behandelt werden, wie die Barrierefreiheit in Bildungseinrichtungen sichergestellt werden kann. Was man sagen kann, ist, dass Einrichtungen, die das Thema ernst nehmen und für ihre KundInnen ein qualitativ hochwertiges Angebot schaffen möchten, sich intensiv mit den verschiedenen Facetten der Barrierefreiheit (physische, kommunikative, intellektuelle, soziale Barrierefreiheit) beschäftigen sollten. Viele kleine Dinge können ohne großen finanziellen Aufwand sehr schnell umgesetzt werden und stellen für InteressentInnen eine große Erleichterung dar.
Wie können ErwachsenenbildnerInnen und KursteilnehmerInnen hinsichtlich des Themas Barrierefreiheit sensibilisiert werden?
Entscheidend ist die Kommunikation über dieses Thema. Für Einrichtungen der Erwachsenenbildung gibt es entsprechende Workshops und andere Veranstaltungen, die besucht werden können. In einem Kurs der Erwachsenenbildung sollte zu Beginn mit allen TeilnehmerInnen besprochen werden, dass es auch TeilnehmerInnen gibt, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung spezifischer Maßnahmen bedürfen. Ein Beispiel: „Unser Kurs wird auch von einer blinden Teilnehmerin besucht. Bitte wundern Sie sich daher nicht, wenn ich alle Inhalte einer Powerpoint-Folie noch einmal genau beschreibe. Sie können sie sehen, aber Teilnehmerin XY braucht eine genaue Beschreibung aller visuellen Inhalte im Kurs. Gibt es dazu Fragen von Ihrer Seite?"
Welche Methoden eignen sich für den Einsatz in der barrierefreien Erwachsenenbildung?
Grundsätzlich unterscheiden sich die Methoden der barrierefreien Erwachsenenbildung nicht grundlegend von den Methoden der allgemeinen Erwachsenenbildung. Es ist empfehlenswert, die jeweiligen Bedarfe der TeilnehmerInnen im Vorfeld mit diesen zu besprechen, damit Sie sich als KursleiterIn entsprechend vorbereiten können. Die Betroffenen selbst sind die ExpertInnen für ihre eigenen Bedarfe. Verlassen Sie sich auf deren Einschätzung und nicht auf die Bilder in Ihrem Kopf!
Wenn Sie über einen längeren Zeitraum mit behinderten und nicht-behinderten Menschen arbeiten, ist es möglicherweise auch sinnvoll, in Form von Rollenspielen die Perspektive von Menschen mit Beeinträchtigung ein Stück weit erlebbar zu machen. Dazu gehören zum Beispiel das Fahren mit einem Rollstuhl, das Gehen mit verbundenen Augen,... Dieses Sich-Einfühlen in die Lebenswelt eines Menschen mit speziellen Bedürfnissen erhöht das Verständnis für alle Maßnahmen, die im Kurs getroffen werden müssen, um auch diesen KundInnen eine lustvolle Teilnahme zu ermöglichen.
In der unten verlinkten Broschüre „Bildungsveranstaltungen barrierefrei" finden Sie zahlreiche methodische Anregungen!
Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gilt es zu beachten?
Allen voran beinhaltet schon die Österreichische Verfassung im Artikel 7.1 ein Diskriminierungsverbot: „Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. (...) Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. (...)" Darüber hinaus ist das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) bedeutend. In diesem ist geregelt, dass auch Barrieren eine Form von Diskriminierung darstellen können. Jene Bereiche, die nicht über das BGStG geregelt werden, werden zumeist von landesspezifischen Antidiskriminierungs-Gesetzen festgelegt. Als normativen Überbau gibt es auch noch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Folgende Broschüren und Unterlagen können eine Unterstützung auf dem Weg zur barrierefreien Einrichtung sein. Viele Tipps und konkrete Anregungen sind hier zu finden.
- „Bildungsveranstaltungen barrierefrei" - Leitfaden für methodisches Arbeiten in der Erwachsenenbildung, Informationsbroschüre, 20 Seiten, Wien, Eigenverlag 2012
- „Wie barrierefrei ist Ihre Bildungseinrichtung?", Checkliste, 8 Seiten, Wien, 2013
- biv-integrativ
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