"Lasst die Feinde links liegen, bildet Allianzen mit euren Freunden"
Auslagerung politischer Entscheidungen als Problem der Demokratie
Stefanie Wöhl griff ihren kürzlich veröffentlichten Artikel in "Aus Politik und Zeitgeschichte" der Bundeszentrale für Politische Bildung in Deutschland auf und thematisierte die Auslagerung politischer Entscheidungen an Expertengremien. Politik werde heute nicht mehr nur in Parlamenten besprochen, sondern tendiere eher dazu, Entscheidungen abzunicken. Vieles passiere hinter verschlossenen Türen, eine öffentliche Debatte unter Einbindung der Bevölkerung sei dadurch nicht mehr möglich. "Um demokratisch partizipieren zu können, muss man jedoch Zeit haben, an Diskussionen teilzunehmen", so Wöhl.
Wie die Erwachsenenbildung politisch mobilisieren kann
"Was bedeutet es heute, solidarisch zu sein?", fragte Edgar Forster in seinem Diskussionsbeitrag, "und inwiefern ist das eine Sache für Bildungseinrichtungen?" Bildung heiße, Erfahrungen zu machen, die eine Person verändern, insofern seien Bildungserfahrungen immer auch politische Erfahrungen im weiteren Sinn. Man solle wieder Fragen stellen wie z.B. "Wie wollen wir überhaupt leben?", meinte Forster. Theoriearbeit müsse viel unmittelbarer mit politischen Fragen verknüpft werden, so könne Bildung aktiv gestaltet werden.
Rahmenbedingungen schränken Miteinander ein
Stefan Vater merkte an, dass auch die Rahmenbedingungen auf Universitäten und in Erwachsenenbildungseinrichtungen einer politischen Beteiligung nicht unbedingt förderlich seien. "Wenn es außer den Hörsälen und Seminarräumen keine Sitzplätze gibt, wird das Miteinander immer weiter eingeschränkt." Auch die knappen Zeitpläne seien nicht unbedingt partizipations- und diskursfördernd.
Allianzen bilden, Veränderungen beginnen
Angesichts der oftmals frustrierenden Erfahrungen in gegenwärtigen Demokratien schlug Edgar Forster in seinem Schlussplädoyer vor, gegenläufigen Meinungen nicht zu viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. "Lass die Feinde links liegen, bilde Allianzen mit deinen Freunden, versuche das zu stärken und mach etwas anderes", zitierte Forster zwei Vordenker der Entkolonialisierung, Aimé Cesaire und Frantz Fanon. Damit beginne man eine Veränderung, die nachhaltig wirke.
wEBtalks: Fachlich am Laufenden bleiben
wEBtalks sind das interaktive Online-Format von www.erwachsenenbildung.at. ExpertInnen teilen ihr Wissen dabei in Form eines kurzen Impulses, eingeladene Fachleute tragen zur Diskussion bei. Das Online-Publikum ist eingeladen, im Chat Fragen zu stellen und mitzudiskutieren. Die Teilnahme am wEBtalk ist kostenlos und steht allen Interessierten offen.
- Aufzeichnung des wEBtalks: "Muss Demokratie gelernt werden?"
- Aufzeichnungen aller wEBtalks
- Demokratielernen. Eine Vielfalt von Fähigkeiten und eine Frage der Übung.
Magazin erwachsenenbildung.at, Ausgabe Nr. 28, Juni 2016 - Forster, Edgar / Gödl, Doris / Kloyber, Christian / Vater, Stefan / Ziegler, Meinrad (2015): Strategien der De-Politisierung. Transformation der Demokratie. Innsbruck: StudienVerlag.
- Stefanie Wöhl: „Machtverschiebung vom Parlament zur Exekutive. Demokratie in Zeiten multipler Krisen“. Aus Politik und Zeitgeschichte, 40-42/2016
Die Veranstaltung "wEBtalk: Muss Demokratie gelernt werden?" wurde gefördert aus Mitteln der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) und des Bundesministeriums für Bildung (BMB).
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