Kultur in der Flur

02.04.2015, Text: Brigitte Schönsleben-Thiery, Redaktion: Renate Ömer, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
NÖ Projekt trägt Wissen über Kulturgüter weiter, zum Beispiel durch die Erfassung und Präsentation von Klein- und Flurdenkmälern. 40.000 davon soll es geben. (Serie: Kunst und Kultur)
Marterl in Drosendorf
Schiefe Marter in Drosendorf
Foto: Franz Stürmer
Kleindenkmäler, die im Volksmund allgemein als Marterl bezeichnet werden, sind im ganzen Land verbreitet und erzählen sowohl Landesgeschichte, als auch die Geschichte der Menschen. Manchmal sind es Einzelschicksale, manchmal handelt es sich um das Schicksal einer ganzen Gemeinde oder Region. Es sind Bauwerke, die die Menschen als Zeichen des Andenkens, der Dankbarkeit oder der Freude auf eigene Initiative und Kosten errichtet haben.

 

Diese Bauwerke und ihre Geschichte vor dem Verfall und dem Vergessen zu bewahren, die Tradition wieder mit Leben zu erfüllen, Identitäts- und Heimatbewusstsein zu fördern, - das sind die Kernziele des Projekts "Kultur in der Flur". Einer Hochrechnung aus dem LEADER-Projekt „Zeichen unserer Kulturlandschaft“ zufolge können wir von rund 40.000 Kleindenkmälern in ganz Niederösterreich ausgehen. 

 

Die Kleindenkmalplattform


Mit Hilfe der Kleindenkmalplattform www.marterl.at soll es gelingen, alle Kleindenkmäler in Niederösterreich zu erheben, sie im Detail zu beschreiben und mit Bildern, Filmmaterial und Audiotexten im Internet zu präsentieren. So sollen sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein.


Mit www.marterl.at wurde eine Plattform geschaffen,

  • die von allen Generationen leicht bedient werden kann
  • auf die mittels Smartphone-App einfach und direkt vor Ort zugegriffen werden kann
  • die Fotos, Film und allen verfügbaren Informationen zum Kleindenkmal versammelt
  • die ihre Daten-ErfasserInnen über alle Ergänzungen zum entdeckten Marterl informiert
  • die zu jedem Objekt Audiodateien für einen Audioguide zur Verfügung stellt

 

In weiteren Schritten können die Kleindenkmäler – betreut durch Flurdenkmalforscher des BHW-Fachbereichs Klein-und Flurdenkmäler – mithilfe eines Leitfadens fachlich korrekt erhoben und beschrieben werden. Das sichert die Validierung der Daten bis hin zur vollständigen, fachlich geprüften Erfassung bei gleichzeitiger Gemeinschaftsbildung. Denn der niederschwellige Einstieg durch die einfache Bedienbarkeit der Plattform und die Einladung zur gemeinsamen Erhebungsarbeit bieten einen spielerischen Einstieg in das Thema. Der daraus resultierende Austausch zwischen ExpertInnen und LaiInnen sowie zwischen Jung und Alt wirkt Generationen übergreifend und macht ihn zum Gemeinschaftserlebnis.

 

Bildung und Kultur


Die Kleindenkmalplattform ist ein Instrument der Bildung im Bereich Landesgeschichte und Heimatbewusstsein und im Bereich Kunst und Kultur. Über das soziale Miteinander und dem Lernen voneinander erfüllt sie aber auch Lernfunktionen.


Die Kleindenkmal-Plattform ist sogar Ausgangspunkt für Schulprojekte. Über Wettbewerbe und Schulprojekte wollen wir die Jungen und ganz Jungen ansprechen - ein Beispiel: „Großeltern erzählen die Geschichte der Denkmäler ihren Enkelkindern weiter, die diese dann in die Datenbank eingeben.“ So wird Geschichte lebendig. Das Marterl, ein sichtbares Zeichen, eine Erinnerung an die Menschen, die Familien, die vor uns hier gelebt haben. Das sichert das Wissen über dieses Kulturgut und stärkt die Identifizierung mit der Heimat und den kulturellen Wurzeln.


Durch die detaillierte Erfassung dient die Datenbank auch als Basis für die Erstellung von Büchern und Literatur - auf Gemeindeebene, Regionsebene und in der Forschung.

 

Denkmalschutz und Kooperationen


Die digitale Erfassung der Kleindenkmäler sichert nicht nur das Wissen über ihre Entstehung und ihre geschichtliche Einbettung, sondern auch den Erhalt des Kleindenkmals in der Landschaft. Für viele Menschen werden Kleindenkmäler als Zeugen der Vergangenheit so überhaupt wahrnehmbar. Erst Wahrnehmung und Wissen motivieren zum Erhalten der Kleindenkmäler.


Die Erhaltung wird meistens auf eigene Kosten und unter großem Einsatz einzelner geleistet, oft hilft eine ganze Gemeinde mit. In diesem Zusammenhang ist die Zusammenarbeit mit Organisationen wie z.B. der Dorf- und Stadterneuerung wichtig. Sie helfen durch ihre regionale Arbeit, das nötige Bewusstsein in der Bevölkerung weiterzutragen. Der BHW-Fachbereich stellt dabei seine Expertise im Bereich Restaurierung zur Verfügung: entsprechende Arbeitsweise, Material oder Ergänzung bereits abhanden gekommener Inschriften etc.

 

Gemeinde, BürgerInnen und Gäste


Niederösterreichische Gemeinden können das Portal in ihre Gemeinde-Homepages einbetten, - auf Wunsch auch voreingestellt mit den gemeindeeigenen Denkmälern. Die Daten werden vorerst über eine Schnittstelle für Drucksorten (Broschüren, Wanderkarten) zur Verfügung gestellt und dienen somit als Basis für touristische Nutzung: Führer zu Wanderwegen entlang der Kleindenkmäler oder Audio-Guides können darauf aufbauen, Informationen über traditionelle Feste bei den örtlichen Kleindenkmälern usw.

 

Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln.

Weitere Informationen:
  • www.marterl.at ist die Kleindenkmal-Plattform des BHW-Projekts "Kultur in der Flur"
  • kulturdenkmal.at ist die Homepage des LEADER-Kooperationsprojekts "Zeichen unserer Kulturlandschaft"

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