Neue Studie: Ehrenamtliche Erwachsenenbildung für Ring und Forum

Ob in der Organisation von Bildungswochen, der Moderation von Diskussionsrunden oder der Vernetzung in der Gemeinde – ehrenamtliches Engagement ist das Rückgrat der Erwachsenenbildung in Österreich. Doch die Anforderungen an das Bildungsehrenamt wandeln sich: Demografische Veränderungen, Digitalisierung und der Ruf nach mehr Diversität stellen die Bildungsverbände vor neue Herausforderungen und Chancen.
Die Studie „Nachhaltig bilden. Ehrenamtliche Erwachsenenbildung für Ring und Forum“ analysiert das Ehrenamt in der Erwachsenenbildung anhand der beiden großen KEBÖ-Verbände: dem Ring Österreichischer Bildungswerke und dem Forum Katholischer Erwachsenenbildung. Sie untersucht die aktuelle Situation, die Herausforderungen und Zukunftsperspektiven ehrenamtlichen Engagements. Im Fokus stehen die Aufgaben der Ehrenamtlichen, ihre Motivation, die Barrieren für Engagement sowie die Auswirkungen von Digitalisierung und gesellschaftlichen Veränderungen. Ziel war es, Erfolgsfaktoren für nachhaltiges Engagement zu identifizieren und neue Zielgruppen zu erschließen.
Zentrale Ergebnisse
Ehrenamtliche sind zentrale Akteur*innen der Erwachsenenbildung: Sie organisieren Veranstaltungen, wählen Themen, laden Referierende ein, betreiben Öffentlichkeitsarbeit und schaffen Räume für Weiterbildung, gesellschaftliche Reflexion und Gemeinschaft. Ihre Arbeit ist essenziell für die Förderung des lebenslangen Lernens und den sozialen Zusammenhalt – gerade im ländlichen Raum. Doch Zeitmangel, abnehmende Bereitschaft zu langfristigem Engagement und Konkurrenz durch andere Vereine erschweren die Gewinnung und Bindung neuer Ehrenamtlicher. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten, bringt aber auch Herausforderungen, etwa in der Ansprache jüngerer Zielgruppen.
- Motivation: Ehrenamtliche engagieren sich aus dem Wunsch nach Sinnstiftung, Gemeinschaft und persönlicher Entwicklung. Besonders wichtig sind Anerkennung, Wertschätzung und die Möglichkeit, eigenverantwortlich zu gestalten.
- Barrieren: Zeitmangel, Schwellenängste und fehlende Information über Engagementmöglichkeiten sind die größten Hürden. Die Bereitschaft zu langfristigen Verpflichtungen sinkt, kurzfristige und projektbezogene Formate gewinnen an Attraktivität.
- Struktur: Das Ehrenamt ist überwiegend weiblich (bis zu 82%), das Durchschnittsalter hoch, der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund gering. Die Diversität zu steigern und jüngere Menschen zu gewinnen, ist eine zentrale Aufgabe.
- Digitalisierung: Digitale Tools und Formate können die Ansprache neuer Zielgruppen erleichtern und flexible Beteiligungsformen ermöglichen, dürfen aber das Gemeinschaftserlebnis nicht ersetzen.
- Zielgruppen: Besonders angesprochen werden sollen Senior*innen („Boomer“), junge Menschen, „Empty Nesters“, Männer, bildungsferne Schichten und Menschen mit Migrationshintergrund. Für jede Gruppe braucht es spezifische Ansprache und flexible Beteiligungsmodelle.
- Handlungsempfehlungen: Ausbau der Unterstützung durch Hauptamtliche, gezielte Werbung und persönliche Ansprache, flexible Engagementformate, Anerkennung informellen Lernens und die Entwicklung neuer Modelle für freiwillige Mitarbeit.
Fazit: Es braucht innovative Strategien für das Bildungsehrenamt
Das Bildungsehrenamt bleibt eine tragende Säule der österreichischen Erwachsenenbildung. Um seine Zukunft zu sichern, braucht es innovative Strategien, die gesellschaftliche Veränderungen, digitale Möglichkeiten und die Vielfalt der Zielgruppen berücksichtigen. Nur so kann das Ehrenamt weiterhin zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts, zur Förderung des lebenslangen Lernens und zur demokratischen Entwicklung beitragen.
Studiendesign: Online-Fragebögen, Literatur-, Statistik- und Praxisauswertungen
Die Studie wurde von Judith Bürger, Jan Niggemann und Klaus Thien im Auftrag des Österreichischen Instituts für Erwachsenenbildung (oieb) durchgeführt. Sie wurde 2024 veröffentlicht und basiert auf einer Online-Erhebung unter hauptamtlichen Mitarbeitenden, die für die Betreuung Ehrenamtlicher zuständig sind. Im Mittelpunkt stehen österreichweite Strukturen, mit besonderem Augenmerk auf regionale Unterschiede zwischen Stadt und Land. Mittels Online-Fragebögen wurden Erfahrungen und Einschätzungen von hauptamtlichen Mitarbeitenden gesammelt. Ergänzend wurden aktuelle Literatur, statistische Daten und Praxisbeispiele ausgewertet.
Die Studie wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Frauen, Wissenschaft und Forschung gefördert.

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