KEBÖ: Ausbau der Basisbildung dringend erforderlich

Die jüngsten Ergebnisse der PIAAC-Studie (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) zeigen, dass 29% der Erwachsenen in Österreich, d.h. rund 1,7 Millionen Menschen, gravierende Probleme beim Lesen haben. Der Großteil davon ist in Österreich geboren bzw. spricht Deutsch als Erstsprache. Das ist seit der letzten Studie 2011/2021 ein Anstieg um fast 12%. Rund 23% der Erwachsenen weisen zudem eine sehr niedrige alltagsmathematische Kompetenz auf. „Diese Entwicklungen sind besorgniserregend und unterstreichen die Notwendigkeit verstärkter Maßnahmen in der Erwachsenenbildung“, betont KEBÖ-Vorsitzender Bernd Wachter anlässlich des von der UNO ausgerufenen Welttages der Bildung am 24. Jänner 2025.
Umdenken in der Bildungspolitik nötig – Finnland als Vorbild
Es brauche, so Wachter, einen raschen Ausbau der bereits bestehenden Angebote der Basisbildung und niedrigschwellige Unterstützungen für Menschen mit Lese- und Rechenschwächen. „Mit Lesecafés – ähnlich den bekannten Lerncafés der Caritas in ganz Österreich – könnte den betroffenen Menschen auf eine einfache, niederschwellige und wohnortnahe Weise geholfen werden“, betont der KEBÖ-Vorsitzende und ehemalige Generalsekretär der Caritas Österreich. Es brauche eine intelligente Kombination professioneller Erwachsenenbildungsangebote und ergänzende ehrenamtliche Programme.
„Hier ist ein gemeinsamer Kraftakt erforderlich, inklusive der dafür erforderlichen finanziellen Mittel“, unterstreicht Wachter im Blick auf die aktuellen Regierungsverhandlungen. Der KEBÖ-Vorsitzende verweist auf die wesentlich besseren Ergebnisse der PIACC-Studie etlicher Industriestaaten und nennt beispielgebend das finnische Bildungssystem als vorbildlich. Lebenslanges Lernen habe in Finnland einen hohen Stellenwert. Österreich verfüge mit den in der KEBÖ vereinten Verbänden der Erwachsenenbildung über ein gut und dicht geknüpftes Netz an Angeboten. Der KEBÖ-Vorsitzende fordert ein Umdenken in der Bildungspolitik unseres Landes.
„Die Förderung von beruflichen Kompetenzen ist natürlich wichtig und richtig. Aber wenn nahezu zwei Millionen Menschen nicht ausreichend lesen und rechnen können, dann liegt es doch auf der Hand, dass hier ein Schwerpunkt gesetzt werden muss. Was nützen berufliche Skills, wenn eine Person nicht lesen und rechnen kann?“, so Wachter.
Erwachsenenbildung als gleichwertiger Bestandteil des österreichischen Bildungssystems gefordert
Für den KEBÖ-Vorsitzenden braucht es seitens der zukünftigen Bundesregierung ein klares Bekenntnis des Bundes zur Erwachsenenbildung als unverzichtbarem und gleichwertigem Bestandteil des österreichischen Bildungssystems. Die Erwachsenenbildung müsse neben der Schule und den Universitäten als dritte Säule der Bildung mit deutlich mehr Mitteln ausgestattet werden. „Ein erster Schritt wäre die Anhebung der Bundesmittel auf zumindest 1% des Bildungsbudgets. Mit vergleichsweise wenig Investment könnte sehr viel erreicht werden“, so der Appell des Bildungsexperten. Weiters sind aus seiner Sicht notwendig:
- die gesetzliche Festschreibung der Bundeskompetenz für die Erwachsenenbildung,
- die Zuständigkeit des Bildungsministeriums für das lebensbegleitende Lernen,
- die Sicherstellung der nationalen Finanzierung für Bildungsmaßnahmen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme europäischer Mittel sowie
- verwaltungstechnisch und abgabenrechtlich praktikable Rahmenbedingungen für die überwiegend nebenberuflich Lehrenden.
Lebensbegleitendes Lernen muss zu einer Selbstverständlichkeit werden
Die Anliegen der KEBÖ für ein nächstes Regierungsprogramm wurden den Parteien bereits im Sommer 2024 übermittelt. Der KEBÖ-Vorsitzende lobt die unter Bundesminister Martin Polaschek gesetzten Maßnahmen, wie beispielsweise die Valorisierung der Förderverträge mit den KEBÖ-Verbänden, und die zusätzlichen Mittel für die Basisbildung. Es brauche aber, im Blick auf die anstehenden Anforderungen, weitere Schritte. „Lebensbegleitendes Lernen ist in vielen Ländern zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Österreich darf hier den Anschluss nicht verlieren“, unterstreicht Wachter. Es gehe um die notwendigen Skills, aber noch viel mehr um den Zusammenhalt in unserer Demokratie. Auch hier habe der scheidende Bundesminister mit den Maßnahme einer verstärkten Demokratiebildung die richtigen Akzente gesetzt. Das gelte es nun im Blick auf die Lage in unserer Welt und die Simplifizierungen durch die sozialen Medien deutlich mehr zu verstärken und mit gezielten Programmen weiterzuentwickeln.
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