Einsatzfelder und Grenzen von KI in der Bildungsberatung

Welche Anwendungen von KI-Tools können den Berufsalltag von Bildungs- und Berufsberater*innen erleichtern? Wobei können Berater*innen ihre Klient*innen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz unterstützen? Aber vor allem: Wie kann KI mit all ihren Möglichkeiten verantwortungsvoll in der Bildungs- und Berufsberatung eingesetzt werden? Diese drei Fragen standen im Zentrum der Euroguidance Fachtagung 2024, die am 14. November in Wien stattgefunden hat.
„Das Potenzial von Künstlicher Intelligenz in der Bildungs- und Berufsberatung“, so der Titel der Veranstaltung, ist ein Thema, das vielen Berater*innen aktuell unter den Nägeln brennt. Dementsprechend gut gefüllt war der Saal im Kardinal König Haus. Neben viel fachlichem Input zum Thema gelang insbesondere der persönliche Erfahrungsaustausch und das Netzwerken innerhalb der Community der Bildungs- und Berufsberatung.
Die KI als Bildungsberaterin?
KI sei eine wichtige Ergänzung zur persönlichen Beratung, so leitete Gastgeberin Carin Dániel Ramírez-Schiller vom OeAD das Thema der Fachtagung ein. Der Begriff Ergänzung ist dabei wesentlich, das zeigt sich bei sämtlichen folgenden Redner*innen und Diskutant*innen der Fachtagung. Damit wird das gemeinsame Bild gezeichnet: Die KI ist die hilfreiche Assistentin, der*die Beraterin bzw. der Mensch bleibt das essenzielle Gegenüber der Klient*innen im Beratungsprozess.
KI in der Beratung und Beratungsorganisation: Ein Blick in die Praxis
Ist KI bereits in der Bildungs- und Berufsberatung angekommen und wie wird sie in der täglichen Arbeit genutzt? Gemeinsamer Tenor einer Diskussion dazu war, dass KI-Tools den Berufsalltag jedenfalls unterstützen könnten, dafür allerdings Engagement und Ressourcen notwendig sind.
Konkrete Einsatzfelder von KI im Beratungsprozess wurden in den Workshops am Nachmittag vorgestellt. Unter anderem, wie KI bei der Erstanalyse, aber auch beim Erarbeiten von Lösungsmöglichkeiten oder der Erstellung von Bewerbungsunterlagen unterstützen kann.
KI als Türöffner in der Beratung
KI könne ein geeignetes Instrument sein, um Beratung überhaupt zu ermöglichen, erzählt Psychotherapeut Gerhard Hintenberger aus der Praxis. Er habe KI genutzt, um mit der*dem Klient*in ins Gespräch kommen zu können. Die Fragen, die für die*den Klient*in bestimmt waren, hatten sie gemeinsam von der KI beantworten lassen. So sei es ihm gelungen, sich mit seinem Gegenüber auszutauschen, um dann gemeinsam weiterarbeiten zu können.
Auf das „Was“ folgt nun das „Wie“ – es braucht KI-Kompetenz
Mit den KI-Tools sei uns ein neues Spielzeug in die Hand gedrückt worden, so Sonja Karbon von Karbon Consulting, eine der Diskussionsteilnehmerinnen. Die Bandbreite der Akzeptanz und Nutzung dafür sei aktuell groß und reiche von „lieber noch das Faxgerät nutzen“ bis zum Sprung in die ungeahnten digitalen Sphären. Nach dem „Was gibt es“, komme jetzt vor allem das „Wie nutzen wir es“ hinzu. Gemeint ist, neben den möglichen Einsatzfeldern von KI vor allem der kompetente Umgang mit KI-Tools zu lernen. Es gelte die Frage zu stellen "Habe ich die digitalen Devices im Griff oder umgekehrt?"
Der Aufbau von sogenannten KI-Kompetenzen bei Berater*innen, Klient*innen und Institutionen wird zukünftig die große Herausforderung. Dabei geht es weniger um das Bedienen der KI-Tools, sondern darum, Informationen und Ergebnisse kritisch zu hinterfragen, überprüfen und verifizieren zu können - mit dem entsprechenden ethischen Verständnis. Die Notwendigkeit, KI-Kompetenz aufzubauen, wird auch in der europäischen KI-Verordnung, dem AI-Act gefordert.
Wie wollen wir KI in der Beratung nutzen?
Für Christine Bauer-Grechenig von BiBER Salzburg sei die momentan wesentliche Frage: Wie kann mit KI sinnvoll und vor allem verantwortungsvoll umgegangen werden? Aktuell werde KI in ihrer Institution vor allem in der Administration, Informationsaufbereitung und im Wissenstransfer eingesetzt, aber noch nicht für die Beratung selbst. Dafür müssten hinsichtlich der Sensibilität von Beratungsdaten vor allem ethische Herausforderungen und Datenschutz gut mitgedacht und die Nutzung im Team klar festgelegt werden. In einem Interview für EPALE vom Oktober 2024 hat die Bildungsberaterin bereits einen detaillierten Einblick dazu gegeben.
KI funktioniert, aber ist sie auch brauchbar?
Der Schweizer Professor und Berater für Laufbahn- und Persönlichkeitspsychologie Marc Schreiber nutzt KI im Berufsalltag, steht ihr gleichzeitig aber auch mit kritischen Fragen gegenüber. Denn nur weil ein KI-Tool als funktionierend bezeichnet werde, bedeute das nicht, dass es funktioniert, wenn es in der persönlichen Praxis angewendet wird. Die Herausforderung sei vor allem, sich dem Tool anzupassen. Denn das Tool mache immer das Gleiche und kann sich nicht anpassen. Jedenfalls verlange es eine hohe Kompetenz das Ergebnis zu überprüfen und entsprechend zu verifizieren.
Anwendung von KI verlangt einen systematischen Prozess
Das Potential von KI sei groß, so Manuela Vollmann von ABZ*Austria. Um es stemmen zu können, brauche es einen systematischen Prozess, der Wissensmanagement und -transfer ermögliche. Damit gemeint sei: lernt die Organisation, dann lernen die Berater*innen und es lernen die Kund*innen.
Die Euroguidance Fachtagung zum Nachlesen
Sie möchten noch mehr erfahren? Der OeAD stellt die Präsentationsmaterialien Euroguidance Fachtagung 2024 online zur Verfügung.

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