Die Einfache Sprache als Werkzeug für die Erwachsenenbildung

16.05.2024, Text: Birgit Schierhuber, Projekt "BhW barrierefrei" des BhW Niederösterreich, Redaktion: Barbara Gruber-Rotheneder, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
Wer seine Bildungsangebote inklusiv gestalten und viele Menschen erreichen will, muss auf Einfache Sprache setzen. Ein paar Impulse, die die Umsetzung erleichtern.
Einfache Sprache schafft mehr Klarheit und Verständnis für alle.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, © Pathdoc – AdobeStock.com, Einfache Sprache, https://www.bhw-n.eu

Lange Sätze mit vielen Nebensätzen und das Gendern mit Sonderzeichen können einen Text nahezu unleserlich machen. Manche Branchen, so beispielsweise der Bereich der Verwaltung, zeichnen sich dadurch aus, dass komplexe Inhalte vermeintlich in komplizierten Sätzen erklärt werden müssen. Dabei gibt es viele Menschen, denen es dann schwer fällt, die Informationen eines Textes zu verstehen. Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, Menschen mit Demenz oder Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache brauchen alltagsbezogene und weniger komplexe Formulierungen. Darüber hinaus ist mit einfachen Formulierungen der Zugang zu Informationen und Weiterbildungsangeboten und damit die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen - für alle Menschen - gewährleistet.

Einfache Sprache nützt verschiedenen Zielgruppen der Erwachsenenbildung

Beim Verfassen von Texten sollten wir jene Menschen vor Augen haben, die die Einfache Sprache benötigen und die die Sprachniveaus, die darüber hinaus gehen, nicht verstehen können. Menschen mit Lernschwierigkeiten und kognitiven Einschränkungen zählen beispielsweise dazu, denn diese Personengruppe braucht die Einfache Sprache, um Informationen gut zu verarbeiten. Aber auch gehörlose Menschen, die oft die Gebärdensprache als Erstsprache haben, können die Einfache Sprache besser nachvollziehen als die Standardsprache. Darüber hinaus nützt auch Personen mit geringer Schulbildung, schwacher Lesekompetenz oder mit nicht-deutscher Erstsprache die Anwendung der Einfachen Sprache. Die genannten Personengruppen haben dadurch die Möglichkeit, leichter an Informationen heranzukommen, gut informierte Entscheidungen zu treffen und besseren Zugang zu gesellschaftlichen Bereichen zu erhalten. Die Einfache Sprache nützt aber generell allen Menschen, um einfach und unkompliziert zu Informationen zu gelangen.

Einfache Sprache für mehr Reichweite des eigenen Bildungsangebots

Die Einfache Sprache wird meist auch Bürgernahe Sprache genannt. Leichte und verständliche Formulierungen helfen Bildungsanbietern dabei, Informationen und Angebote besser an ihr Zielpublikum zu bringen. Im Bereich der Erwachsenenbildung ist es vor allem wichtig, Bildungsprogramme und Bildungsangebote einfach und klar zu formulieren. Wenn die Angebote durch Einfache Sprache zugänglich sind, leisten Bildungsanbieter einen Beitrag für mehr Inklusion und Barrierefreiheit. Darüber hinaus vermitteln Bildungsanbieter eine niederschwellige und wertschätzende Lernkultur, wenn sie etwa in Fachartikeln, Lernmaterialien oder in der Ausschreibung von Weiterbildungsangeboten auf allzu viele Fremdwörter und komplexe Formulierungen verzichten.

KI kann helfen, Texte in Einfache Sprache zu übersetzen

Will man sich orientieren, wie man am besten in Einfacher Sprache formuliert, bewegt man sich am besten im Bereich des Sprachniveaus B1. Dadurch kann zeitnah, fehlerfrei und eindeutig eine Information von allen Menschen erfasst werden. In Österreich gibt es Institutionen, die Texte in die Einfache Sprache übersetzen können. Zum Beispiel ist capito Österreichs Marktführer im Bereich der barrierefreien Information. Die Organisation bietet auch verschiedene KI-Tools, die automatisch vorhandene Texte in drei Sprachstufen übersetzen können. Das kostenlose Online-KI-Tool Plain von WORTLIGA Tools GmbH kann automatisch Texte in die Einfache Sprache übersetzen. Es verbessert die Rechtschreibung, die Grammatik und den Schreibstil. Einfach und schnell kann man sich hier Anregungen und Vorschläge holen. Aber Achtung: KI ersetzt nicht die Erfahrung und das Wissen eines Profis.

In der Bildung wird gegendert – wie passt das zur Einfachen Sprache?

Barrierefreiheit und Gendern passen auf den ersten Blick nicht zusammen, dennoch sind gerade im Bildungsbereich gendersensible Formulierungen wichtig. Auch lässt sich die Frage, wie barrierefrei gegendert werden kann, nicht so leicht beantworten. Sonderzeichen mitten in den Wörtern machen den Lesefluss holprig und lösen bei Sprachausgabeprogrammen für blinde Menschen oft Verwirrung aus. Doch es gibt Möglichkeiten und Alternativen, wie barrierefrei gegendert werden kann. Regeln oder Gesetze gibt es hierzu nicht, aber das Genderwörterbuch gibt zahlreiche Hilfestellungen und Inspirationen, wie in einer neutralen Form gegendert werden kann.

BhW-Broschüre zur Einfachen Sprache erscheint demnächst

Diese und weitere Empfehlungen werden in einer neuen Broschüre des Projekts BhW barrierefrei gebündelt und demnächst veröffentlicht (Vorbestellungen sind unter barrierefrei@bhw-n.eu möglich). Die Broschüre soll eine Hilfestellung für alle Interessierten sein, sich in dem Thema zurechtzufinden und die Einfache Sprache in eigenen Texten einzubauen. Alle Publikationen des Projekts BhW barrierefrei sowie weitere Informationen zum Projekt sind hier zu finden auf der Website des BhW zum Schwerpunkt Barrierefreiheit zu finden.

Gut zu wissen: Unterschied zwischen Einfacher und Leichter Sprache

Die Einfache Sprache ist die Vereinfachung der deutschen Standardsprache. Das Sprachniveau liegt bei B1. Das heißt, wenn klar und einfach über vertraute Dinge gesprochen oder geschrieben wird, lassen sich sprachliche Barrieren besser überwinden, ähnlich wie es bei der Leichten Sprache gefordert wird. Ziel ist es, Sprache so zu gestalten, dass Menschen Informationen gut verarbeiten und auf dieser Grundlage selbstbestimmte und überlegte Entscheidungen treffen können. Der Fokus bei der Einfachen Sprache liegt bei der Verständlichkeit des Textes, dadurch ist sie unter anderem geprägt von kurzen und einfachen Sätzen mit wenigen Fremdwörtern oder schwierigen Wörtern. Im Gegensatz zur Leichten Sprache gibt es bei der Einfachen Sprache kein Regelwerk, es werden lediglich Empfehlungen gegeben. Damit ist der Einsatz der Einfachen Sprache auch gut umsetzbar.

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