Being green – methodische Einblicke aus der Praxis
Doch ganz im Gegenteil: wie viel Spaß und persönlicher Nutzen entsteht, wenn gemeinsam klimafitte Ideen generiert und Inhalte besprochen, geteilt sowie entwickelt werden, wird am Beispiel eines in Feldkirchen in Kärnten stattgefundenen Englisch-Kurses klar.
"Grüne" Mobilität auf Englisch
"Because she lives at the ass oft he world", beantwortete eine Teilnehmerin nach einer kurzen Nachdenkpause knapp, aber bestimmt die Frage ihres Arbeitsgruppenpartners. Der Klassenraum bebte – das Eis war gebrochen. Ob diese Phrase nun grammatikalisch korrekt oder tatsächlich so von einem Native formuliert werden würde, war im Moment nebensächlich. Rot und aus der Puste vor Lachen krümmten sich ihre Kommiliton:innen. Sie hatte es offenbar auf den Punkt gebracht und fühlte sich durch das zustimmende Kopfnicken der anderen ermuntert, noch zu weiteren Formulierungen auszuholen.
Die Lerngruppe des Englischkurses teilte eine gemeinschaftliche, reale Erfahrung, dass in der Lebenswelt der Menschen am Land gut gemeinte Initiativen wie das Klimaticket aus ihrer Sicht keine wirklich praktikable Option zur Einsparung der Treibhausemmissionen in ruralen Gebieten darstellt. Die Sprachtrainerin wusste die gute Stimmung zu nutzen und ermunterte die Gruppe aktiv auf Englisch zum weiteren Brainstormen: "Welche umweltfreundlichen Alternativen gibt es dennoch, um abseits vom Individualverkehr, von einem Ort A nach B zu kommen?". Vokabeln wie beispielsweise "commuter", "traffic", "carriage" oder "environmental sustainability" fielen. Jene Personen, die ein Vokabel noch nie gehört oder bereits wieder vergessen hatten, konnten aufgrund der Gespräche Verknüpfungen herstellen. Damit dieser Lernprozess gelingen kann, sollten Lehrende - neben ihrer fundierten inhaltlichen sowie fachdidaktischen Kenntnisse in ihrem Fachbereich -, auch das Wissen um bildungspolitisch relevante Vorgänge und Zusammenhänge in der modernen Gesellschaft haben.
Die Vortragende dieses VHS-Kurses trug durch ihr Wissen über Didaktik und den vielfältigen Methodeneinsatz zum gelungenen Lernen bei. Es gelang ihr mit einer heterogenen Gruppe lösungsorientierte Ansätze zu generieren und die Lehr-, Lern-, und Gruppenprozesse gut zu begleiten.
Am täglichen Tun anknüpfen
Weitere Maßnahmen zum Thema Klimaschutz wurden mit weiteren Methoden im Unterricht thematisiert. So bat die Trainerin jeweils zwei Personen ein Tandem zu bilden und für zwei, drei Minuten Phrasen zum Thema "Being green" zu übersetzen und aktiv Fragen an ihr Gegenüber zu formulieren. Die Zusatzherausforderung – sich zuvor keine Notizen zu machen, sondern sofort frei zu sprechen, hat die Trainerin durch ein Arbeitsblatt unterstützt: "Do you know someone who…is a litter bug?....dumps….illegally?...is very green?...brings a basket?" Bei diesen Gruppenübungen stellten die Teilnehmenden zudem erstaunt fest, dass die lukullische Spezialität "Kärntner Kasnudeln", mit dem Trend des fleischlosen Genusses locker mithalten kann und schon seit jeher in den Familien traditionell gelebt wird. Rezepte wurden ausgetauscht. Eine wichtige Zutat dieser Köstlichkeit kam in den Gesprächen oftmals vor: die Kärntner Nudelminze. Gibt es im Englischen diesen Begriff eigentlich? Auch die VHS-Kursleiterin war gefordert!
Teilnehmende und Trainerin haben weitere Infos zum nachhaltigen Leben ausgetauscht – so stellte Gert fest, dass er den Müll trennt, eine Einkaufstasche mitnimmt, das Licht abdreht, wenn das Zimmer verlassen wird und vieles mehr. Diese Vorgehensweise unterstützt den emanzipatorischen Bildungsansatz, welcher an den Kärntner Volkshochschulen gelebt wird: Nicht bloße "Wissensgeber:innen" im eigentlichen Sinn zu sein, sondern in einer angenehmen Lernatmosphäre der Bevölkerung Lust auf Bildung zu machen, sie beim Prozess, Lernen wieder zu lernen, unterstützen, ihre Persönlichkeit und ihr Selbstwertgefühl zu stärken und ihren Horizont zu erweitern.
Kooperationen mit Institutionen zum Thema Nachhaltigkeit
Bei der Frage, wie unsere Bildungseinrichtung unter Berücksichtigung dieses umfassenden Begriffs von Nachhaltigkeit in der Organisation und in der Lehre bestmöglich agieren kann, ist uns Zusammenarbeit, regelmäßiger Austausch und Kooperation mit kompetenten Akteur:innen aus diesem Bereich wichtig. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, gibt es mit BirdLife Österreich bereits seit dem Jahr 2021 eine enge Zusammenarbeit mit den Österreichischen Volkshochschulen. Angeboten werden ganzjährig vier Schnupperkurse für Einsteiger:innen in die Ornithologie. Die Themenpalette spannt den Bogen von "Gartenvögel: was fressen unsere gefiederten Freunde?" bis zu "Wintervögel an Gewässern: Bestimmung von Enten, Gänsen & Co." im Herbst/Winter. Der nächste Kurstermin Anfang Dezember bietet für Interessierte erneut die Gelegenheit mit Benjamin Knes in die Thematik Vogelkunde einzusteigen.
Weitere Synergien zum Thema Nachhaltigkeit ergeben sich im Bezirk beispielsweise mit KEM Feldkirchen und Himmelberg, sowie KLAR! Tiebeltal und Wimitzerberge, wo in Kooperation „Plastikfreie Workshops“ und Durchführung von Kursreihen mit Exkursionen in den Gemeinden vor Ort zu Thematiken wie "Neophyten"angedacht sind.
So wie Nachhaltigkeit im Alltag der VHS und in den Bildungsangeboten verankert ist, bildet das Ermöglichen des Bildungszugangs für alle als Bildungsnahversorger einen zentralen Stellenwert. Die erarbeiteten Inhalte des Grundsatzpapiers des Pädagogischen Ausschusses des VÖV, indem Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) die ökologische, ökonomische und soziale Dimension von Nachhaltigkeit vor Ort verbindet, wird dadurch praktisch gelebt.
Über die Autorin: Martina Mittweg ist VHS-Bezirksstellenkoordinatorin von Feldkirchen und St. Veit/G, Kärntner Volkshochschulen.
Serie und Dossier zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Hochwasser, Waldbrände, Hungersnot – Expert*innen der Klimaforschung warnen vor den Folgen extremer Wettereignisse durch den Klimawandel. Verschiedene politische Strategien wie etwa der UN-Aktionsplan Agenda 2030 versuchen, dieser Herausforderung zu begegnen. Dabei sehen sie auch Bildungsinstitutionen gefordert, Aufklärungsarbeit zu leisten, Diskurse zu ermöglichen und "grüne" Kompetenzen zu fördern. Wo setzt hier die Erwachsenenbildung an? In der Serie "Klima- und Umweltschutzbildung" versammeln wir Beiträge, die sich dieser Frage widmen und Antworten geben.
Was können wir in der Erwachsenenbildung in unserem eigenen Wirkungsbereich noch für den Klimaschutz tun? Tipps und Hintergründe rund um Klimaschutz in der Erwachsenenbildung – unter dem Dach der Nachhaltigkeitsperspektive – finden Sie in unserem Dossier "Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Erwachsenenbildung"!
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