Medien- und Informationskompetenz leicht gemacht
Die Erwachsenenbildung kann und muss einen Beitrag dazu leisten, einen kritischen und reflektierten Umgang mit Medien zu vermitteln. In ihrer Arbeit mit heterogenen Zielgruppen ist insbesondere die Basisbildung mit der Herausforderung konfrontiert, niederschwellige, praxisnahe und lebensweltorientierte Methoden zu finden, um zu einer Sensibilisierung beizutragen und ein selbstbestimmtes Handeln mit Medien zu ermöglichen.
Dieser Herausforderung hat sich die Projektpartnerschaft EXPLORE im Jahr 2022 gestellt. Die langjährige Entwicklungspartnerschaft zwischen Bildungszentrum Salzkammergut (BIS), Freies Radio Salzkammergut (FRS) und COMMIT – Community Medien Institut hat sich zum Ziel gesetzt, innovative Bildungsformate in der Erwachsenenbildung, mit Schwerpunkt Basisbildung, zu entwickeln. In ihrer aktuellen Zusammenarbeit, gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), widmet sie sich der Frage, wie Medien- und Informationskompetenz in die Basisbildung integriert werden kann.
Medien- und Informationskompetenz in der Basisbildung
Innerhalb des Curriculums Basisbildung der Initiative Erwachsenenbildung sind "Digitale Kompetenzen" seit 2019 verankert. Diese beschränken sich jedoch Großteils auf funktionale und technische Nutzungskompetenzen. Der Umgang mit digitalen Medien und den darüber verbreiteten Inhalten in der heutigen Zeit erfordert jedoch besonders auch kritische Reflexionsfähigkeiten. Digitale Kompetenzen dürfen daher nicht isoliert von einem breiteren Verständnis von Medien- und Informationskompetenzen betrachtet werden.
Das UNESCO-Curriculum zu Media and Information Literacy (MIL), "Think critically, click wisely!", aus dem Jahr 2021 bietet hierfür einen hilfreichen Rahmen. Es zielt auf drei Schlüsselkompetenzen im Umgang mit Medien und Information ab: Neben dem Können, d.h. der aktiven Nutzung und Produktion von Medien/-inhalten, geht es auch um Wissen, d.h. einem Verständnis für die Bedingungen und Mechanismen, unter denen Medien operieren und Informationen entstehen, sowie Reflexion, d.h. die Fähigkeit zur Bewertung von Medien und Informationen.
Workshopreihe von Fake News bis Cybermobbing
Aufbauend auf dem MIL-Curriculum hat EXPLORE im Jahr 2022 begonnen, Bildungselemente zu relevanten Themenbereichen im Feld der Medien- und Informationskompetenz für Zielgruppen der Basisbildung zu entwickeln und zu erproben. Wie gefährden Fehlinformationen und Hassrede unsere Demokratie? Was tun gegen Hassrede und Cybermobbing? Welche Bedeutung hat Privatsphäre und wie schütze ich sie im Netz? Diese und weitere Themen wurden im Herbst 2022 in einer Workshopreihe im Bildungszentrum Salzkammergut gemeinsam mit arbeitssuchenden und bildungsbenachteiligten Personen bearbeitet.
Lustvolle Methoden
Die Workshops setzten auf eine durchgehende Verschränkung von Input und praktischen Übungen in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit. Es ging in erster Linie nicht darum, vorgefertigtes Wissen zu vermitteln, sondern im Dialog zwischen Trainer*innen und Teilnehmenden Reflexionsprozesse in Gang zu setzen und Handlungsoptionen für den Alltag aufzuzeigen. Als didaktische Elemente für den Unterricht wurden vom Freien Radio Salzkammergut auch kurze Audiobeiträge produziert, die den Teilnehmenden einen Einblick in die Nachrichtenproduktion im Radio und die Rundfunklandschaft in Österreich gaben.
Gegenseitiges Lernen
Insbesondere die praktischen Übungen haben den Teilnehmenden viel Spaß gemacht und führten zu so manchem Aha-Erlebnis. So sollten sich die Teilnehmenden selbst "googeln" und bekamen dadurch eindrücklich vor Augen geführt, wie viele private Informationen über sie öffentlich zugänglich sind. Umgekehrt zeigte sich, dass die Teilnehmenden selbst bereits viele praktische Erfahrungen mit den Herausforderungen des digitalen Alltags mitbringen. Aus deren Einblicken, etwa zu persönlichen Erfahrungen mit Cybermobbing, konnten auch die Trainer*innen einiges mitnehmen.
An der Lebenswelt der Zielgruppen ansetzen
Die Heterogenität der Zielgruppen mit ihren durchwegs unterschiedlichen Voraussetzungen war für die Trainer*innen durchaus herausfordernd. Je mehr an die konkreten Bedürfnisse und Erfahrungen der Teilnehmenden angeschlossen werden konnte, desto bessere Erfolge wurden erzielt. Mit der Zielgruppe gemeinsam den Nutzen der behandelten Inhalte für ihren Alltag zu erarbeiten, ist daher wichtig. In diesem Zusammenhang haben sich kürzere Einheiten im Sinne kleiner "Lernhäppchen" als effektiver erwiesen als längere Halbtagsformate.
Blick in die Zukunft
Auf diese Erkenntnisse will die Projektpartnerschaft EXPLORE im kommenden Projektjahr aufbauen. Die erprobten Methoden werden weiterentwickelt und neue Bildungselemente und Workshopformate zu Medien- und Informationskompetenz für die Zielgruppen der Basisbildung werden geschaffen. Auch streben die Projektpartner einen Austausch mit anderen Trainer*innen und Akteur*innen in der Basisbildung an, der dazu beitragen kann, Medien- und Informationskompetenz in mehr Angebote der Basisbildung zu integrieren. Zum Transfer der entwickelten Methoden werden Materialien und eine Handreichung für Trainer*innen auf der Projekthomepage von EXPLORE zur Verfügung gestellt.
- Projekthomepage von EXPLORE mit Handreichung für Trainer*innen und Audioinhalten des FRS
- Interview zur Workshopreihe mit Christian Höllwerth, BIS im Freien Radio Salzkammergut
- UNESCO Media and Information Literacy Curriculum 2021
- Magazin erwachsenenbildung.at: Media and Information Literacy und Critical Media Literacy im Vergleich
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