Räume für Verständnis und Solidarität: Projekt "Safe spAces For lEarning"
Das Projekt wird von der Escola Profissional Amar Terra Verde (EPATV) aus Portugal koordiniert, und dem Konsortium gehören fünf weitere Partner an: DAFNI KEK (Griechenland), PATATRAC (Italien), EAEA (Belgien), VHS Wien (Österreich) und ICAE (Serbien). Damit sind Einrichtungen mit ganz unterschiedlichen Profilen (Bildungsanbieter wie auch globale Verbände) vereint, die aus unterschiedlichen Perspektiven an das Thema herangehen. Sie alle teilen die Überzeugung, dass es sichere Räume braucht, um – besonders marginalisierten und/oder vulnerablen Gruppen – eine gleichberechtigte Teilnahme an Erwachsenenbildung zu ermöglichen. Mit dem Projekt soll ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von sicheren Räumen bei Erwachsenenbildner*innen, erwachsenen Lernenden und Erwachsenenbildungsorganisationen gestärkt werden. Damit möchte das Projekt auch auf die Verantwortung der Erwachsenenbildung für das gegenseitige Verständnis und Solidarität aufmerksam machen und selbst dazu beitragen.
Das Verständnis von safe spaces
Die Auseinandersetzung mit safe spaces – die im Projekt sowohl als physische als auch als virtuelle Räume verstanden werden – ist nicht neu. In der internationalen Zusammenarbeit zeigen sich an der Schwierigkeit, safe spaces ins Deutsche zu übertragen ("sichere" Räume oder "geschützte" Räume usw.), die im Begriff liegenden unterschiedlichen Bedeutungsfacetten. Was einen Lernraum zu einem safe space macht, obliegt einerseits den unterschiedlichen Bedürfnissen von Lernenden, und sie werden andererseits von Lehrenden und Institutionen mit-gestaltet, die sie durch Diskursmöglichkeiten und -praktiken mit-verantworten. Ein safe space ist also jedenfalls mehr als ein (Kurs-)Raum.
Im Projekt wurden der Diskussion über safe spaces zwei Annahmen zugrunde gelegt: erstens jene, dass unterschiedliche Gruppen verschiedene Vorstellungen und Bedürfnisse darüber haben, wie ein Lernraum beschaffen sein muss, dass einer als Raum wahrgenommen wird, der Schutz bietet – was bedeutet, dass er möglichst frei von Diskriminierung sein muss. Damit einhergehend war zweitens die Annahme leitend, dass erfolgreiches Lernen nur in Räumen möglich ist, an denen sich Menschen sicher und geschützt fühlen. Viele Ideen und Prinzipien für sichere Räume sind nicht neu, sie wurden im Projekt rezipiert und diskutiert sowie in der ersten durch Befragungen von Lernenden (aus marginalisierten Gruppen) und Lehrenden ergänzt und erweitert. Aus den Recherchen und Diskussionen ist ein Verständnis von safe spaces im Projekt erwachsen als sicheren Raum für Lernaktivitäten, der bestimmte Merkmale aufweisen soll: Er muss allen Beteiligten Möglichkeiten der Teilhabe, des Gesehen- und Gehörtwerdens und der Kommunikation eröffnen. Der "sichere" Raum muss aber nicht essentiell ein "konfliktfreier" sein, sondern vielmehr Dialog (der manchmal auch konfliktreich sein kann) ermöglichen, wofür ein Rahmen von Respekt und gegenseitiger Anerkennung essentiell ist.
Beispiele guter Praxis und ein Leitfaden
Auf der Internetseite des Netzwerks sind bereits ein Guide und ein Bericht mit den Ergebnissen aus Fokusgruppengesprächen mit Lerner*innen und Lehrer*innen verfügbar. Über die Aktivitäten von Erwachsenenbildungseinrichtungen hinausgehend wurden in der ersten Projektphase auch Beispiele für safe spaces gesammelt und auf der Homepage in Form einer visual library zusammengestellt. Dort sind auch Initiativen oder Räume genannt, die nicht primär als Bildungsvorhaben gegründet wurden, aber in denen jedenfalls Lernen stattfindet und von denen wir Erwachsenenbildungseinrichtungen lernen und uns inspirieren lassen können.
Im vergangenen Jahr wurde auf Basis der Vorarbeiten ein Guide ("How to create and maintain a safe space for adult learning") fertiggestellt und veröffentlicht, dem Interessierte verschiedene beachtenswerte Aspekte entnehmen können. Interessant im Entstehungsprozess und in der Projektzusammenarbeit war besonders, dass das Konzept des safe space nicht verallgemeinert werden kann und immer vom individuellen Kontext abhängig ist. Diese Idee eines sicheren Raums als kontextgebundenes Konzept wird im Lernleitfaden weiter verfolgt, der dann auch die Rolle von Institutionen bei der Schaffung sicherer Lernräume, Lernumgebungen als Elemente eines sicheren Raums und Methoden im Zusammenhang mit sicheren Lernräumen erörtert.
Brettspiel geplant: Spielerisch mit safe spaces auseinandersetzen
Aktuell befindet sich das Projekt in der Pilotierungsphase für das Brettspiel, das im Sommer 2023 zur Verfügung stehen soll und jene Aspekte aufgreift, die bereits im Guide benannt werden. Es soll in Gruppen – im Unterrichtskontext, aber auch in anderen Settings – dazu verwendet werden können, vorhandene Vorurteile zu erkennen, zu thematisieren und gemeinsam diskursiv einen safe space zu schaffen. Mit dem Spiel soll damit in Gruppen ein Ausgangspunkt für Aushandlungsprozesse zur Sicherheit des gemeinsamen Lernraums verfügbar gemacht werden und zu einer lustvollen Auseinandersetzung einladen.
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