Bildungsgemeinden in NÖ - Bildungsnahversorgung auf kommunaler Ebene
Um Bildungsangebote vor Ort zu koordinieren und zu vernetzen, wurde in Niederösterreich 2013 die Funktion der Bildungsgemeinderät*innen eingeführt. Seit 2022 gibt es im Bildungswerk Niederösterreich (kurz: BhW NÖ) die Servicestelle der Bildungsgemeinden in NÖ, die die Bildungsgemeinderät*innen unterstützt und die Plattform bildungsangebote.at als anbieterübergreifende Bildungsdatenbank hostet. Die Bündelung dieser beiden Bereiche schafft viele Synergien in der kommunalen Bildungsarbeit und wird daher in diesem Artikel als Praxisbeispiel vorgestellt.
Servicestelle für Bildungsgemeinderät*innen
Seit 2022 gibt es eine eigene Servicestelle für Bildungsgemeinderät*innen (kurz: BGR) im BhW NÖ. Sie stärkt die BGR in ihrer Rolle und unterstützt sie in kommunalen Bildungsfragen und -bedarfen. Unter www.bildungsgemeinden-noe.at, einer eigenen Webseite exklusiv für BGR, finden sich Good-Practice Beispiele aus den Gemeinden, Lernfilme und Weiterbildungsmöglichkeiten für BGR, Bildungsangebote für alle Generationen und Mitteilungen zu Bildungsveranstaltungen. Die Webseite fungiert daher als umfassende Informations- und Wissensdrehscheibe in der kommunalen Bildungsarbeit der Bildungsgemeinderät*innen. Ein jährliches Regionaltreffen der niederösterreichischen BGR zum Kennenlernen und Austauschen rundet das Serviceangebot des BhW NÖ ab. Bei den Regionaltreffen werden inhaltliche Impulse gesetzt, die in der täglichen Beratungstätigkeit von den BGR häufig genannt werden, wie z.B. Angebote im Bereich der Integration oder generationenübergreifende Angebote.
Bildungsgemeinderät*innen sind Gemeinderät*innen mit besonderen Aufgaben
In der Gemeindepolitik Niederösterreichs ist der Aufgabenbereich, den es abzudecken gilt, äußerst breit gefächert. Für Gemeinderatsmitglieder wird es daher immer schwieriger, in allen Bereichen über tiefgehendes Spezialwissen und aktuelle Informationen zu verfügen. Deshalb hat sich die NÖ Landesregierung 2013 dazu entschieden, einzelne Mitglieder des Gemeinderates mit besonderen Schwerpunkten zu betrauen. Man einigte sich auf drei verpflichtende Bereiche: Bildung, Jugend und Umwelt (§ 30 der NÖ Gemeindeordnung). Damit tragen die Bildungsgemeinderäte*innen auf kommunaler Ebene wesentlich zur Mitgestaltung des Lebenslangen Lernens bei. Sie erstatten dem Gemeinderat Bericht und geben den zuständigen Gemeindeorganen Empfehlungen für den Bildungsbereich. Sie fungieren in ihrem Aufgabenbereich als Vernetzer*innen zwischen Bildungsinteressierten und Bildungsanbieter*innen im Gemeindegebiet und ermöglichen Bildungsangebote für alle Generationen. Durch ihre Berichte und Maßnahmenempfehlungen sorgen sie dafür, dass die wichtigen und notwendigen Bildungsthemen im Gemeinderat aufgegriffen werden und sich regelmäßig auf der Agenda des Gemeinderates finden.
Bildungsgemeinderät*innen vernetzen Angebote für alle Altersgruppen
Bildungsgemeinderät*innen haben die Aufgabe, Bildung ganzheitlich in den Blick zu nehmen und Angebote für alle Altersgruppen, vom Kindergarten- bis ins Erwachsenenalter, zu vernetzen und zu koordinieren. Sie engagieren sich im Bereich der Erwachsenenbildung zu unterschiedlichen Bildungs- und Querschnittsthemen der allgemeinen Erwachsenenbildung und laden Bildungsanbieter*innen in ihrer Gemeinde dazu ein, Vorträge und Veranstaltungen umzusetzen. Einige BGR gestalten auch selbst Bildungsangebote in ihren Gemeinden: Sie organisieren Generationenprojekte wie beispielsweise Muttertagsfeiern, sie gestalten die Gemeindebücherei mit, begleiten Bildungsausflüge wie beispielsweise Theaterfahrten und unterstützen Schul- und Kindergartenveranstaltungen sowie Kinderferienspiele in den Sommerferien. Da sie inmitten der Menschen sind, sind sie Ansprechpartner*innen zu allen Fragen der Bildung. Bildungswünsche und -bedarfe sind ihnen durch persönliche Gespräche mit Gemeindebürger*innen sehr gut bekannt. Allfällige Bedarfe melden die BGR dem Gemeindevorstand, damit dieses Gremium Zukunftspläne schmieden und einen Beitrag zur Weiterbildungsbeteiligung und zum Lebenslangen Lernen der Gemeindebevölkerung leisten kann.
Lebensbegleitendes Lernen erfordert einfachen Zugang zu Bildungsangeboten
Ziele der Strategie des Lebensbegleitenden Lernens sind unter anderem eine Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung der Bevölkerung, sowohl an nicht-formaler Weiterbildung (Lehrgänge, Seminare, Workshops, Kurse) als auch an formaler Weiterbildung für bereits im Erwerbsleben stehende Personen, wie das Nachholen von Bildungsabschlüssen (Pflichtschulabschluss, Lehrabschluss und Berufsreifeprüfung) (LLL:2020, 2011). Um diese Ziele zu erreichen, ist ein niedrigschwelliger Zugang zu Bildungsinformationen und bestimmten Qualitätsstandards entsprechenden Weiterbildungsangeboten erforderlich. Diesen niederschwelligen Zugang unterstützt die NÖ Bildungsdatenbank www.bildungsangebote.at, die – neben anderen Akteur*innen – auch den Bildungsgemeinderät*innen als wichtige Angebotsdrehscheibe zur Verfügung steht.
Sichtbarmachung von Bildungsangeboten
In der NÖ Bildungsdatenbank ist ein breites Angebot an Weiterbildungen, Kursen, Lehrgängen, Workshops und Webinaren in den Kategorien Allgemeinbildung, Beruf und Technik, Leben und Gesundheit, Kultur und Kreativität, Sprachen und Zweiter Bildungsweg zu finden. Die Datenbank ist eine offene Plattform für Bildungsanbieter*innen (sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen), deren Arbeits- und Angebotsschwerpunkt in Niederösterreich liegt. Bildungssuchende können über verschiedene Suchoptionen das Weiterbildungsangebot durchforsten und über diese auch Angebote in ihrem Wohnort und über die Suchoption "Umkreis in km" in ihrer Nähe finden. Die Bildungsanbieter*innen stimmen der Einhaltung von Qualitätsrichtlinien zu und können ihre Qualitätszertifikate in ihrem Angebot darstellen, sodass Bildungssuchende Orientierung über die Förderungswürdigkeit für Kurse erhalten. Auf der Datenbank sind sowohl Informationen zu Bildungsförderungen in Niederösterreich als auch zu Beratungsangeboten der Bildungsberatung Niederösterreich zugänglich.
Direkter Zugriff zu Bildungsinformationen über die Gemeindehomepage
Die NÖ Bildungsdatenbank lässt sich als Plug-In in Gemeinde- und andere Homepages (LEADER-Regionen, NÖ Kompetenzatlas) integrieren, was bedeutet, dass die Seite innerhalb anderer Webseiten in einem eigenen I-Frame erscheint. Dies ermöglicht insbesondere einen direkten Zugriff auf Bildungsinformationen und -angebote auf der Gemeindehomepage. Eine mögliche Verknüpfung mit dem Veranstaltungskalender der Gemeinde bringt die Bildungsangebote noch mehr ins Bewusstsein der Bürger*innen.
Stärkung der lokalen Zusammenarbeit über die NÖ Bildungsdatenbank
Über die Datenbank bietet sich die Möglichkeit der Vernetzung der lokalen Bildungsakteur*innen wie Bildungsanbieter*innen, Bildungsgemeinderät*innen, Bildungsbeauftragte, ehrenamtliche Bildungswerkmitarbeiter*innen und Bildungsinteressierte. Alle können ihre Angebote auf der Plattform darstellen, und die Bildungsgemeinderät*innen können sowohl Bildungsanbieter*innen als auch Bildungssuchende in ihrer Gemeinde mittels Datenbank über das Angebot informieren. Bildungsinteressierte und die Bürger*innen können ihrerseits Bildungsbedarfe rückmelden. Die Plug-In Version der NÖ Bildungsdatenbank ermöglicht so eine Zusammenarbeit lokaler Bildungsakteur*innen. Auf das Prinzip der lokalen Zusammenarbeit auf Basis eines Bottom-up-Ansatzes, d.h. der Mitgestaltung lokaler Akteur*innen an Projekten, setzt auch das LEADER-Projekt der EU zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes (ENRD – Network for Rural Development). Die NÖ Bildungsdatenbank ist als Plug-In Version auf einigen Seiten niederösterreichischer LEADER-Regionen integriert, z.B. Weinviertel-Manhartsberg, Weinviertel Donauraum, und serviciert diese auch mit Daten aus der Bildungsdatenbank zur Erstellung lokaler Bildungskalender.
Über die Autorinnen: Marlene Waxenegger ist Leiterin für das Projekt Bildungsgemeinderät*innen im BhW NÖ. Rosemarie Peer ist Leiterin des Projekts NÖ Bildungsdatenbank im BhW NÖ.
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