Klimaschutzbildung: Umgang mit Angst, Ohnmacht und Widerstand
Abbildung: Aussagen der österreichischen Bevölkerung zum Klimawandel (siehe Integral 2020, S. 10)
Für Klimaschutzbildungsangebote ist es wichtig zu berücksichtigen, dass laut der Studie die Mehrheit der Befragten die aktuelle Lage als beängstigend empfindet (siehe Abbildung oben). Bei der didaktischen Planung und Umsetzung von Klimaschutzbildung sollte diese emotionale Aufladung der Thematik daher berücksichtigt werden. Auch in der Initiative Klimaschutz in der Erwachsenenbildung zeigte sich, dass TrainerInnen vorbereitet sein sollten, mit den damit verbundenen negativen Gefühlen umzugehen. Um die Inhalte, die negative Gefühle auslösen, konstruktiv bearbeiten zu können, helfen folgende drei Schritte:
1. Schritt: Gefühle bearbeiten
Wenn Inhalte von Bildungsveranstaltungen in hohem Maße emotional besetzt sind, ist es ratsam, diesen Gefühlen gleich am Beginn der Veranstaltung Platz zu geben. Dazu geeignet sind Austauschrunden in Triaden (Dreier-Gruppen), die ausreichend Vertraulichkeit bieten, um auch Persönliches zu besprechen. Hilfreich dafür sind Arbeitsfragen wie "Was geht mir durch den Kopf, wenn ich Klimawandel höre?". Diese Frage ist ausreichend offen, um vielfältige Gedanken und Emotionen abzuholen und bietet gleichzeitig Gelegenheit, um auch Skepsis oder Ärger ("Momentan haben wir echt größere Sorgen.") auszudrücken.
Sollten in weiterer Folge auch in Arbeitsphasen, wo vorhandenes Wissen ausgetauscht oder neue Inhalte bearbeitet werden, wieder negative Gefühle auftreten, kann eine kurze Zwischenfrage der TrainerInnen wie etwa "Wie geht es Ihnen, wenn Sie sich das bisher Erarbeitete ansehen?" sinnvoll sein, um immer wieder abzusichern, dass die mit dem Thema verbundenen Emotionen nicht den weiteren Lernprozess behindern.
2. Schritt: Handlungsfähigkeit stärken
In einem zweiten Schritt geht es darum, bei den Teilnehmenden das Gefühl von Handlungsfähigkeit zu stärken, was über lösungs- und ressourcenorientierte Arbeitsfragen gut möglich ist: So können in Kleingruppen die Anliegen zum Thema Klimawandel gesammelt werden oder es können vorgegebene Themenangebote nach Interesse priorisiert werden. Wenn relevante Themenschwerpunkte erarbeitet wurden, kann mit der Arbeitsfrage "Was ist zu diesem Aspekt bereits gelungen?" der Blick auf Handlungsmöglichkeiten und bestehende Ressourcen gelenkt werden. Solche Frageformen dienen dem Empowerment der Teilnehmenden und lenken die Aufmerksamkeit hin zu bereits bestehenden Lösungsansätzen.
Bei Themen wie Klimaschutzbildung ist nicht nur das individuelle Handeln, sondern auch die Stärkung der politischen Handlungsfähigkeit relevant. So zeigt eine deutsche Befragung von 14-24-jährigen Jugendlichen (SINUS Institut 2019), dass die Befragten die Verantwortung für Klimaschutz v.a. bei Politik und Unternehmen sehen, diesen aber gleichzeitig sehr wenig Vertrauen entgegenbringen. Vor diesem Hintergrund sollten die Teilnehmenden jedenfalls auch dabei begleitet werden, Ansatzpunkte für Vertrauen zu finden, politische Prozesse einzuüben, damit verbundene Befürchtungen und Frustrationserlebnisse ausgetauscht werden können und nicht zuletzt um Umgangsweisen damit zu erlernen.
3. Schritt: Wissen vermitteln und Transfer sichern
Die Kunst einer gelungenen Wissensvermittlung liegt im dritten Schritt darin, die von den Teilnehmenden vorgebrachten Anliegen mit relevanten Inhalten zu verknüpfen und so zu ergänzen, dass die Personen in ihren eigenen Interessenbereichen handlungsfähiger werden. Viele TeilnehmerInnen haben persönliche Interessen wie klimafreundliches Einkaufen, neue Formen der Energieerzeugung oder umweltfreundliche Mobilität. Im Projekt Klimaschutz in der Erwachsenenbildung werden relevante Fakten zu diesen persönlichen Interessen mit unterschiedlichen Lernmethoden eingebunden. So erfahren beispielsweise TeilnehmerInnen durch selbstständiges Messen und Berechnen von Energieverbräuchen wie Energieeffizienz funktioniert.
Umgang mit Widerstand und Fallstricke für TrainerInnen
In Situationen, in denen vermitteltes Wissen nicht auf Konsens stößt, erweist es sich in der Regel als kontraproduktiv, durch weitere Fakten von der Korrektheit der Informationen überzeugen zu wollen. Oft wird damit erst recht Widerstand erzeugt. Um als TrainerIn nicht selbst Widerstände, Ohnmacht oder möglicherweise zu viel an Betroffenheit zu erzeugen, können zwei häufig beobachtbare Fehler vermieden werden:
Wer bei einem Thema wie Klimaschutzbildung sehr normativ vorgeht - also den Teilnehmenden vor allem vermittelt, was sie tun müssten, was vorgeschrieben ist oder was dringend notwendig sei - baut dadurch Druck auf, der oftmals Ohnmachtsgefühle oder Widerstand hervorruft.
Gleiches kann auch passieren, wenn TrainerInnen vom eigenen Thema selbst so begeistert sind, dass sie Vorbehalten und Ängsten durch ein Mehr an sachlichen Argumenten begegnen. Solange jedoch Gefühle nicht ausreichend beachtet wurden, sind Teilnehmende weniger aufnahmefähig für Fakten. Außerdem führt der Wunsch, überzeugen zu wollen, manchmal auch zu Machtkämpfen zwischen TrainerIn und Teilnehmenden, in denen es dann vorrangig darum geht, "wer Recht hat", anstatt darum, die Lernprozesse der Gruppe gut zu leiten.
Weniger Fakten vermitteln, mehr Lernprozesse moderieren
Wenn in Bildungsveranstaltungen also Inhalte vermittelt werden, die starke Emotionen auslösen, ist ausreichend Zeit und Aufmerksamkeit für die Bearbeitung der damit verbundenen Gefühle zielführend. Weiters ist die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Teilnehmenden wesentlich. Die Systematisierung und Bewertung von vorhandenem Wissen und die Ergänzung durch wenige, relevante Fakten ist oftmals hilfreicher als viel neues Wissen zu erhalten.