BasisbildnerInnen diskutieren Bedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten
Basisbildung als Beruf
Der Bedarf nach ihnen im Rahmen der Initiative Erwachsenenbildung ist hoch. In der Flüchtlingsarbeit sind sie stark vertreten. Der Ruf nach qualifizierten BasisbildnerInnen hallt laut.
Die Basisbildungsarbeit in Österreich wird zurzeit zu über 90% von Frauen ausgeübt, die zumeist hoch qualifiziert sind, sich aber in einem Feld mit atypischer Beschäftigung und kontinuierlichen Weiterbildungsanforderungen bewegen. Durch den erhöhten Bedarf an ehrenamtlichen MitarbeiterInnen in der Flüchtlingsbetreuung, die sich im Bereich DaZ/Alphabetisierung engagieren, hat das Arbeitsfeld Basisbildung im vergangenen Jahr einen großen Zustrom durch QuereinsteigerInnen, aber auch PädagogInnen erfahren.
Lehrende, TrainerInnen und BegleiterInnen, die sich der Anforderungen, die kompetenter Unterricht im Bereich der Basisbildung mit Erwachsenen bedeutet, gewahr werden und auf der Suche nach Qualifizierungsangeboten sind, die sie zu einem professionellen Agieren in Unterrichtssituationen befähigen. Professionalisierung wird hier – wie häufig in der Erwachsenenbildung – vor allem als Aus- und Weiterbildung verstanden, doch unterstützende Professionsstrukturen im großen Stil fehlen. Für BasisbildnerInnen selbst hat das massive Konsequenzen. Sie sind jedoch im Alltagsgeschäft meist hoch engagiert und haben kaum Gelegenheit, die Situation zu reflektieren.
Ein Problem der gesamten Erwachsenenbildung?
Die Erwachsenenbildung als solche wird als semiprofessionelles Feld gesehen. Die Fachliteratur begründet das mit ihrem Facettenreichtum hinsichtlich Einsatzfeldern, Inhalten, Ausgangsberufen und Arbeitsformen. Im europäischen Diskurs wird die Harmonisierung entlang von Kompetenzkatalogen als Schritt zur Professionalisierung empfohlen. Regional dagegen scheint es oft wichtiger, die Heterogenität zu sichern. Eines ist jedoch klar: ohne gemeinsame Identität der ErwachsenenbildnerInnen ist auch eine gemeinsame Stimme in eigenen Angelegenheiten schwer denkbar – und ohne diese wird es eine attraktive Profession langfristig nicht geben können.
Die besonderen Chancen der BasisbildnerInnen
Ein Spannungsfeld zwischen Vielfalt und Gemeinsamkeit ist auch in der Basisbildung gegeben. Die Initiative Erwachsenenbildung als gemeinsames Förder- und Akkreditierungsprogramm lässt zweifellos die Gemeinsamkeiten hervortreten. BasisbildnerInnen haben nun nicht nur ähnliche Tätigkeiten und Zielgruppen, sondern auch ähnliche fachspezifische Ausbildungen und Berufsperspektiven. Sie sind eine weniger heterogene Gruppe als früher – ein „Berufsbild BasisbildnerIn“ zeichnet sich ab. Damit bieten sich neue Chancen für eine gemeinsame, reflexive Gestaltung.
Kontext und Hintergründe der Basisbildung – neu interpretiert
Die aktuell gültige Aus- und Weiterbildungsvorgabe für BasisbildnerInnen sieht explizit vor, Kontext und Hintergründe von Basisbildung sowie die damit verbundenen Machtverhältnisse zu thematisieren. Bislang hat noch kaum eine Aus- oder Weiterbildung diese Aufforderung auf den Beruf selbst bezogen. Dabei gehören die Hintergründe des Berufs BasisbildnerIn eindeutig zum Kontext der Basisbildung, und eine Reflexion der eigenen Arbeit ist nur vollständig, wenn sie auch den eigenen Beruf als solchen umfasst.
Das Netzwerk MIKA nimmt nun zusammen mit dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung dazu eine neue Perspektive ein, wobei das Frauenservice Graz – seit jeher für gute Arbeitsbedingungen in Frauenberufen engagiert – dafür den Anstoß gab:
Die reflexive Auseinandersetzung mit dem „Beruf BasisbildnerIn“ gehört mit zum Kontext der Basisbildung und soll zur guten Arbeit in diesem Feld beitragen. Ein zweitägiger Workshop am bifeb im September lädt BasisbildnerInnen aus Praxis und Ausbildung dazu ein, hier genauer hinzuschauen und sich einzubringen.
Leitfragen als Entwicklungsimpulse
Beim Workshop im September am bifeb stehen Impulse aus Literatur und Praxis am Anfang. Folgende Fragen leiten die weitere gemeinsame Arbeit: Wo steht der „Beruf Basisbildung“ zurzeit? Was sind die konkreten Voraussetzungen für gutes Arbeiten in der Basisbildung? Gibt es dazu gemeinsame Wünsche, auch struktureller Natur? Welche Grundsätze können BasisbildnerInnen daraus ableiten, die auch für Anbietereinrichtungen richtungsweisend sein könnten?
Diese Fragen werden nicht nur mit einer beschreibend-diagnostischen Absicht gestellt, sondern auch aus einer kritisch-emanzipatorischen Perspektive. Basisbildung soll dabei (der zunehmenden Hauptberuflichkeit der TrainerInnen entsprechend) bewusst als Profession verstanden und als solche diskutiert und weiter entwickelt werden. Dazu gehört nicht nur ein grundlegendes Wissen um die eigene Beruflichkeit, sondern auch ein Stück Selbstermächtigung.
Reflexion ist nicht das Ende: ein Praxispapier als Ziel
Beim Workshop bildet gemeinsames Reflektieren die Basis, und Mitgestaltung der Praxis ist ein Ziel. Gemeinsam sollen Schritte erarbeitet werden, die zu einer „stärkeren Profession Basisbildung“ beitragen und die Berufsgruppe als solche deutlicher sichtbar machen können. Als Ergebnis soll ein gemeinsames Papier entstehen, das den „Beruf Basisbildung“ in Form einer Leitlinie konkretisiert und eine verändernde Wirkung im Feld haben kann.
Das bifeb als Reflexionsort
Den eigenen Beruf aus eine gewissen Distanz und Metaperspektive zu reflektieren ist an einem Veranstaltungsort wie dem bifeb möglich wie an kaum einem anderen Ort. Fern vom Arbeitsalltag gelegen, ist das Haus als Ort der Reflexion und Vernetzung bekannt.
Der Workshop von 26.-27.9. 2016 kann als einzelne Weiterbildung besucht werden und ist im Rahmen der Initiative Erwachsenenbildung als solche anrechenbar. Zugleich ist der Workshop Auftakt einer geplanten Veranstaltungsreihe, die auf eine gemeinsame Erarbeitung von Leitlinien und Lösungen abzielt und bei Bedarf später durch Rufseminare an anderen Veranstaltungsorten unterstützt wird.
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