Rund um die Kunst: Fortbildung Kirchenpflege der Diözese Linz
Die größte „Kunstsammlung“ unseres Landes befindet sich nicht an einem gut gesicherten Ort, sondern ist über das ganze Land verstreut: Es handelt sich um das kirchliche Kulturgut in Pfarren und Klöstern. Dazu zählen nicht nur die großartigen Ausstattungen aller Epochen, die in den Kirchenräumen jederzeit zugänglich sind, sondern darüber hinaus verbergen sich - in Sakristeien, Depots und Pfarrhöfen - noch zahlreiche oft unbeachtete Objekte von künstlerischem oder historischem Wert. Die Gattungen sind dabei breit gefächert und umfassen z.B. sakrale Textilien, Reliquiare, Grabsteine und vieles mehr, aber genauso Artefakte aus Volkskunst und religiösem Brauchtum, sowie technische Objekte, etwa historische Uhrwerke.
Umfangreicher Bestand
Nirgendwo sonst ist der von der Denkmalpflege so genannte „gewachsene Zustand“ so deutlich ablesbar wie in den über Jahrhunderte gepflegten und immer wieder adaptierten Kirchenräumen. Die kirchlichen Kunstgüter sind Zeugnisse der Frömmigkeit unserer Vorfahren, aber auch Ausdruck von wechselndem Zeitgeschmack oder geänderter theologischer Auffassung. So ist die zeitgenössische Altarraumgestaltung von 2014 genauso Bestandteil dieses Konglomerats wie die gotische Monstranz. Unseren Respekt haben alle Objekte verdient - sie sind das kulturelle Erbe, das uns überantwortet wurde, um es auch für künftige Generationen zu bewahren.
Kunst als Teil unseres Lebens
Viele der Objekte haben Museumsqualität, sie sind allerdings nicht zum Dasein in Vitrinen verbannt. Zwar werden manche nicht mehr verwendeten Gegenstände in Depots gelagert, ein großer Teil des kirchlichen Kunstguts ist jedoch zumindest temporär noch in liturgischem Gebrauch, wie z.B. der Auferstandene, der zu Ostern aufgestellt wird. Diese Stücke sind nicht „nur“ Kunstwerk, sondern sie transportieren eine Botschaft, sie sind Zeichen der Verkündigung.
Schwierige Erhaltung
Genau darin liegt die besondere Qualität und Würde dieser Objekte, dass sie Teil unseres Lebens sind. Gleichzeitig ist dies aber auch die große Herausforderung: von optimierten Bedingungen wie im musealen Umfeld kann keine Rede sein. Verschmutzung, Abnützung, Klimaschwankungen und Sicherheitsrisiken sind mitunter Begleiterscheinungen dieser Situation. Resultat sind oft unterschiedlichste Schadensbilder. Restauratorische Ansprüche und die weiterhin gewährleistete Benutzbarkeit müssen oft Kompromisse eingehen. Ein fachgerechter Umgang im liturgischen Alltag ist also notwendig, um Schäden und letztendlich hohe Folgekosten zu vermeiden.
Fortbildung Kirchenpflege
Die Bewahrung des kirchlichen Kunstguts stellt somit eine äußerst umfangreiche und verantwortungsvolle Aufgabe dar, wobei die täglichen Handgriffe von den Menschen vor Ort geleistet werden müssen. Um all den damit verbundenen Herausforderungen gewachsen zu sein, bietet das Kunstreferat der Diözese Linz die Fortbildung Kirchenpflege an. In vier Wochenendmodulen werden fachspezifische Kenntnisse vermittelt und Kontakte zu zahlreichen Fachleuten ermöglicht. Dabei wird großer Wert darauf gelegt, das Gelernte auf Exkursionen bzw. mit anschaulichen Beispielen erleb- und begreifbar zu machen.
Zielpublikum
Der Kurs wendet sich nicht nur an Mesner/innen und Pfarrmitarbeiter/innen, sondern genauso an private Sammler/innen oder interessierte Laien/Laiinnen, denen die Erhaltung des kulturellen Erbes ein Anliegen ist. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, einzige Voraussetzung ist Begeisterung.
Rund um die Kunst
Zu Beginn lernen die Teilnehmer/innen diözesane Stellen kennen, wobei u.a. rechtliche Fragen, Archiv, Verwaltung und Sicherheit thematisiert werden. Weitere Schwerpunkte sind Kunstgeschichte, Denkmalpflege, Orgeln und Glocken.
Zeitgenössische Kunst, Baumanagement und Fragen der Liturgie stehen im Zentrum des zweiten Moduls. Exkursionen zu zeitgenössischen Altarraumgestaltungen ermöglichen hierbei die Begegnung mit Pfarrverantwortlichen und Künstler/innen, die aus erster Hand vom Schaffensprozess und der Entscheidungsfindung berichten.
Bei einer eintägigen Fahrt nach Wien ist der Besuch der Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes ein Fixpunkt. Weiters werden mit wechselndem Programm Orte vorgestellt, die mit einer Spezialführung erschlossen werden und ansonsten oft nicht öffentlich zugänglich sind.
Das letzte Kursmodul schließlich widmet sich ausführlich der Restaurierung. Fachleute aus den Bereichen Textil, Glas, Skulptur, Stein, Wand und Metall berichten von ihrer Tätigkeit. Ihre praktischen Tipps zu richtiger Lagerung, Handhabung und Pflege bieten ganz konkrete Unterstützung im täglichen Umgang mit Kunstgut.
Praxis
Darüber hinaus werden zusätzlich fakultative „Praxistage“ angeboten, die ein spezielles Thema in den Mittelpunkt stellen und dieses mit Fachleuten und Übungen vertiefend behandeln. Dabei können die Teilnehmer/innen den Experten und Expertinnen bei ihren Tätigkeiten über die Schulter schauen und mitunter selbst Hand anlegen. Von den wechselnden Inhalten seien z.B. Paramentik, Holz, Friedhof, Inschriften oder Gold und Eisen erwähnt.
Investition in die Zukunft
Seit 1997 existiert die in Europa einzigartige Fortbildung Kirchenpflege der Diözese Linz. Bisher konnten mehr als 250 Absolvent/innen den Kurs mit einem Zertifikat abschließen, darunter auch Teilnehmer/innen aus anderen Bundesländern. Kirchenpfleger/innen können durch ihren geschulten Blick und ein geschärftes Bewusstsein frühzeitig Probleme erkennen und z.B. andere Pfarrmitarbeiter/innen im Umgang mit Kunstgegenständen sensibilisieren. Sie verfügen über die nötigen Kontakte für fachliche Hilfe. Mit ihrer Tätigkeit heben die Kirchenpfleger/innen nicht nur die Wertschätzung für Kunstgut in ihrer Umgebung, sondern letztendlich leisten sie auch einen wichtigen Beitrag zur Vermögenssicherung.
Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln. Alle Beiträge zur Serie finden Sie hier.
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