#ebcamp22 – Ist hybrid noch aktuell?

14.07.2022, Text: Bianca Baumgartner, ARGE Bildungshäuser Österreich
Von 19. bis 20. Mai 2022 fand das Barcamp zur Digitalisierung in der Erwachsenenbildung #ebcamp22 statt. Zum ersten Mal seit zwei Jahren sollte es wieder in hybrider Form stattfinden – eigentlich.
Collage: Online-Teilnehmende am #ebcamp
Die Teilnehmenden des #ebcamp22 freuten sich über den regen Austausch mit Kolleg:innen.
Foto: CC BY, David Röthler, Gaby Filzmoser, Bianca Baumgartner, https://www.arge-bildungshaeuser.at
Wie bei seiner Entstehung im Jahr 2018 vorgesehen, sollte das diesjährige #ebcamp wieder in hybrider Form stattfinden. Daraus wurde nichts. Die Anmeldungen zeigten eine eindeutige Präferenz zur Online-Teilnahme. Das Organisationsteam entschied sich daher, das Barcamp erneut rein online abzuhalten. Ist das Hybridformat noch aktuell? Und welchen Mehrwert müssen Präsenzveranstaltungen bieten, um weiterhin attraktiv zu sein?

Von Hybrid zu Online – und zurück?

Vorweg soll an dieser Stelle erwähnt werden: Mit jeweils 40-50 Teilnehmenden an beiden Tagen war das #ebcamp22, eine gemeinsame Veranstaltung der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich (KEBÖ) und des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung (bifeb), wieder ein voller Erfolg. Das Bedürfnis nach Austausch zum Thema "Digitalisierung in der Erwachsenenbildung" ist ungebrochen. In insgesamt 17 Sessions wurde zu Themen wie "Die schlimmsten Erfahrungen mit Online-Bildung", "Innovative Methoden in der Erwachsenenbildung mit Virtual und Augmented Reality" und "Selbstlernkompetenzen von Lernenden fördern" diskutiert. 
Die Teilnehmenden schätzen am #ebcamp vor allem das Zusammentreffen mit internationalen Kolleg:innen. So durfte das Organisationsteam, bestehend aus Gaby Filzmoser und Bianca Baumgartner von der ARGE Bildungshäuser Österreich sowie David Röthler von MiLeNu, zirka 50 % deutsche Gäste willkommen heißen. Ein besonders schönes Zeichen für die Beliebtheit des Barcamps war die große Zahl bekannter Gesichter aus vergangenen #ebcamps, die auch heuer wieder dabei waren.

 

Die Internationalisierung verdankt das #ebcamp der weltweiten Situation der vergangenen zwei Jahre. Hat es 2018, damals das erste Mal überhaupt, als Hybridveranstaltung mit 50 Präsenzteilnehmenden am bifeb stattgefunden, mussten die folgenden Auflagen 2020 und 2021 situationsbedingt rein online stattfinden. Speziell im Jahr 2020 wurde das #ebcamp über die Grenzen Österreichs hinweg bekannt. Mit einem Thema, das aktueller kaum hätte sein können, meldeten sich knapp 160 Personen aus fünf Ländern für das Onlineformat an – Rekord! Damals für alle Beteiligten, inklusive des Organisationsteams, noch ein Experiment. 2021 lief es anschließend schon nahezu routiniert ab. Schnell war klar: Barcamps funktionieren auch online gut. Sehr gut sogar. 

 

Trotzdem sollte 2022 wieder das ursprüngliche Konzept der Hybridveranstaltung am bifeb verfolgt werden. Der Durst nach einer Präsenzteilnahme, noch dazu umrahmt vom malerischen Ambiente des Salzkammerguts, müsse unter den Interessierten bestimmt groß sein, so die Annahme. Dem war nicht so. Mit ca. 94 % Anmeldungen zur Online-Teilnahme wurde das #ebcamp-Team eines Besseren belehrt. Die Bedürfnisse der Barcamper:innen hatten sich offensichtlich geändert. Kurzfristig wurde das #ebcamp erneut in ein reines Onlineformat umgemünzt – darin hatte man ja mittlerweile Übung.
Doch was hatte sich verändert? Wieso entschieden sich 2018 noch 50 Personen für eine Präsenzteilnahme und jetzt nicht mehr?

Mögliche Gründe für die Online-Präferenz

Der Vorteil eines Barcamps ist seine Flexibilität. Kurzerhand entschied sich Teammitglied David Röthler daher eine Session zum Thema "Attraktivierung von Vorort-Veranstaltungen – was kann man tun?"  anzubieten. So wollte man dem Mysterium der Online-Präferenz auf den Grund gehen. Die Erkenntnisse waren vielfältig:

 

Der wahrscheinlich ausschlaggebendste Grund: Barcamps funktionieren online außerordentlich gut. Der Fokus bei diesem Format liegt eindeutig auf den Inhalten. Und die lassen sich online mindestens genauso gut besprechen, wie in einem analogen Seminarraum. Die sogenannte "Fear of missing out", also die Angst, etwas zu versäumen, wenn man nicht vor Ort ist, scheint nicht vorhanden zu sein.

 

Hinzu kommt der generelle Anstieg an Online-Kompetenz in den letzten beiden Jahren, nicht nur in der Bildungslandschaft, sondern in der Gesellschaft an sich. Die Lernkurve war hier in allen Berufs- und Altersklassen enorm. Was früher eine Hürde war, ist jetzt normal. Entsprechend ist das Angebot von Hybrid- und Onlineveranstaltungen heute unvergleichlich größer als vor 2020. Es gehört mittlerweile zum Standard vieler Bildungseinrichtungen. Das wiederum erlaubt es Teilnehmenden insgesamt mehr Veranstaltungen zu besuchen.

 

Als Folge all dieser Entwicklungen ist die Internationalisierung der Teilnehmenden ebenfalls ausschlaggebend. Waren 2018 nur vereinzelt internationale Gäste anwesend, stammt mittlerweile zirka die Hälfte der #ebcamp-Teilnehmenden aus anderen Ländern. Für sie sind An- und Abreise mit einem beachtlichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Die Wahl der Online-Teilnahme ist entsprechend naheliegend. 

 

Erwähnt wurde außerdem, dass Hybrid-Settings teilweise als unangenehm empfunden werden, da sie die Gruppenatmosphäre stören. Man wolle entweder ein reines Präsenzformat oder eine reines Onlineformat. Letzten Endes spielt vielleicht auch eine gewisse Unverbindlichkeit mit, die kostenlose Onlineveranstaltungen mit sich bringen.

Präsenz wieder attraktiver gestalten

Was also müssen Einrichtungen mitbringen, um Menschen zu animierten, auch Präsenzveranstaltungen wieder vermehrt wahrzunehmen?
Ganz grundsätzlich gilt es, die Vorzüge von analogen Veranstaltungen klarer nach außen zu kommunizieren, war der allgemeine Tenor. Sowohl spannende Pausengespräche als auch gutes Essen kann online nicht oder selten bieten. Einige Barcamper:innen berichteten auch von einem Trend zu kürzeren Veranstaltungen. Präsenz ist zwar erwünscht, aber bitte ohne Übernachtung. Die Gruppe war sich auch einig, dass die Erwartungen an Präsenzveranstaltungen gestiegen sind. Es wird ausgezeichnete Qualität erwartet – sowohl bei der Verpflegung als auch was die Inhalte und die Referent:innen betrifft. Nicht nur das Seminar, sondern der gesamte Aufenthalt soll zum Lernerlebnis werden. Ein Vorschlag war z.B. neue didaktische Konzepte als Ergänzung zum klassischen Vortragsformat einzusetzen, um Interesse zu schüren. In jedem Fall muss für die Gäste ein klarer Mehrwert erkennbar sein – auf den ersten Blick. Es muss sich "lohnen", die Kosten und vor allem die Zeit aufzuwenden, um in Präsenz an einer mehrtätigen Veranstaltung teilzunehmen.

Fazit und Ausblick

Das #ebcamp hat sich in den letzten Jahren zu einer gut funktionierenden, kurzweiligen und ergebnisreichen Onlineveranstaltung entwickelt, die Spaß macht und Erwachsenenbildner: innen über die Grenzen hinweg zusammenbringt. Die vielen wiederkehrenden Teilnehmer:innen bestätigen den Mehrwert des Barcamps für deren Arbeit. Gleichzeitig haben sich die Bedürfnisse, Kompetenzen und Erwartungen der Barcamper:innen gewandelt. Eine spannende Erkenntnis für das #ebcamp-Team.

 

Ist das hybride Format überhaupt noch aktuell? Die Antwort darauf können sich Veranstalter:innen nur selbst geben. Faktoren wie die Art der Veranstaltung, die Zielgruppe und deren Bedürfnisse, das Thema, die technische Ausstattung, die eigene Haltung zum Hybridformat usw. spielen hier mit. Die oben genannten Erkenntnisse laden zum Reflektieren ein – diese Aufgabe steht auch dem #ebcamp-Team bevor.

 

Ob und wie im nächsten Jahr der Versuch einer Hybridveranstaltung noch einmal gewagt wird, ist noch offen. Wir dürfen aber jetzt schon dazu einladen, sich das Datum 23.-24. Mai 2023 für das #ebcamp23 dick im Kalender zu markieren. Die Vorfreude ist groß – es bleibt spannend!

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