Oma’s Handschrift. Das Erlernen der Kurrentschrift heute.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war die deutsche Kurrentschrift die allgemeine Verkehrsschrift im gesamten deutschsprachigen Raum. Das Wort Kurrentschrift leitet sich vom lateinischen currere ab, was "laufen" bedeutet. 1941 wurde die Kurrentschrift im Deutschen Reich abgeschafft und durch die lateinische Schrift als Amts- und Verkehrsschrift ersetzt. Als Schönschrift wurde die Kurrentschrift noch in der Volksschule unterrichtet. An der Akademie der Volkskultur des OÖ. Volksbildungswerkes wird derzeit ein Lese- und Schreibkurs "Kurrent – die Geschichte der Schriften" an drei Abenden regelmäßig angeboten. Das Interesse am Erlernen dieser alten Schriftart ist anhaltend groß.
Arbeiten mit historischem Werkzeug
Beim Entdecken alter Schriftstücke in Kurrent schwingt bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kurses immer etwas Nostalgie mit. "Ich habe alte Briefe meiner Großmutter aus dem Krieg entdeckt und möchte wissen, was sie eigentlich geschrieben hat", ist die Motivation einer Teilnehmerin des Kurrentkurses. Fakt ist, Kenntnisse über die Kurrentschrift sind für Ahnenforschung unbedingt erforderlich. Nicht nur persönliche Briefe auch offizielle Dokumente, Verträge oder Protokolle wurden bis in die 1940er Jahre in der Kurrentschrift erfasst. "Die Digitalisierung im Bereich der Ahnenforschung ist weit vorangeschritten und viele Pfarrmatriken sind bereits online abrufbar. Um sie aber entziffern zu können, muss man Kurrent lesen können", so Referent Thomas Scheuringer, der Kurrentkurse an der Akademie der Volkskultur unterrichtet.
Ahnenforschung ist ein Thema, das auch viele junge Menschen auf der Suche nach Ihrer Identität begleitet. Die eigene Geschichte zu erforschen, Geheimnisse zu lüften, Themenfelder zu erarbeiten, denen sich bisher niemand gewidmet hat, das hat den Reiz eines Abenteuers. Auch wenn keine Zeitreisen möglich sind, so versucht Referent Scheuringer in seinen Kurrentkursen das Flair der vergangenen Zeiten zu vermitteln. "Um ein Gefühl für die Kurrentschrift zu bekommen ist es wichtig, die Schrift auch selber zu schreiben, am besten mit Feder und Tinte auf handgeschöpftem Papier. Ein Siegel darf dann natürlich am Brief nicht fehlen", erklärt Scheuringer. Die Kurse sind als Schreib- und Leseworkshops in drei Teilen aufgebaut. Die Schreibübungen vermitteln den Aufbau der Schrift und helfen die Zusammensetzung von Wörtern besser zu erkennen. Anhand von originalen Schriftstücken und Dokumenten werden gemeinsame Leseübungen durchgeführt.
Ein Beitrag zur Geschichtsschreibung
Ist das Erlernen der Kurrentschrift mehr als ein persönliches Hobby? Petra Wieser, Absolventin des Ausbildungslehrganges Heimatforschung 2014, hat in ihrer Abschlussarbeit "Schicke Butter, Eier und Schmalz... Mädchen- und Frauengeschichte(n). Briefe der Marie Koller 1912 – 1919" die Briefe ihrer Nachbarin von der Kurrentschrift in die lateinische Schrift transkribiert und in den geschichtlichen Kontext gesetzt. Die Geschehnisse um den Ersten Weltkrieg aus diversen Geschichtsbüchern wurden um eine persönliche Dimension erweitert. Bisher unbekannte Details der Regionalgeschichte somit festgehalten, veröffentlicht und weitergegeben an künftige Generationen. Das Erlernen der Kurrentschrift ermöglicht die Transkription und Aufarbeitung von historischen Schriftstücken in der Heimatforschung. Dabei ist das Entdecken von neuen Erkenntnissen, im persönlichen aber auch im lokalhistorischen Bereich, nicht ausgeschlossen.
Der nächste Kurrentkurs an der Akademie der Volkskultur findet am 28., 29. Jänner und 11. Februar 2020 jeweils von 18:00 bis 20:30 Uhr im Haus der Volkskultur in Linz statt.
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