Die Omnipotenz der Generationen

06.12.2018, Text: Alexandra Meyer, Redaktion: Karin Schräfl, Forum Katholischer Erwachsenenbildung
„Voneinander – Miteinander und Übereinander Lernen": Ein Film des Katholischen Bildungswerks zeigt Beispiele intergenerationellen Lernens aus der Praxis“. (Serie: Generationen in der Erwachsenenbildung)
Alt und Jung gemeinsam auf Spurensuche im Wald
Foto: CC BY, Sol Haring, Intergen_Waldspaziergang, auf erwachsenenbildung.at
„Die Erwachsenen haben teilweise so eine Omnipotenz-Haltung, nur weil ich älter an Lebensjahren bin muss ich alles besser wissen, das ist ein vollkommener Schwachsinn! Und das fördert nicht die Beziehung zwischen Jüngeren und Älteren," so Peter Scheibengraf, ein Teilnehmender des intergenerationellen Wald- und Wiesenspaziergangs Robin Hood.
Die Omnipotenz der Älteren in Form von Weisheit und die Omnipräsenz der Jugend in der Populärkultur, gerne in Form von retuschierten Körperinszenierungen, sind zwei parallele Narrative, die in unserer Kultur verankert sind. Was solche und ähnliche Altersstereotype bewirken, ist eine Entfremdung der Generationen. Abgesehen vom Faktor Kultur gibt es aber auch unterschiedliche Erfahrungswelten. Die einen wuchsen als Kinder der Nachkriegszeit auf, die anderen in einer Welt der Digitalisierung. Unterschiede polarisieren vor allem, wenn man wenig miteinander zu tun hat. Erfahrungen, Werte und Einstellungen werden kaum mehr ausgetauscht.

 

Generationsübergreifende Projekte als Chance

Intergenerationelle Veranstaltungen bieten die Chance Generationen einander wieder näherzubringen, die Solidarität zwischen Alt und Jung zu stärken und den Handlungsspielraum für alle zu vergrößern. Früh erkannt hat man das im Katholischen Bildungswerk Steiermark (KBW), das seit 2008 Generationenprojekte in verschiedenen steirischen Regionen entwickelt und durchführt. Von Wald- und Wiesenspaziergängen, über gemeinsames Kochen, Tabletkurse bis zu intergenerationellen Poetry Slams. Um auch andere für die Idee zu begeistern, wurden einige Projekte vor die Kamera geholt und im Auftrag des BMASK dokumentiert. Unter dem Titel „Voneinander – Miteinander – Übereinander" zeigt Regisseurin Sol Haring typische Beispiele intergenerationellen Lernens des KBW. So nebenbei werden auch didaktische Tipps für die Umsetzung gegeben: „Wesentlich ist zu schauen, was vor Ort gebraucht wird. Wir fangen immer mit einer Fokusgruppe an, mit der wir versuchen verschiedene Zielgruppen wie Senioren, Seniorinnen, Jugendliche, Kinder und Verantwortliche an einen Tisch zu holen. Wir sagen nicht was sie machen sollen, wir entwickeln die Produkte gemeinsam," so Ute Paulweber, Geschäftsführerin des KBW.

 

Es braucht professionelle Anleitung

Alle an einen Tisch zu bringen und gemeinsam aktiv zu werden, so wird im Film sowohl der Anfang als auch das Ziel intergenerationeller Projekte beschrieben. Da versucht man gemeinsam Tierspuren im Wald zu lesen, Fleischbällchen mit pikanter Paprikasauce zu kochen, redet über Beziehungen oder schreibt Texte, um diese dann auf schauspielerische Art und Weise auf die Bühne zu bringen. Man begegnet einander, hört einander zu und kommt sich näher. Die Rollen von Lehrer/in und Schüler/in wechseln und manchmal ist man weder noch. Wie man Maiwipferlsaft herstellt wissen tendenziell die Älteren. Wie man ein Tablet bedient? Da haben meist die Jungen mehr Ahnung, wie das Projekt Technik in Kürze zeigt. Wie man kreative Texte verfasst? Da sind die ratlosen Gesichter oft generationenübergreifend – beide brauchen Anleitung und diese kommt selbstverständlich von einem intergenerationellen Trainerinnen-Team. Dabei genügt allein die physische Anwesenheit von Alt und Jung nicht: „Ich kann nicht davon ausgehen, wenn ich zwei Generationen in einen Raum stecke, dass automatisch ein Dialog entsteht," erklärt Martina Platter, Koordinatorin von Generationenprojekten des KBW. Es braucht professionelle Anleitung und eine spezielle Didaktik, die unter der Berücksichtigung der Interessen und Fähigkeiten beider Generationen, Jung und Alt dabei begleitet gemeinsam aktiv zu werden. Die Freude ist den Teilnehmenden in die Gesichter geschrieben. „Es muss diese Lust spürbar sein, dieser Spaß, dass ich das Gefühl habe, das bringt mir was. Dass die unterschiedlichen Generationen das Gefühl haben, ich geh da rein und ich trau mich wieder was, ich habe wieder etwas Neues gelernt, eine neue Erfahrung gemacht. Etwas, das ich in meinem Alltag gebrauchen kann und mich ein Stück weiterbringt", so Platter weiter. Am Ende steht nicht zwingend ein Produkt, aber die spürbare Kraft der Generationen, die gelegentlich fast wie Omnipotenz wirkt.

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