Job Shadowing im Bildungshaus

08.07.2022, Text: Erich Wagner-Walser, Bildungshaus St. Hippolyt/ARGE BHÖ
Um den Teamgeist zwischen den Mitarbeiter*innen zu fördern und damit die Arbeit an den Schnittstellen besser klappt, hat das Bildungshaus St. Hippolyt ein Modell für internes "Job Shadowing" entwickelt.
Drei Personen sitzen im Büro Bildungsmanagement
Mitarbeiter*innen beim Job Shadowing im Bildungsmanagement.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, Bildungshaus St. Hippolyt, https://www.hiphaus.at
Die Arbeit in einem Bildungshaus ist vielfältig und geht nie aus: Reinigung, Service in Café und Speisesaal, Küche, Rezeption, Veranstaltungen planen und Kunden betreuen, alles Notwendige organisieren, abrechnen, einkaufen, reparieren und modernisieren – und dann soll alles noch reibungslos ineinandergreifen. Da ist es gut, voneinander zu wissen, wie der oder die Andere „tickt“: Jeder Arbeitsbereich im Bildungshaus hat eine eigene Logik und Dynamik. Wer diese nicht kennt, hat wenig Verständnis, wenn einmal eine Panne passiert.

Die Ausgangslage – ein Beispiel vorab

Ein klassisches Beispiel, das sich seit Jahren durch alle Bildungshäuser zieht, ist das Gerangel um richtige Zahlen für das Mittagessen: Die Gäste wollen möglichst flexibel sein und am besten erst mittags entscheiden, worauf sie Lust haben. Küche und Service aber müssen rechtzeitig bestellen, kochen und dann am Punkt innerhalb kürzester Zeit hundert oder mehr Mittagessen auf den Tisch bringen. Damit es gelingt, dass Frau X und Herr Y auch noch zum gewünschten Zeitpunkt ihr Sondermenü wegen Unverträglichkeiten genießen können, ist oft die Mitarbeiterin an der Rezeption gefordert. Das ist nur ein Bespiel, wo man mit Job Shadowing ansetzen kann, damit das Zusammenspiel der Mitarbeiter*innen optimiert wird.

Die Mitarbeiter*innen begeistern

Es ist Aufgabe des Qualitätsmanagements in den Bildungshäusern, gemeinsam mit der Leitung für die Kund*innen eine ständige Verbesserung der Dienstleistungen zu erreichen. Daher nahm sich im Bildungshaus St. Hippolyt das Qualitätsteam – bestehend aus zwei Mitarbeiterinnen in der Pädagogik und dem Direktor - dieses Anliegens an. Schon am Anfang der Idee war klar: Wenn Job Shadowing gelingen soll, müssen wir es schaffen, möglichst alle Mitarbeiter*innen davon zu begeistern. Im Juni 2021 gab es eine grundsätzliche Information in Präsenz – in Corona-Zeiten keine Selbstverständlichkeit – um den Sinn und das Ziel des Vorhabens für alle transparent zu machen.


Vorgabe war, dass jede*r Mitarbeiter*in im Lauf des nächsten halben Jahres zwei Bereiche kennenlernen sollte, mit denen er*sie bisher nicht viel zu tun hatte. Die Planung der Umsetzung erfolgte gemeinsam und spielerisch. Gerade das erwies sich als Knackpunkt für das spätere Gelingen des Projekts. Daher konnten die Mitarbeiter*innen aus jedem Arbeitsbereich selbständig bestimmen, was und wie lange sie den Kolleg*innen etwas zeigen wollten. Mitarbeit war durchaus erwünscht aber nicht immer möglich. So definierten z.B. die Kolleg*innen an der Rezeption, dass sie für 2-3 Stunden Gastgeber*in sein wollen. Die Arbeit mit dem Buchungsprogramm konnte zwar erklärt, aber natürlich nicht gleich übernommen werden. Job Shadowing in der Küche hieß wiederum: Normaler Dienstbeginn um 7:00 Uhr, Mitarbeit bis nach dem Mittagessen, Mithelfen beim Schneiden, Gemüse putzen, beim Zubereiten der Speisen unterstützen.

Spaß bei der Umsetzung

Die spannendste Frage war irgendwann: Wer kommt in welche Bereiche? Die Zuteilung wurde durch ein ausgeklügeltes Lossystem ermittelt, bei dem jede*r zwei Mal ziehen durfte. Ein eigener Besucherpass für das Job Shadowing wurde ausgegeben, auf dem die Bereiche für die Besuche mit den klaren Ansprechpersonen eingetragen wurden. Die absolvierten Besuche wurden darin mit Unterschrift bestätigt. Auf einer Liste im Personalraum waren die Termine für die einzelnen Besuche ersichtlich. Vom Besuch selbst konnten Fotos in die WhatsApp-Gruppe der Mitarbeiter*innen gestellt werden – was tatsächlich auch viele machten und uns dazu gebracht hat, uns gegenseitig anzuspornen. Ein Evaluierungsbogen sollte nach jedem Job Shadowing in die dafür vorgesehene Box im Personalraum geworfen werden.

Erfahrungen und Evaluierung

Klingt alles sehr aufwändig? Ja, das war es auch. Einige zeitliche Verschiebungen hat außerdem Corona verursacht. Mit Ostern 2022 haben wir das Projekt für abgeschlossen erklärt und ein Plakat mit Fotos und den Rückmeldungen dazu im Personalraum aufgehängt. Es hat wirklich Spaß bereitet, motiviert und unter allen ein gutes Stück Teamgeist wachsen lassen. Die Evaluierung zeigt, dass vieles neu war, nicht gewusst wurde oder keine Vorstellung davon vorhanden war, was es heißt, in diesem Arbeitsbereich tätig zu sein. Gestiegen ist auf jeden Fall der gegenseitige Respekt vor der Leistung. Die Möglichkeit sich gemeinsam Zeit für die vorhandene Arbeit zu nehmen, wurde als Wertschätzung durch die Leitung interpretiert. Aus der Wahrnehmung „von außen“ kamen nicht zuletzt einige Verbesserungsvorschläge, die wir zum Teil bereits umsetzen konnten. Geblieben ist das bessere Verständnis füreinander als Mensch, aber auch für die punktuelle Belastung im Arbeitsbereich. Das kann in einzelnen Situationen Stress herausnehmen und fördert die Freude an der täglichen Zusammenarbeit. Gerade nach den Corona-Zwangspausen im Bildungshaus war Job Shadowing für uns im Bildungshaus St. Hippolyt die ideale Begleitmaßnahme, um neu durchzustarten!

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