Fachkräftemangel trotz hoher Arbeitslosigkeit und Corona-Joboffensive?

13.09.2021, Text: Michael Sturm, Redaktion: Michaela Schneider, BFI Österreich
Gegen das Dauerproblem "fehlende Fachkräfte" ließe sich einiges unternehmen. Höherqualifizierung ist ein Ansatz. Dafür gibt es sogar Förderungen.
Metallausbildungen bieten sehr gute Jobperspektiven.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, BFI Oberösterreich, Kompakte FacharbeiterInnenausbildungen ermöglichen arbeitslosen Menschen einen Berufsabschluss, auf erwachsenenbildung.at

Weiterbildung schafft Abhilfe

"Fachkräftemangel muss nicht sein", stellt Michael Sturm, Geschäftsführer des BFI Österreich, klar. "Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, zu den dringend benötigten Fachkräften zu kommen. Meistens ist dafür eine Investition erforderlich, die sich aber längerfristig auf jeden Fall bezahlt macht." Betriebe, die nicht selbst Fachkräfte ausbilden, können diese über Weiterbildungsinstitute wie das BFI gewinnen. Dafür stehen mehrere Wege offen.

Den Lehrabschluss nachholen

MitarbeiterInnen, die schon länger in einem anderen Bereich tätig sind als dem, für den sie ausgebildet sind, können einen fehlenden Lehrabschluss leicht nachholen und zu einer qualifizierten Fachkraft aufsteigen. Wer im Laufe seines Berufslebens genügend facheinschlägige Erfahrung in einem oder mehreren Betrieben gesammelt hat und dies auch nachweisen kann, wird nach dem Besuch eines Vorbereitungslehrgangs zur außerordentlichen Lehrabschlussprüfung zugelassen. Das BFI bietet Vorbereitungslehrgänge für fast 70 verschiedene Lehrberufe an, teilweise auch in Form von Blended-Learning-Abendlehrgängen oder reinen Online-Lehrgängen. Diese haben sich nicht nur in der Coronapandemie als Erfolgsmodell erwiesen, sondern unterstützen auch die bessere Vereinbarkeit von Beruf, Privatleben und Lernen. Obendrein gibt es für die Weiterbildungsinteressierten Förderungen.

FacharbeiterInnenausbildung für Arbeitslose

Auch für arbeitslos gewordene Menschen besteht die Möglichkeit, im zweiten Bildungsweg rasch zu einem Berufsabschluss zu gelangen. In der vom Arbeitsmarktservice (AMS) beauftragten FacharbeiterInnen-Intensivausbildung am BFI können die TeilnehmerInnen nach einer Ausbildungsdauer von 14 bis 18 Monaten die Lehrabschlussprüfung in den nachgefragten Berufen der Metall-, Elektro-, Holz- und Bautechnik ablegen. Das BFI kann bei den Prüfungsantritten auf eine Erfolgsquote von über 90 % verweisen, rund ein Fünftel davon sogar mit ausgezeichnetem und ein Drittel mit gutem Erfolg. Diese Fachkräfte stehen dann sofort der Wirtschaft zur Verfügung und fast alle finden einen Job. Unterstützt werden sie dabei von den BetriebskontakterInnen des BFI.

Das Fachkräftestipendium nutzen

Erwachsene, die eine Fachkräfteausbildung in einem sogenannten Mangelberuf machen möchten, können ein Stipendium vom AMS erhalten. Es steht Arbeitslosen, Karenzierten und Selbständigen mit ruhendem Gewerbe offen, sofern sie in den letzten 15 Jahren zumindest vier Jahre erwerbstätig waren und keinen Hochschulabschluss haben. Aktuell förderbar sind mindestens drei Monate dauernde Ausbildungen in Technik, Informatik, Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufen. Entsprechende Angebote gibt es an den BFIs.

Eigene Bildungsförderung für Zeitarbeitskräfte

Das Nachholen von Berufsqualifikationen ist auch ein Thema für Betriebe, die Teile ihres Personals über gewerbliche Arbeitskräfteüberlasser beziehen. Speziell dafür wurde der Sozial- und Weiterbildungsfonds (SWF) eingerichtet. In der Fachkräfteausbildung können so ArbeitnehmerInnen auf die außerordentliche Lehrabschlussprüfung vorbereitet und die Kurs- sowie Lohnkosten vollständig gefördert werden.

Berufliche Anforderungen entwickeln sich weiter

Mit dem Technologie- und Klimawandel ändern sich auch die Berufsqualifikationen. Industrie 4.0, Logistik, E-Business, erneuerbare Energien, nachhaltiges Bauen und Sanieren führen laufend zu Veränderungen in den Berufsbildern. Die zugrundeliegenden Kompetenzen stammen meist aus der Elektro- und Kälteanlagentechnik, Mechatronik, Metallverarbeitung oder Bautechnik. Deshalb ist es wichtig, diese Ausbildungen inhaltlich weiterzuentwickeln und durch Zusatzqualifikationen zu ergänzen. Gerade in den zukunftsweisenden neuen Berufsfeldern rund um digitale Transformation und Green Jobs hat das BFI sehr viele innovative Angebote.

Unterstützung durch die Ausbildungsprofis

Dem Fachkräftemangel kann also begegnet werden. Voraussetzung ist und bleibt, dass die Unternehmen selbst ihren Nachwuchs ausbilden oder die über unterschiedliche bestehende Fördersysteme geschulten ArbeitnehmerInnen anstellen. Das BFI steht gerne beratend zur Verfügung, wenn es um die vielfältigen Weiterbildungs- und Fördermöglichkeiten geht. Termine zur Abklärung bedarfsgerechter Firmenschulungen können ebenfalls direkt mit den BFIs in den Bundesländern vereinbart werden. "Wer offen bleibt für Neues und zeitgerecht professionelle Unterstützung bei der Deckung des Qualifizierungsbedarfs in Anspruch nimmt, ist für die Zukunft bestens gerüstet", zeigt sich Sturm überzeugt.

 

Über den Autor: Michael Sturm ist Geschäftsführer des Berufsförderungsinstituts Österreich und Vorsitzender der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs. Er referiert und publiziert zu den Themen Erwachsenenbildung, Qualifizierung, Qualitätsentwicklung und Professionalisierung.

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