Angehörige der 2. Generation als Fachkräfte in der Erwachsenenbildung

21.03.2014, Text: Julia Rodlauer, Online-Redaktion
Forschungsprojekt beschäftigt sich mit Repräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte in der Erwachsenenbildung.
Foto: (C) picspack.de/mikum
Menschen mit Migrationsgeschichte in der EB
Foto: (C) picspack.de/mikum
Das Forschungsprojekt "mig2eb" geht der Frage nach, wie Angehörige der sog. 2. Generation von MigrantInnen als Fachkräfte in der Erwachsenenbildung repräsentiert sind und welche strukturellen Bedingungen ihnen den Zugang zu diesem Berufsfeld erschweren bzw. ermöglichen. Ergebnisse der Untersuchung werden am 24. und 25. April in Graz vorgestellt.

 

Tätigkeit als TrainerInnen, aber in Führungsebene kaum präsent

"Menschen mit Migrationsgeschichte sind zwar als TrainerInnen tätig, in Führungsstellen hingegen kaum präsent. Vielfach ist dies auf institutionelle Diskriminierung zurückzuführen", sagt Wolfgang Gulis, Projektkoordinator von "mig2eb". Netzwerke und die Spielregeln des Umgangs miteinander nehmen hier einen wichtigen Stellenwert ein. "Beispielsweise sind soziale Regeln, die in Österreich vorherrschen, für ÖsterreicherInnen klar", führt Gulis weiter aus. Für Menschen, die aus einer anderen Kultur stammen und andere soziale Regeln kennengelernt haben, ist die Situation schwieriger. Die Migrationskompetenz dieser Personen sowie deren adäquater Einsatz sind dahingehend ein großes Thema. "Hierbei spielen Führungskräfte eine wichtige Rolle. Sie können als Vorbilder agieren und Regeln vorgeben, um die Jobaussichten bzw. Aufstiegschancen von Menschen mit Migrationsgeschichte zu verbessern", betont der Projektkoordinator.

 

Tagung "Wege zur Öffnung von Erwachsenenbildungsinstitutionen in der Migrationsgesellschaft" inkl. Projektpräsentation

Die detaillierten Ergebnisse des Projekts präsentiert das Forschungsteam am 24. und 25. April im Rahmen der Tagung "Wege zur Öffnung von Erwachsenenbildungsinstitutionen in der Migrationsgesellschaft" im Wallzentrum der Karl-Franzens-Universität Graz. Weiters thematisieren die VeranstalterInnen den Zugang von MigrantInnen als Fachkräfte in das Feld der Erwachsenenbildung sowie Diversity Management in Erwachsenenbildungsinstitutionen.

 

Am Programm stehen Vorträge, Diskussionen und Arbeitskreise. Zusätzlich findet am Abend des 24. Aprils 2014 im Filmzentrum Rechbauer die Uraufführung des Dokumentarfilms "Auf der anderen Seite des Tisches" statt. Dieser stammt von Klaudija Sabo vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und Annette Sprung, Professorin am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz, und präsentiert individuelle Wege Angehöriger der zweiten Generation im Berufsfeld der Erwachsenenbildung.

 

"Die Tagung steht allen offen, die sich für Bildung, Weiterbildung und Migration interessieren", berichtet Wolfgang Gulis. BesucherInnen können vor allem mit umfassenden Informationen zum Thema und einem intensiven Austausch mit der Praxis rechnen. Der Fachfokus liegt insbesondere auf dem Feld der Erwachsenenbildung, deren Organisationen sowie beruflich Tätigen. "Ziel der Tagung ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten ein Grundsatzpapier, eine Handlungsanleitung für die Migrationsarbeit in der Erwachsenenbildung zu erstellen", fasst der Projektkoordinator zusammen. Des Weiteren findet im Herbst eine Nachfolgeveranstaltung statt.

 

Mehr Angehörige der 2. Generation als ExpertInnen in Aus- und Weiterbildung

Ziel des Projektteams von "mig2eb" ist es, Strategien zu entwickeln, um den Anteil von qualifizierten Angehörigen der sg. 2. Generation in Aus- und Weiterbildung für pädagogische Berufsfelder zu erhöhen und Zugangsbarrieren abzubauen. Die Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, Chancengerechtigkeit im Zugang zur Erwachsenenbildung/Weiterbildung zu realisieren. Somit sollen Menschen mit Migrationsgeschichte als ForscherInnen und ExpertInnen einbezogen werden.

 

Weiters entwickelt das Team einen Kriterienkatalog für den Aufbau von Ausbildungen, welche in die Erwachsenenbildung führen. Mit Hilfe dieses Katalogs sollen Verantwortliche in Aus- und Weiterbildungsinstitutionen daran arbeiten, den Weg in dieses Berufsfeld verstärkt für Menschen mit Migrationsgeschichte zu öffnen.

 

Von der Theorie zur Praxis

Um die Forschungsziele zu erreichen, führte das Team Literaturrecherchen bzw. -analysen, qualitativ leitfadengestützte Interviews, quantitative Kurzbefragungen und Fallanalysen durch. In Letzteren untersuchten die ForscherInnen die Situation der Menschen mit Migrationsgeschichte in Institutionen der Weiterbildung bzw. in Ausbildungsgängen. Hierbei wurden nicht nur TeilnehmerInnen an Kursen/Seminaren befragt sondern auch MitarbeiterInnen der Planung, Organisation und des Managements solcher Fortbildungsangebote.

 

Weiters legt das Projektteam großen Wert auf Austausch und Wissenstransfer. Deshalb organisierten die ForscherInnen ExpertInnenworkshops und eine Forschungswerkstatt. Innerhalb dieser Veranstaltungen konnte sich das Forschungsteam mit AkteurInnen und Fachleuten aus dem Bereich der Migrationsarbeit und -forschung, der Erwachsenenbildung und der Erwachsenenbildungsforschung austauschen und vernetzen. So wurde es auch möglich, Erkenntnisse des Projekts in die Praxis zu transferieren.

 

Rahmenbedingungen und Projekthintergrund

Das Projekt wird gemeinsam von der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB), dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb) und der Universität Graz, Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft, durchgeführt. Der Europäische Sozialfonds (ESF) und das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK - seit kurzem Bundesministerium für Bildung und Frauen, BMBF) fördern das Projekt.

 

Das Projekt startete im Juni 2012 aufgrund einer langjährigen Kooperation zwischen Annette Sprung vom Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz und Wolfgang Gulis, ehemaliger Mitarbeiter des Vereins Zebra (Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum). Verschiedene Fragestellungen der Diskriminierung wurden innerhalb dieser Kooperation behandelt und mündeten schließlich im Projekt "mig2eb". Hierfür übernahm Anette Sprung die wissenschaftliche Leitung und Wolfgang Gulis die Projektkoordination. Zur Zeit befindet sich das Forschungsteam in der Endphase des Projekts. Erhobene Daten werden ausgewertet, Artikel für eine im Mai oder Juni erscheinende Publikation verfasst und die im April stattfindende Tagung organisiert.

 

Die Anmeldung zur erwähnten Tagung ist noch bis zum 11. April 2014 auf der Website des Projekts möglich.

Weitere Informationen: