Nicht fraglos hinnehmen, sondern aktiv gestalten

24.06.2013, Text: Wilfried Hackl u. Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Frei verfügbares Online-Magazin zeigt auf, wie Menschen durch Community Education ermutigt werden, die eigenen Themen anzupacken.
Community Education: demokratischer Prozess der Selbstermächtigung mit Bildung

Eine wesentliche Dimension der Erwachsenenbildung ist ihr gesellschaftlicher Beitrag. Hier setzt Gemeinwesenarbeit an: Sie greift die Anliegen der Betroffenen auf, die ihre Lebensumstände aktiv zum Besseren verändern wollen. In Verbindung mit Bildungsaktivitäten wird daraus ein demokratischer Prozess der Selbstermächtigung, der im Fachjargon Community Education genannt wird. Auch die Bundespolitik hat deren Bedeutung längst erkannt und auf die Agenda gesetzt. In diesem Zusammenhang stellt die Online-Zeitschrift "Magazin erwachsenenbildung.at" (Meb) in ihrer neuen Ausgabe vielfältige Konzepte und Beispiele aus der langjährigen Praxis von Community Education vor. Das neue Meb steht ab sofort kostenlos unter www.erwachsenenbildung.at/magazin zum Download bereit und ist auch als Druckversion zum Selbstkostenpreis von EUR 14,90 erhältlich. Erstmal gibt es zu dieser Ausgabe auch den 100 Sekunden Kurzüberblick als Youtube-Video (siehe Link am unteren Seitenende).

 

Vielfältige Projekte lassen Menschen in eigener Sache kompetenter werden

Die Liste von Initiativen und Projekten zur aktiven Mitgestaltung der eigenen Lebenswelt ist lang. Als beispielsweise ein über 30 Jahre lang durch das Weinviertel rollender Bücherbus eingestellt werden soll, mobilisieren die BewohnerInnen ihre Kräfte. Sie retten den Bus nicht nur, sondern finanzieren auch noch dessen Neuauflage als multimediales "Medienmobil". In Wien bieten sogenannte Grätzeleltern in einer strukturschwachen Wohngegend Beratung und Hilfe zur Verbesserung der Wohnsituation und geben ihr Wissen unter Bekannten und in der Nachbarschaft weiter. Vor allem MigrantInnen profitieren davon. Im Salzkammergut wiederum tun sich Einheimische und MigrantInnen zu Lernpartnerschaften zusammen und fördern so das gegenseitige Sprachenlernen. Alles Vorhaben, um Menschen verschiedenster Altersgruppen kompetenter werden lassen. So können sie sich besser organisieren und am Gemeinwesen teilhaben.

Wieder auf der bildungspolitischen Agenda
Wenn sich Menschen wie in diesen Beispielen aktiv an der Gestaltung ihrer Lebenswelt beteiligen und dabei Lernen und Bildung eine Rolle spielen, spricht die Österreichische Strategie zum lebensbegleitenden Lernen 2020 (LLL:2020) von Community Education. Überall dort, wo wir im Alltag auf Herausforderungen stoßen, wird sinnvolles und nachhaltiges Lernen angeregt. Das weiß nicht nur die Lerntheorie, das bestätigen auch die MinisterInnen Claudia Schmid, Karlheinz Töchterle, Rudolf Hundstorfer und Reinhold Mitterlehner. Sie alle haben mit LLL:2020 ein Bekenntnis zur Förderung von Community Education abgelegt. Damit erhält das Feld erstmals seit den 70er Jahren wieder bildungs- und gesellschaftspolitischen Aufwind.

Die Menschen ermutigen, ihre Themen selbst anzupacken
Programme und Aktivitäten im Rahmen der Community Education/Gemeinwesenarbeit zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsam, d.h. von allen Betroffenen und Beteiligten in dialogischen Verfahren entwickelt werden. Emanzipation und Ermächtigung haben auch im lebenslangen Lernen und in der Erwachsenenbildung einen großen Stellenwert. Damit ist eine enge Verbindung zwischen Erwachsenenbildung und Community Education naheliegend. Sie wird an den vielen Beispielen im vorliegenden Meb deutlich sichtbar - wenn Bildungsprojekte das Zusammenleben in der Nachbarschaft, in Gemeinden, Regionen und Stadtteilen zum Thema machen.

Nationale und Internationale ExpertInnen am Wort
In der 135 Seiten umfassenden Ausgabe thematisieren 19 AutorInnen aus Wissenschaft und Praxis hilfreiche Theorien und Konzepte für Community Education und stellen auf anschauliche und reflexive Weise Projekte und Initiativen vor. Der Architekt der Gemeinwesenarbeit in Österreich, Anton Rohrmoser, kommt ebenso zu Wort wie die international anerkannte Expertin Allison Gilchrist, die trotz englischer Sprache einen sehr gut zugänglichen und leicht lesbaren Beitrag über Gemeinwesenentwicklung als Lernprozess vorgelegt hat. Die Vielzahl der Praxisbeiträge legt ein beredtes Zeugnis einer äußerst lebhaften Szene von Community Education ab, die einer breiten Öffentlichkeit bisher gar nicht bekannt war. Damit kommt eine Arbeit, die sich unterhalb des Radars öffentlicher Wahrnehmung abspielt und die häufig marginalisierte Gruppen unterstützt, endlich ans Licht. Die Lektüre eignet sich für Fachleute in den Bereichen Erwachsenenbildung, Regionalentwicklung, Soziale Arbeit. Aber auch zivilgesellschaftliche AktivistInnen, Lokal- und RegionalpolitikerInnen und WissenschafterInnen finden hier Anregungen für die Umsetzung im eigenen Umfeld.

Fachmedium und aktuelle Online-Information
Magazin erwachsenenbildung.at (Meb) ist das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs der österreichischen Erwachsenenbildung. Es wird vom Bundesinstitut für Erwachsenenbildung gemeinsam mit dem BMUKK dreimal jährlich herausgegeben und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des BMUKK gefördert. Alle eingereichten Artikel durchlaufen ein Review von ExpertInnen. Das Magazin erscheint parallel zur kostenlosen Online-Ausgabe auf www.erwachsenenbildung.at/magazin auch im BoD-Verlag und ist als Druckausgabe zum Selbstkostenpreis erhältlich.

Die nächste Ausgabe des Magazins im Oktober 2013 wird sich aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen in der Didaktik der Erwachsenenbildung widmen. Für die Folgeausgabe zum Themenkreis "Zweiter Bildungsweg und Abschlussorientierte Erwachsenenbildung" werden noch bis Anfang Oktober Einreichungen entgegen genommen.

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