Buch: Bildungshaus 2.0

02.08.2013, Text: Adrian Zagler, Online-Redaktion
Welche Anforderungen neue Medien an Bildungshäuser stellen, hat ARGE-Geschäftsführerin und Trainerin Gaby Filzmoser jetzt untersucht.
Digitale und Soziale Medien verändern nicht nur das Lernen sondern auch die Lehre. Bildungshäuser müssen sich diesem Trend anpassen – davon ist zumindest Gaby Filzmoser überzeugt. Die Geschäftsführerin der ARGE-Bildungshäuser präsentiert ihre Masterarbeit aus Erwachsenen- und Berufsbildung jetzt im BoD-Verlag. In „Bildungshaus 2.0“ stellt sie fünf Veränderungsthesen auf und untersucht, wie Bildungseinrichtungen auf diese Veränderung reagieren können.

 

Fünf Thesen

Folgende Annahmen über gesellschaftliche Veränderungen liegen Filzmosers Arbeit zugrunde:

 

  • Der Umgang mit Wissen und Information verändert sich durch digitale Medien.
  • Digitale Medien unterstützen politische Bildung, aktive Bürgerbeteiligung und Demokratisierungsprozesse durch Vernetzung und Kooperation.
  • Private und berufliche/öffentliche Belange verschmelzen zusehends durch digitale Medien.
  • Vernetzung gewinnt in der Kommunikation an Bedeutung.
  • Das Lernverhalten von Erwachsenen verändert sich durch digitale Medien.

 

Diese Thesen führt die Autorin aus und untermauert sie mit aktuellen Forschungsergebnissen, um dann zu einer neuen Frage zu gelangen:  Wie verändern diese Trends die Bildungskultur in Bildungshäusern?

 

Lernen im Netz = Lernen als Netzwerk

Bisherige Lerntheorien verorten Lernen meist im Inneren einer Person und schenken dem Wert des Lernens für die Lernenden zu wenig Beachtung, glaubt Filzmoser. Daher würden diese Theorien vom technologischen Wandel überholt und müssten überarbeitet werden. Sie selbst versteht Lernen als einen „Akt der Bildung eines äußeren Netzwerkes, dessen Knoten aus Informationen und Wissensquellen und eines inneren neuronalen Netzwerkes bestehen“. Und weiter: „Persönliches Wissen besteht aus einem Netzwerk, welches in Organisationen und Institutionen hinein fließt und welches in das persönliche Netzwerk zurückfließt und somit individuelles Lernen ermöglicht.“

 

Selbstgesteuertes Lernen ermöglichen

Bildungshäuser sind laut Filzmoser dazu aufgerufen, diese Form des individuellen, selbstgesteuerten und kooperativen/kollaborierenden Lernens zu ermöglichen. Das könne beispielsweise dadurch geschehen, dass man Vorträge live streamt oder zum Download anbietet, E-Tutorials generiert und technische Ausstattung für ortsunabhängiges Lernen bereitstellt. „Blended-Learning-Angebote, also die Vermischung von Online- und Präsenzkurs, sind insofern eine beliebte Kombination, da zwar Kosten für die TeilnehmerInnen gespart werden, die soziale Komponente, das Kennenlernen der anderen TeilnehmerInnen trotzdem nicht zu kurz kommt“.

 

Ungenutztes Potenzial

Im vierten Kapitel ihres Buches listet Filzmoser die Möglichkeiten auf, wie Bildungshäuser die sozialen Medien für Öffentlichkeitsarbeit, interne Kommunikation, Bildungsmanagement und Dienstleistungen nutzen können. Diese Liste ist nicht nur lang, sondern zeigt auch viel ungenutztes Potenzial auf. In der Praxis scheitert es meist an den Personalressourcen – sowohl die Fortbildung der Online-Beauftragten als auch die Online-Arbeit selbst kostet Zeit und Geld. Filzmoser plädiert dafür, alle MitarbeiterInnen der Bildungshäuser in die Online-Aktivität einzubinden, um Zeit zu sparen und „MarkenbotschafterInnen“ zu schaffen.

 

Von der Vortragenden zur Community-Managerin

Natürlich hält der technische Wandel nicht nur Chancen sondern auch Fallstricke bereit. Sensibilität im Umgang mit persönlichen Daten, gutes Identitätsmanagement, Wissen um Urheberrechte und kritischer Umgang mit Informationen seien Grundvoraussetzungen für den Erfolg des digitalen Abenteuers. Lehrende müssten ihre Rolle neu überdenken – statt Vortragende seien sie nun „Community-Manager“, „Lernprozessbegleiter“ und „Social-Media-Evangelisten“. Tatsächlich sind viele ErwachsenenbilnerInnen davon aber noch weit entfernt, wie Filzmoser im Rahmen eines Seminars „Bildungshaus 2.0“ im Juni 2011 feststellen musste. „Digitale Medien sind in Bildungshäusern kaum angekommen, da die notwendige Medienkompetenz ebenso fehlt, wie das Bewusstsein und die Fantasie für das Zukunftspotential und über die Umsetzungsmöglichkeiten“, resümiert sie.

 

Forschungslücke aufgearbeitet

Filzmoser legt in ihrer Arbeit den Fokus nicht auf die Lernenden sondern auf die Bildungshäuser und arbeitet damit eine Forschungslücke auf. Sie bietet zahlreiche konkrete Vorschläge und Denkanstöße wie eine neue, digitale Bildungskultur verwirklicht werden könnte, und welche Dinge es dabei zu beachten gilt (hier sei besonders auf den Anhang verwiesen). Filzmoser zeigt außerdem, dass es notwendig und lohnenswert ist, sich als ErwachsenenbildnerIn mit den technologischen Veränderungen zu beschäftigen. Kleine formale Schwächen des Buches sollten nicht von dessen inhaltlichen Qualitäten ablenken.

 

Zur Autorin: Gaby Filzmoser ist diplomierte Erwachsenenbildnerin, Lebens- und Sozialberaterin sowie Erlebnispädagogin. Im Web 2.0 ist sie u.a. über Blogs, Twitter, Facebook aktiv. Ihr Buch entstand als Abschlussarbeit des Masterstudiengangs Erwachsenen- und Berufsbildung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Aktuell ist sie Geschäftsführerin der ARGE-Bildungshäuser.

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Filzmoser, Gaby (2013): Bildungshaus 2.0. Die Veränderung der Bildungskultur in Bildungshäusern durch den Einsatz digitaler Medien. ARGE Bildungshäuser, Books on Demand. 188 Seiten, ISBN 978-3732241439, EUR 18,90.

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