Projekt "connecting people" ausgezeichnet

21.11.2011, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Für die Schulung und Betreuung von PatInnen für jugendliche Flüchtlinge wurde der Staatspreis für Erwachsenenbildung 2011 vergeben.
Ehrenamtliche PatInnen unterstützen jugendliche Flüchtlinge
Im Projekt "connecting people" engagieren sich ÖsterreicherInnen als "PatInnen" für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die PatInnen sind oft die einzigen ÖsterreicherInnen, zu denen die Jugendlichen eine persönliche Beziehung entwickeln. Alle PatInnen arbeiten ehrenamtlich und werden in einem Kurs auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Projektleiter Klaus Hofstätter vermittelt die Patenschaften, d.h., er sucht passende Paare zwischen PatInnen und Jugendlichen. Er begleitet die PatInnen in ihrem Engagement - als Ansprechperson und durch die Organisation von PatInnentreffen, wenn es Bedarf gibt. Der Erfolg spricht für sich: "80% der Patenschaften bleiben über zwei Jahre bestehen", so Hofstätter im Interview mit der Redaktion.

Auszeichnung würdigt Arbeit der PatInnen und Projektstruktur
"Ich finde es großartig, dass die Arbeit der PatInnen wertgeschätzt wird", betont Klaus Hofstätter. Er sieht im Staatspreis für Erwachsenenbildung eine große Anerkennung jahrelanger Arbeit - für sich, den Verein asylkoordination österreich und das ehrenamtliche Engagement der PatInnen. Diese Anerkennung gehe über das eigene Umfeld hinaus und sei damit sehr wertvoll. "Es ist wichtig, dass mit dem Staatspreis die Schulungs- und Betreuungsstruktur gewürdigt wird", fährt Hofstätter fort. "Die PatInnen haben dadurch Rückhalt. Es ist jemand da, den sie fragen können. Niemand soll sich allein gelassen fühlen. Das Projekt hat eine professionelle Verantwortung auch für die PatInnen."

Patenschaft: Beziehung auf gleicher Ebene
Auf die Frage, was Klaus Hofstätter an einer Patenschaft Interessierten raten würde, entgegnet er: "Die brauchen keinen Ratschlag! Die PatInnen sind hoch kompetente, in ihren Lebensbereichen erfahrene Leute und bringen alles mit, was sie brauchen - vor allem Offenheit und Betroffenheit." Das Projekt biete ihnen eine Organisationsform und Hintergrundwissen über ein völlig unbekanntes Feld, nämlich die Lebensumstände von AsylwerberInnen. "Die PatInnen betonen, wie bereichernd es ist, jemanden kennenzulernen, der völlig anders ist, und dass man konkret helfen kann." Sie begegnen den Jugendlichen auf gleicher Ebene. Die Patenschaft sei für sie keine Verpflichtung, "arme" Menschen zu unterstützen, keine Aufopferung für jemanden, sondern eine gegenseitig befriedigende und bereichernde Beziehung.

Bedarfsorientierte Schulung der PatInnen
Für Klaus Hofstätter ist an den Schulungen die Orientierung an den TeilnehmerInnen wichtig: "Das Tolle an diesem Projekt ist, dass man unglaublich 'kundInnen'zentriert arbeiten kann. Ich kann in den Schulungen spontan und schnell auf den Informationsbedarf der angehenden PatInnen eingehen. So haben sich die Schulungen im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Beispielsweise war der Bereich interkulturelle Kommunikation früher kein Schulungsthema. Da sie in der Arbeit der PatInnen aber zum Thema wurde, habe ich dieses Element in die Schulungen integriert: Es ist wichtig, sich nicht nur mit dem kulturellen Hintergrund der 'anderen', sondern auch mit dem eigenen auseinander zu setzen. Auch einen Feedbackabend habe ich eingeführt, da die Reflexion von Veränderungen im Lauf der Schulung notwendig ist. Wenn Bedarf an einem bestimmten Thema bei mehreren PatInnen auftritt, lade ich ExpertInnen zu einem Themenabend ein."

Bewegende Beispiele
"Es gibt Patenschaften, die distanziert unterstützend sind und es gibt welche, da gewinnt man ein Familienmitglied", erzählt Klaus Hofstätter. Beeindruckende Beispiele aus der Arbeit der PatInnen gibt es zahlreiche: "Eine Patenfamilie hat für zwei Jugendliche die Patenschaft übernommen - zu zweit lernt es sich doch leichter. Gleichklang gab es dann aber keinen. Die beiden waren sehr verschieden und die Patin hat daraufhin für jeden eigenes Lernmaterial entwickelt und zusammengestellt. Schließlich hat die Familie die beiden Jugendlichen adoptiert, einer der beiden hat inzwischen einen Lehrlingswettbewerb gewonnen." Ein anderer Jugendlicher habe innerhalb kürzester Zeit die Aufnahmeprüfung an einer Fachhochschule geschafft und das, obwohl er anfangs keinerlei Deutschkenntnisse hatte. "Es sind manchmal unglaubliche Schicksale. Würde man ein Drehbuch schreiben, würde es abgelehnt werden, weil es den Rahmen des Vorstellbaren und Erträglichen sprengt", so Hofstätter.

connecting people in 10 Jahren: ein Wunschszenario
"connecting people in 10 Jahren? - grundfinanziert, und wenigstens im 2er-Team. Und Österreich würde ich überzogen mit solchen Projekten sehen", antwortet Klaus Hofstätter auf die Frage nach seinem persönlichen Projekt-Utopia. "Ich bekomme von überall her Anfragen. Es gibt genügend Menschen, die gerne PatInnen sein würden und auch der Bedarf seitens der jugendlichen Flüchtlinge ist groß. Aber es scheiterte bisher immer an einer Grundfinanzierung. Und dabei arbeiten die PatInnen ehrenamtlich und die Breitenwirkung und Streuwirkung dieses Ansatzes ist sehr groß." Klaus Hofstätter hofft auf viele solcher Initiativen und dass das wenige Geld, das dafür nötig sei, aufgebracht werden könne. "Wenn man es sich nur einen Moment nahegehen lässt, was es heißt, Familie und Heimat verloren und eine Flucht hinter sich zu haben, dann schaut man die Jugendlichen anders an."
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