NGOs und Selbstorganisationen im Umbruch

14.08.2019, Text: Heidi Buchecker, ÖGPB
Die Vortragsreihe zur politischen Erwachsenenbildung der ÖGPB startet am 24. September. Sie beleuchtet aktuelle Herausforderungen zivilgesellschaftlicher Organisationen.
Die diesjährige Vortragsreihe der ÖGPB startet im September.
CC BY, ÖGPB, auf erwachsenenbildung.at
Unter dem Titel "NGOs und Selbstorganisationen im Umbruch – Auswirkungen auf die politische Erwachsenenbildung" setzt die Österreichische Gesellschaft für politische Bildung (ÖGPB) ihre seit 2010 bestehende Vortragsreihe zur politischen Erwachsenenbildung auch 2019 fort. Neben dem langjährigen Kooperationspartner Depot ist die Volkshochschule Hietzing heuer zum ersten Mal kooperierende Organisation. Von September bis Dezember finden im Depot und im Bezirksmuseum Hietzing bei freiem Eintritt vier Vorträge statt.

Transformationen zivilgesellschaftlicher Organisationen

In zahlreichen europäischen Ländern sind Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Selbstorganisationen und weitere zivilgesellschaftliche Einrichtungen zurzeit mit massiven Umbrüchen konfrontiert. Autoritäre Regierungen (wie in Ungarn, Polen, der Türkei oder Russland) streben Gesellschaftsmodelle an, in denen NGOs keinen Platz haben bzw. durch staatliche Hand gegründet und gelenkt werden. Politisch unliebsamen Organisationen wird durch eine Strategie der systematischen Diffamierung (bis hin zur Kriminalisierung etwa der Seenotrettung von Geflüchteten) die Legitimation abgesprochen. Auch für Selbstorganisationen von Minderheiten und diskriminierten Bevölkerungsgruppen wird es unter diesen Bedingungen immer schwieriger, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen und ihre Rechte durchzusetzen.

Somit ändern sich auch die Handlungsspielräume und Arbeitsweisen von NGOs und Selbstorganisationen. Da finanzielle Förderungen durch staatliche Hand zunehmend wegfallen bzw. finanzielle Abhängigkeiten vom Staat immer problematischer werden, greifen manche auf andere Formen der Finanzierung zurück. Crowdfunding kommt dabei ebenso zur Anwendung wie die Suche nach unabhängigen Stiftungen. Zugleich stellt sich die Frage nach Wandel von Arbeitsverhältnissen (Stichwort: Informalisierung, Prekarisierung, Selbstausbeutung) und demokratischen Strukturen innerhalb der NGOs/Selbstorganisationen.

Im Rahmen der Vortragsreihe sollen aktuelle Transformationen zivilgesellschaftlicher Organisationen beleuchtet werden. Wie gehen NGOs mit diesen Veränderungen um? Mit welchen spezifischen Herausforderungen sind Selbstorganisationen konfrontiert? Und wie sind neue Organisations- und Finanzierungsmodelle im zivilgesellschaftlichen Bereich einzuschätzen?


Termine

Di., 24. September 2019, 19:00 Uhr, Depot, Wien

"Kann Fundraising die Zivilgesellschaft retten?"

Wenn eine Regierung die Arbeit von Non-Profit-Organisationen nicht (mehr) subventioniert, sind alternative Finanzierungsmöglichkeiten der organisierten Zivilgesellschaft gefragt. Welche diesbezüglichen Alternativen gibt es, welche Vor- und Nachteile bringen die einzelnen Methoden im Fundraising (Fundraising-Mix, Crowdfunding, Stiftungen), welche neuen Herausforderungen ergeben sich für das Arbeiten im Verein, und was bedeutet die alternative Finanzierungsform für die Ausübung des eigentlichen Vereinszweckes?

Gerlinde Affenzeller, Geschäftsführung SOS Mitmensch.


Mi., 9. Oktober 2019, 19:00 Uhr, Bezirksmuseum Hietzing, Wien

"Zivilgesellschaft unter Druck – wie viel Spielraum bleibt uns noch?"

Die politische Landschaft in Österreich wie auch in Europa wird zunehmend von rechtspopulistischen Strömungen bestimmt. Sie bieten scheinbar einfache Lösungen und Klarheit in einer komplexen, verflochtenen und globalen Gesellschaft. Den wenigsten ist bewusst, dass RechtspopulistInnen auch die Einschränkung von Freiheitsrechten und den stückweisen Rückbau von Menschenrechten vorantreiben. Betroffen sind in erster Linie marginalisierte Gruppen, aber vermehrt auch die organisierte Zivilgesellschaft (NGOs), die sich für diese Gruppen einsetzt bzw. gesellschaftliche Entwicklungen hinterfragt. Diese demokratiepolitisch wichtige Rolle von NGOs wird allmählich als lästig und dem Interesse des jeweiligen Landes abträglich abgestempelt.

Anhand von aktuellen Beispielen aus Österreich wie auch aus anderen europäischen Staaten gibt der Vortrag Einblicke in die Herausforderungen, denen NGOs im derzeitigen politischen Klima gegenüberstehen. Wie gehen Organisationen mit dem steigenden Druck, bestehend aus Diskreditierung ("NGO-Wahnsinn", "Profitgier" etc.), einschränkender Gesetzgebung, Abschneiden von Finanzierung, Überwachung und Polizeigewalt, um? Was bedeutet die Abwertung der Menschenrechte als etwas Überkommenes, als System für "Weltverbesserer" und "Gutmenschen"? Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf unseren demokratischen Handlungsspielraum?

Gudrun Rabussay-Schwald, Juristin, Leiterin des Bereichs Menschenrechtsbildung bei Amnesty International Österreich.


Mi., 20. November 2019, 19:00 Uhr, Depot, Wien

"LEFÖ: krisen.feste.transformationen"

Die feministisch-migrantische Selbstorganisation LEFÖ hat – seit 1985 – die Flucht- und Migrationsgeschichte von Frauen sowie die politische Erwachsenenbildung in Österreich mitgestaltet und erweitert.

Aus der Perspektive eigener Erfahrungen als langjährige LEFÖ-Mitarbeiterin auf Team-, Unterrichts- und Leitungsebene wird die Referentin Rahmenbedingungen und Beispiele aus der LEFÖ-Praxis hinsichtlich Krisenbewältigungen und Transformationen beleuchten und die aktuellen Herausforderungen – vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Bedeutung der (Bildungs-)Arbeit von LEFÖ – in den Blick nehmen.

Elisabeth Harrasser, Studium der Kommunikationswissenschaft und Ethnologie, seit 1989 LEFÖ-Mitarbeiterin.


Di., 3. Dezember 2019, 19:00 Uhr, Depot, Wien

"NGOs: Funktionen und Handlungsfelder"

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werden kontrovers eingeschätzt: Für die einen sind sie Hoffnungsträgerinnen für eine bessere Zukunft, andere sehen in ihnen die am meisten überschätzten Akteure der internationalen Politik.

NGOs sind eine sehr heterogene Gruppe, die am ehesten in ihren konkreten Handlungsfeldern sowie ihrer gesellschaftspolitischen Funktion und im Verhältnis zum Staat und zu privatwirtschaftlichen Komponenten verstanden werden können. Welche Implikationen hat das für die Erwachsenenbildung?

Ulrich Brand, Politikwissenschaftler, Universität Wien. Er promovierte zum Verhältnis von NGOs und Staat in der internationalen Umweltpolitik.

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