Kompetenzanerkennung unter der Lupe - das war die wba-Tagung 2017

01.12.2017, Text: Petra Steiner und Karin Reisinger, wba, Redaktion: Redaktion/CONEDU
Die Tagung ließ WissenschafterInnen und wba-AbsolventInnen zu Wort kommen und brachte verschiedene Perspektiven auf Validierung und Kompetenzanerkennung ans Licht der Öffentlichkeit.
wba-Geschäftsstellenleiterin Karin Reisinger eröffnete die Tagung
Foto: Alle Rechte vorbehalten, Robert Kalb
Am 23. November ging in der Wiener Urania die Tagung der Weiterbildungsakademie Österreich anlässlich ihres 10-jährigen Bestehens über die Bühne. Rund 150 Gäste aus der Erwachsenenbildungsszene und aus angrenzenden Bereichen folgten der Einladung. Am Podium der Fishbowl-Diskussion saßen VertreterInnen der Bildungslandschaft, wie die Geschäftsführerin des Wiener AMS, Petra Draxl, der ehemalige Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung, Ekkehard Nuissl, Markus Bauer als Vertreter der Niederösterreichischen Landesfeuerwehrschule, Agnes Streissler-Führer von der GPA als Digitalisierungsexpertin, Mümtaz Karakurt von migrare und aus dem Bereich Anerkennungsberatung für MigrantInnen sowie Regina Barth, Leiterin der Abteilung Erwachsenenbildung im Bildungsministerium.

 

Bildungsministerin Sonja Hammerschmid begrüßte die Gäste

Nach der Begrüßung durch Michael Sturm, dem Vorsitzenden des Kooperativen Systems der Österreichischen Erwachsenenbildung, brachte die Ministerin in ihrer Rede der Erwachsenenbildung hohe Wertschätzung entgegen: „Ich gratuliere den Trägern der Weiterbildungsakademie (wba), den Verbänden der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) und dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung, zum 10-jährigen Jubiläum. Die wba leistet durch ihr Anerkennungssystem von formal, nicht-formal und informell erworbenen Kompetenzen nicht nur einen ganz wesentlichen Beitrag zur Professionalisierung der Erwachsenenbildung in Österreich, sondern dient auch international als Vorbild bei Validierungsbestrebungen."

 

Gudrun Breyer, Mitarbeiterin der wba, präsentierte Ergebnisse einer 10-Jahres-Evaluation

Als Abschluss ihrer Rede leitete sie folgende drei Empfehlungen ab:

  • Verstärkte Bemühungen hinsichtlich einer Steigerung des Bekanntheitsgrads der wba sind notwendig.
  • Auf einem hohen Bekanntheitsgrad baut eine bessere Verwertbarkeit der Abschlüsse für die wba-AbsolventInnen auf. Diese Verwertbarkeit muss jedoch abseits von Vorgaben möglich sein und das Prinzip der Freiwilligkeit wahren.
  • Um den Nutzen der wba-Abschlüsse für die AbsolventInnen auch zukünftig zu wahren und zu stärken, bedarf es der Beibehaltung des kooperativen Gedankens, der die wba trägt. Sie wies dabei auf den aktuellen Artikel von Bernd Käpplinger im Magazin Erwachsenenbildung zum Thema „Öffentlichkeit und Markt: Wozu ein öffentliches Bildungswesen?" hin, in dem Käpplinger an Träger und Verbände appellierte, ihre Rolle als MitgestalterInnen des Bildungssystems aufzugreifen, anstatt einzeln und einzig auf „staatliches Handeln" zu warten und als ein gelungenes Beispiel der Professionalisierung, „als ein Beispiel dafür, dass das Feld kooperieren und sich selbst Standards setzen kann", die wba nannte.

 

Nichts ist praktischer als eine gute Theorie

Diesem Zitat kann man die Beiträge der Wissenschaft zuordnen. Elke Gruber von der Universität Graz und Peter Schlögl von der Universität Klagenfurt und vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung beleuchteten die Hintergründe einer Kompetenzanerkennung. Sie zeigten auf, dass die „Gültigkeit"/Validität von Nachweisformen ganz verschiedene Aspekte hat, z.B. kann man Validität als konsensual erzeugt definieren und auch als einer vorgegebenen Systematik entsprechend.

 

In der Keynote am Nachmittag zeigte die Schweizer Professorin für Weiterbildung, Katrin Kraus, anschaulich, dass die Kompetenzanforderungen an ErwachsenenbildnerInnen etwas ganz Spezielles sind, weil das Arbeitsziel, welches sie erreichen, von und mit Menschen erzeugt wird und viel pädagogisches und fachliches Hintergrundwissen benötigt wird. Speziell ist auch, dass man rein äußerlich meist gar keinen Unterschied zwischen den DienstleisterInnen ErwachsenenbildnerInnen und ihren „KlientInnen" erkennen kann.

 

wba-zertifizierte ErwachsenenbildnerInnen am Wort

Spannend war ein Workshop, in dem fünf wba-AbsolventInnen über ihre Erfahrungen mit der Zertifizierung berichteten. Es ergab sich in diesem Gespräch ein buntes Bild. Die Zufriedenheit mit der wba-Beratung zeigte sich auch hier. Als sehr positiven Aspekt des Anerkennungserfahrens wurde die Sichtbarmachtung und Anerkennung der bereits mitgebrachten Kompetenzen erlebt. Erzählt wurde aber auch von einem kurzen Empörungsmoment, sich nochmals beweisen zu müssen. Einig waren sich die Anwesenden, dass es einer stärkeren Wahrnehmung ihrer Leistungen in der Öffentlichkeit bedarf und das „ErwachsenenbildnerIn" als Tätigkeit bekannter werden muss. Mit diesem Wunsch trafen sich die Anliegen der TeilnehmerInnen und der VeranstalterInnen der Tagung.

 

Nicht nur die Lupe, sondern auch das Fernrohr

Die Tagung brachte insgesamt viele verschiedene Perspektiven auf Validierung und Kompetenzanerkennung ans Licht der Öffentlichkeit. Es wurde nicht nur mit der Lupe genauer auf das Verfahren geschaut und Qualitätsentwicklung besprochen, wie in den gleichnamigen Workshops. Es wurde vielmehr der Blick geweitet und Kompetenzanerkennung als Teil der Bildungslandschaft der Zukunft verortet.

 

Dass dies kein einfaches Unternehmen ist, zeigte die Diskussion am Schluss: da geht es dem AMS Wien in allen Bereichen der Kompetenzanerkennung für formale Abschlüsse viel zu langsam. Geschäftsführerin Petra Draxl meint, der Nutzen der wba müsse noch mehr transportiert werden und es brauche mehr finanzielle Mittel für Kompetenzanerkennung. Die Expertin für Digitalisierung, Agnes Streissler-Führer, wünscht sich mehr Bildung und weniger Schulung im Sinne der Anpassung der Systeme an den Menschen und nicht umgekehrt. Mümtaz Karakurt von migrare Oberösterreich fordert einen gekonnteren Umgang mit Kompetenzen, das heißt ein gelassenes Erkennen und echtes Anerkennen bereits vorhandenen Kompetenzen, ohne sofortigen Zwang zu Schulung. Markus Bauer von der NÖ Landesfeuerwehrschule sieht erst einen Anfang gekommen, der Zugang zum Lernen muss breiter werden, auch in seinem Fachbereich. Ekkehard Nuissl, deutscher Erwachsenenbildungsexperte, sieht in der wba einen vorwärtsweisenden, modellhaften Weg und moniert einen stärkeren Anschluss der wba an reguläre Bildungsprozesse. Und schlussendlich eröffnet Regina Barth, Abteilungsleiterin im Bildungsministerium zwei Wunschperspektiven für die Zukunft: eine gesetzlich verankerte Anerkennung der wba-Abschlüsse über das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung und das Einfließen der wba-Expertise bei der Umsetzung des NQR für den non-formalen Bereich.

 

Mit dieser engagierten Diskussion ging eine lebhafte Tagung zu Ende. Über Validierung und Kompetenzanerkennung sowie über Professionalisierung und Beruflichkeit der ErwachsenenbildnerInnen darf und muss weiter diskutiert werden.

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