Organisationsentwicklung für Klimaschutz in der Erwachsenenbildung

CC BY 4.0 Karin Dullnig, Daniela List und Andrea Widmann, Initiative "Klimaschutz in der Erwachsenenbildung" 2023 | Redaktion: CONEDU
Foto einer Zeichnung eines Bildungshauses mit Bäumen und Personen, darüber hält eine Hand eine GießkanneFoto: CC BY, Schnepfleitner/CONEDU, auf erwachsenenbildung.at

Um Klimaschutz in der Bildungseinrichtung längerfristig umzusetzen, braucht es Organisationsentwicklung im Bereich des Bildungsstandorts und der Bildungsangebote.

Inhalt:

Grafik: CC BY, Schnepfleitner/CONEDU, auf erwachsenenbildung.at

Handlungsfelder für klimasensible Erwachsenenbildung

Verantwortliche in der Erwachsenenbildung können Kilmaschutz sowohl im Bildungsprogramm als auch am Standort einer Bildungsorganisation berücksichtigen.

Handlungsfelder für klimasensible Bildungsangebote

Die drei Handlungsmöglichkeiten für ein klimasensibles Bildungsangebot umfassen:

  1. Klimaschutz im Leitbild der Organisation integrieren: Es braucht ein organisationsspezifisches, transparentes Statement für den Weg zur klimaneutralen Organisation, das für Mitarbeiter*innen und Teilnehmende verständlich formuliert ist. Meistens startet die Leitbildarbeit mit einer Willenserklärung und die wirklich handlungsleitenden Ideen sowie strategischen Maßnahmen werden erst nach einer IST-Stands-Analyse formuliert.
  2. Klimaschutz im Bildungsangebot einbetten: Hier geht es darum, Ideen für die Konzeption und Pilotierung von neuen Angeboten zu entwickeln und schließlich ein klimasensibles Angebotsportfolio und Bildungsprogramm nachhaltig zu implementieren.
  3. Klimaschutz als Querschnittsthema aufnehmen: Ausgehend von der formulierten Vision im Leitbild planen Führungskräfte regelmäßig Maßnahmen, damit klimafreundliches Verhalten in allen Bildungsaktivitäten mitgedacht wird (siehe auch Beiträge "Erwachsenenbildung klimafit machen" und "Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Fachtrainings integrieren").

Handlungsfelder für einen klimasensiblen Bildungsstandort

Die sieben Handlungsfelder für einen klimasensiblen Standort sind:

  • Klimafreundliches Gebäude – von der Energieversorgung mit erneuerbarer Energie bis zu energieeffizienter Beleuchtung und energieeffizienten Geräten und deren richtiger Handhabung
  • Klimafreundliches Büro – von der Beschaffung umweltfreundlichen Büromaterials bis zum Einkauf bei regionalen Händler*innen
  • Klimafreundliche Küche/Verpflegung – vom saisonalen und frischen Kochen bis zum Einkauf direkt bei den regionalen Produzent*innen
  • Klimafreundliche Reinigung – vom Einsatz von umweltfreundlichen Reinigungsmitteln und chemiefreier Reinigung bis zu Kriterien für die Vergabe von Fremdleistungen
  • Klimafreundliche Mobilität – von Parkplatzmanagement, Fahrradabstellplätzen bis zur Förderung von klimafreundlicher An- und Abreise von Mitarbeiter*innen, Referent*innen und Teilnehmer*innen
  • Klimaschutz in der internen und externen Kommunikation – von der Mitarbeiter*innen-Motivation bis zum systematischen Wissensmanagement und von klimarelevanten Informationen für Teilnehmer*innen und Referent*innen bis zur Öffentlichkeitsarbeit
  • Klimafreundliche Schulungen/Veranstaltungen – vom Einsatz umweltfreundlicher Schulungsunterlagen bis zur Seminarraumausstattung
Grafik: CC BY, Schnepfleitner/CONEDU, auf erwachsenenbildung.at

Klimaschutz in 5 Schritten implementieren

Voraussetzung für die Implementierung von Klimaschutzmaßnahmen ist die Erkenntnis, dass Veränderung notwendig ist. Ein Team, z.B. bestehend aus Führungsebene, Personalentwicklung und Mitarbeiter*innen aus unterschiedlichen Bereichen erhebt in weiterer Folge den Ist-Stand und in einem partizipativen Prozess werden Ziele und Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Eine wiederkehrende Evaluierung und Neujustierung gewährleistet, dass die Veränderung in der Organisation verankert wird. Dieser Weg zur systematischen kontinuierlichen Verbesserung wird als sogenannter "PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act)" beschrieben und stellt auch das Grundprinzip von Managementsystemen dar.

 

Wie ein PDCA-Zyklus für Bildungseinrichtungen für mehr Klimaschutz genau aussehen kann, zeigt der "Ich tu’s Klimacheck". Dieser wurde im Rahmen der Ich tu´s Initiative Klimaschutz in der Erwachsenenbildung entwickelt, um Bildungsorganisationen auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität zu unterstützen. Dabei handelt es sich um einen partizipativen Ansatz, Potenziale und Maßnahmen für den Klimaschutz gemeinsam mit externer Begleitung in der Organisation zu entdecken und umzusetzen. Der Klimacheck umfasst folgende fünf Schritte:

1. Ziele formulieren

Der Prozess startet mit der Zielformulierung, die im Erstgespräch auf Führungsebene erfolgt.

2. Status Quo analysieren

Danach werden in der Analysephase umfassende organisatorische und technische Erhebungen durchgeführt.

3. Ergebnisse partizipativ auswerten und planen

In der darauffolgenden partizipativen Auswertungsphase werden die Ergebnisse der Erhebungen in Initial-Workshops mit den Mitarbeiter*innen aus Verwaltung, Technik, Reinigung, Küche und Pädagogik bewertet und daraus die Maßnahmen für die Umsetzung abgeleitet. Diese Workshops sind von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Umsetzungsphase. Dabei bearbeiten die Mitarbeiter*innen mit der externen Workshop-Begleitung unterschiedliche Zugänge zum Klimaschutz und Energiesparen, erheben persönliche Interessen und stellen die Ausganslage der Organisation den formulierten Zielsetzungen gegenüber, um Klimaschutzmaßnahmen zu planen. Die pädagogischen Mitarbeiter*innen analysieren die spezifische Angebotsausrichtung hinsichtlich Klimaschutzbildung und sammeln erste Ideen für neue Angebote.

4. Klimaschutz-Maßnahmen umsetzen

Aus den Initial-Workshops entsteht ein Maßnahmenpaket, das der Leitung vorgelegt wird. Während der Umsetzungsphase steht die externe Prozessbegleitung für Coaching bei klimaschutzspezifischen Fragen und für die gemeinsame Entwicklung und Erprobung von neuen Bildungsangeboten zur Verfügung. Die Mitarbeiter*innen werden in hausinternen Workshops involviert, geschult und zur Implementierung von Verbesserungsmaßnahmen motiviert – geleitet vom Motto „Vom Wissen zum Tun“.

5. Klimaschutz-Maßnahmen evaluieren

Jährlich stattfindende Audits helfen dabei, die umgesetzten Maßnahmen am Standort und im Bildungsprogramm zu evaluieren sowie Verbesserungen zu planen. Im Rahmen des Klimachecks organisieren und moderieren externen Expert*innen die Audit-Termine, von den Organisationen nehmen Geschäftsführung und Vertreter*innen der internen Projektteams teil.

Selbstcheck: Wie ist Klimaschutz in unserer Bildungseinrichtung verankert?

Hilfe zur Selbsteinschätzung, in welchen Bereichen die eigene Einrichtung in Sachen Kilmaschutz schon aktiv ist und wo sich Bedarfe zeigen, bietet das Handout "Wie ist Klimaschutz in meiner Bildungseinrichtung verankert?" (PDF).

Klimaschutz-Implementierung längerfristig absichern

Ist der Implementierungsprozess abgeschlossen, stellt sich die Frage, wie die Aufmerksamkeit für das Thema Klimaschutz auch mittel- und langfristig aufrechterhalten werden kann.

Klimaschutz in der Struktur der Organisation verankern

Um Klimaschutz längerfristig in der Organisationsstruktur zu verankern, braucht es ein akkordiertes Aktionsprogramm, das regelmäßig evaluiert, aktualisiert und weitergetrieben wird. Damit diese Aufgaben im täglichen Geschäft nicht untergehen, ist es hilfreich, Beauftragte für Klimaschutz, Umwelt oder Nachhaltigkeit zu implementieren. Beauftrage sind zum Teil bereits gesetzlich gefordert bzw. in Rahmen von Managementsystemen freiwillig eingesetzt.

Dies können sein:

  • Abfallbeauftragte in Organisationen mit mehr als 100 Mitarbeiter*innen laut Abfallwirtschaftsgesetz (gesetzlich vorgeschrieben)
  • Umwelt-, Energie- oder CSR-Managementbeauftragte in Rahmen von EMAS, ISO 14001 oder ISO 50001 oder Corporate Social Responsibility (freiwillige Systeme, manchmal vorgegeben im Rahmen der Lieferketten)
  • Interne Umwelt- oder Energie-Auditor*innen in Rahmen von EMAS, ISO 14001 oder ISO 50001 (freiwillige Systeme, manchmal vorgegeben im Rahmen der Lieferketten)
  • Ökoprofit-Beauftragte (freiwillig)
  • Umweltzeichenbeauftragte und Mitglieder im Umweltzeichenteam laut Österreichischem Umweltzeichen (freiwillig)
  • Umweltkoordinatoren im Rahmen von betriebsinternen Managementsystemen (freiwillig)

Veränderungen hin zu Klimaneutralität ganzheitlich begleiten

Idealerweise schließt die Implementierung von Klimaschutzmaßnahmen sowohl sogenannte "harte Faktoren" als auch "weiche Faktoren" mit ein und ist als ganzheitliche Organisationsentwicklung angelegt. "Harte Faktoren" sind etwa die Erweiterung der Organisationsstruktur durch Einsetzen von Umweltbeauftragten, die Weiterentwicklung von Geschäftsbereichen z.B. durch Einrichtung eines Programmbereichs Nachhaltigkeit oder der Ergänzung interner Prozesse wie das Aufnehmen des Themas Klimaschutzbeitrag in die jährlichen Mitarbeiter*innengespräche. Unter "weichen Faktoren" versteht man hingegen die Gestaltung der Organisationskultur, die Entwicklung gemeinsamer Werte, die Bearbeitung von Einstellungen und Gefühlen der Beteiligten.

Klimaschutz durch Vernetzung befördern

Folgende Maßnahmen unterstützen die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema:

  • sich in themenspezifische Netzwerke einbringen (wie beispielsweise der Gruppe Nachhaltigkeit des Verbandes der österreichischen Volkshochschulen) oder themenspezifische Veranstaltungen besuchen (wie Werkstattgespräche zu Nachhaltigkeit und Erwachsenenbildung am bifeb)
  • Erfahrungen mit anderen Einrichtungen austauschen und eigene Erfahrung öffentlich machen (z.B. über Beiträge am Portal erwachsenenbildung.at oder über Einreichungen bei Preisen wie der Auszeichnung Bildung für Nachhaltigkeit Entwicklung)
  • In gemeinsamen Netzwerken Projekte entwickeln (wie z.B. Unterstützung zu Erasmus+ Mobilitätsprogrammen zum Schwerpunkt Nachhaltigkeit wie Agentur Erwachsenen- und Weiterbildung Niedersachsen)
  • Laufende Weiterbildungen für Mitarbeiter*innen planen und nutzen

 

Für die Steiermark zeigt die Ich tu’s Initiative beispielhaft, wie Vernetzung unterstützt werden kann:

  • Die Bildungsorganisationen werden nach erfolgreicher Teilnahme am Klimacheck in das Ich tu´s Bildungspartner Erwachsenenbildung Netzwerk aufgenommen (siehe Ich tu´s Homepage).
  • Sie erhalten vier themenspezifische Newsletter pro Jahr.
  • Für die Bildungspartner*innen werden pro Jahr zwei bis drei Netzwerktreffen zu Fachthemen, wie z.B. Digitalisierung und Klimaschutz, Mobilität, Umgang mit Ängsten und Ohnmacht etc. – in Präsenz oder online angeboten.
  • Eine 8-teilige Webinarreihe mit wissenschaftlichen Referent*innen findet jedes Jahr in den Wintermonaten statt.

 

Es besteht das laufende Angebot einer fachlichen Unterstützung bei Bildungsveranstaltungen. Auf der Ich tu´s Homepage gibt es zudem frei nutzbare Informations- und Bildungsmaterialien.

Info: Der Einfluss von Erwachsenenbildung für den Klimaschutz

Klimaschutz ist an Dringlichkeit nicht zu überbieten: Die Ergebnisse des zweiten Teils des 6. Sachstandsberichts, den der Weltklimarat im Februar 2023 vorgelegt hat, zeigt die Folgen der Erderhitzung auf: "Sollte die globale Erwärmung in naher Zukunft 1,5 °C erreichen, würde sie unvermeidbare Zunahmen vielfältiger Klimagefahren verursachen und vielfältige Risiken für Ökosysteme und Menschen mit sich bringen", heißt es darin. Das Zeitfenster, die Katastrophe abzufedern, wird zunehmend kleiner, denn alle Prognosen gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahrzehnt die Schwelle von 1,5 °C überschreiten. Und im Alpenraum wird sogar 4 °C avisiert.

 

Das Bildungssystem wird als eins von sechs sogenannten sozialen Kippelementen für Klimaschutz beschrieben. Der Begriff "Kippelement" wird in der Klimaforschung für die Beschreibung komplexer Systeme verwendet, die das Erdklima beeinflussen. Studien (Otto et al 2020) beschreiben, dass gezielte und umfassende Klimaschutzbildung dazu beitragen kann, bis zu 30% COzu reduzieren, indem sie zu nachhaltigem Bewusstsein beiträgt und Engagement in der Bevölkerung stärkt (siehe auch "Klimaschutzbildung als Beitrag für gesellschaftliche Transformation").

 

Neben der Notwendigkeit, Klimaschutz aus ökologischen Gründen auf die Agenda zu nehmen, gibt es zunehmend auch dementsprechende Vorgaben der EU sowie gesellschaftliche Anforderungen – wenn sich beispielsweise potenzielle Arbeitnehmer*innen auf Basis von Klimaschutzmaßnahmen für oder gegen eine Arbeitsstelle entscheiden.

Beispiele von Klimaschutzmaßnahmen in Bildungseinrichtungen