Demokratisierungsprozesse und politische Bildung
Die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) setzt ihre in Kooperation mit dem Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) und dem Wiener Depot veranstaltete Vortragsreihe zur politischen Erwachsenenbildung auch 2015 fort. Dieses Jahr ist der Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) Hauptkooperationspartner. Im Depot und VÖV (Wien) finden im Oktober und November 2015 unter dem allgemeinen Titel „Demokratisierungsprozesse und politische Bildung“ vier Vorträge statt.
Thematischer Schwerpunkt der Vortragsreihe
Direkte Demokratie, BürgerInnenbeteiligung, Partizipation, Mitmach-Politik ... Seit einigen Jahren benutzen zunehmend viele Initiativen und Organisationen diese und ähnliche Kampfwörter, um die repräsentative Demokratie zu kritisieren, zu erweitern oder mitunter auch abzulehnen. Ob es sich dabei nun um Stuttgart 21, Occupy-Bewegungen, deliberative Community-Projekte oder um urbane „Do it yourself“-Konzepte handelt – sie alle wollen herkömmliche demokratische „Parteipolitik“ verändern und ihr alternative Verfahren entgegensetzen.
Die AkteurInnen selbst erblicken in diesen Begriffen und Projekten eine bedeutsame Form der Demokratisierung. Dieser Anspruch wirft allerdings eine Reihe von Fragen auf: Welches Verständnis von Politik und Demokratie steht denn hinter diesen Beteiligungs-Projekten? Welches „Wir“-Subjekt wird damit angesprochen und angeworben, und welche Ausschlussprozesse gehen mit einer solchen Konstruktion einher? Sind etwa MigrantInnen oder Menschen mit Behinderungen in diesem „Wir“ enthalten? Des Weiteren: Wie weit sind den AkteurInnen der Partizipations-Initiativen Beiträge von Neuen Sozialen Bewegungen, allen voran von feministischen Bewegungen, zur Demokratisierung bekannt? Außerdem: Welche Rolle spielt Ehrenamt, der oft erwähnte Aspekt von Partizipation, in Beteiligungsprozessen? Schließlich: Welche Bedeutung haben diese politischen Entwicklungen und Initiativen für Selbstverständnis und Programmatik der politischen Bildung? Mit diesem Fragenkomplex befasst sich die Vortragsreihe „Demokratisierungsprozesse und politische Bildung“.
Vorträge
Do., 8. Oktober 2015, 19:00 Uhr, Depot (Wien)
Thomas Wagner:
Bürgerbeteiligung als Herrschaftsinstrument
Lange Zeit kam der Ruf nach mehr Bürgerbeteiligung aus alternativen Milieus. Heute wollen Kreise aus Politik und Wirtschaft damit der schwindenden Zustimmung zu neoliberalen „Reform“-Projekten und Bauvorhaben entgegenwirken. In der Mitmach-Republik werden die realen Einflussmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger sowie von Parteien und Gewerkschaften weiter beschnitten.
Thomas Wagner, Jg. 1967. Soziologe, Autor zahlreicher Bücher, Literaturredakteur (junge Welt).
Do., 22. Oktober 2015, 19:00 Uhr, Depot (Wien)
Wolfgang Kellner:
Freiwillige Partizipation: Eigensinn steuern
Freiwilligentätigkeit und ehrenamtliches Engagement sind sowohl Ausdruck von zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation und Eigensinn als auch „Effekte“ institutionalisierter Engagementpolitik und staatlicher Steuerung. Politisch-partizipative Dimensionen scheinen derzeit zugunsten „unpolitischer“ Dienstleistungen in den Hintergrund zu treten. Gestaltung und Eigensinn, Ermöglichung und Steuerung müssen neu ausgehandelt werden.
Wolfgang Kellner, Erwachsenenbildner und Engagementforscher, Ring Österreichischer Bildungswerke, Wien.
Do., 12. November 2015, 19:00 Uhr, Depot (Wien)
Ursula Kubes-Hofmann:
Feminismus & Bewegungen
Zeitdiagnosen, Bestandsaufnahmen, Handlungsoptionen: Definitionen und begriffsgeschichtliche Einlassungen zum Gegenstand Feminismus und Bewegungen in Österreich. Das Soziale und das Politische im Kontext von Feminismus und Bewegungen. Flüchten oder Standhalten, aber wie? Best-Practice-Beispiele aus subalternen (C. Spivak) Szenen.
Ursula Kubes-Hofmann war Leiterin des Rosa-Mayreder-College im Rahmen der Wiener Volkshochschulen.
Mi., 25. November 2015, 19:00 Uhr, VÖV (Wien)
Dorothea Brozek :
„Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis“
Mitmachen, teilhaben, Verantwortung übernehmen – Inklusion als gesellschaftliches Konzept ist in aller Munde und in vielen Schriften und Statements schnell formuliert. Doch was braucht es, um Teilhabe für ALLE in Mitmach-Prozessen zu ermöglichen? Sind es Sensibilisierungskampagnen? Sind es gesetzliche Rahmenbedingungen? Oder kann man gesellschaftliche Konzepte nicht verordnen, und müssen wir alle „aufeinander zugehen“? Oder braucht es mehr Wissen und Bildung über Lebensrealitäten, die einem fremd sind? Oder ...
Dorothea Brozek, Brozek Power Consulting – Zeitgemäße Kommunikation und Umgang mit Vielfalt, Wien
- Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung
- Verband Österreichischer Volkshochschulen
- Institut für Wissenschaft und Kunst
- Wiener Depot
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