Mehr Teilhabe für Menschen mit Demenz durch Bildungsarbeit

24.07.2023, Text: Marion Kirbis, Redaktion/CONEDU
Es gibt vielfältige Bildungs- und Kulturvermittlungsangebote sowie Methoden, die auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz eingehen.
Gruppe älterer Personen unterhält sich in einem Museum vor einem Kunstwerk
Bei Kulturvermittlungsangeboten für Menschen mit Demenz steht nicht die Wissensvermittlung an erster Stelle, sondern das „Erfahrbarmachen“ von kulturellen Ereignissen.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, PROMENZ/Thomas Werchota, https://www.promenz.at/
Laut Schätzungen leben in Österreich 115.000 bis 130.000 Menschen mit einer Form der Demenz. Eine Zahl, die sich wegen des kontinuierlichen Altersanstiegs in der Bevölkerung bis 2050 sogar verdoppeln soll – so der zuletzt 2014 erschienene Österreichische Demenzbericht, der die Grundlage für die österreichische Demenzstrategie „Gut leben mit Demenz“ bildet.

 

Diese wurde 2015 veröffentlicht und soll einen Orientierungsrahmen für die Unterstützung von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen und ihren Angehörigen legen. Darin festgelegt wurden sieben Wirkungsziele und 21 Handlungsempfehlungen, die heute nach wie vor relevant für demenzspezifische Angebote in Österreich sind.

 

Am 25. Mai 2023 fand die jährliche Arbeitstagung der österreichischen Demenzstrategie mit den Schwerpunkten Früherkennung und ambulante Begleitung statt. Doch nicht nur im Bereich der Pflege, sondern auch in der Erwachsenenbildung und der Kulturvermittlung gibt es im Sinne der drei Wirkungsziele Teilhabe und Selbstbestimmung der Betroffenen sicherstellen, Information breit und zielgruppenspezifisch ausbauen und Wissen und Kompetenz stärken vielfach Bestrebungen, das Thema Demenz mit Informationsarbeit in den Vordergrund zu rücken und Angebote für Menschen mit Demenz zu schaffen und auszubauen.

Angebote für Menschen mit Demenz in den Bereichen Kunst und Kultur

In Österreich gibt es unterschiedliche Initiativen, die Menschen mit Demenz mehr kulturelle Teilhabe ermöglichen wollen. Die Künste sollen u.a. mit Angeboten zum Thema Musik (wie dem eigens für Menschen mit Demenz konzipierten Konzert „Echos“ in Oberösterreich) oder Malerei (bei den Führungen für Demenz-Betroffene der Wiener Albertina) zugänglicher gemacht werden.

 

Anders als bei herkömmlichen Kulturvermittlungsangeboten steht bei jenen für Menschen mit Demenz nicht die Wissensvermittlung an erster Stelle, sondern das „Erfahrbarmachen“ von kulturellen Ereignissen unter der Berücksichtigung der speziellen Bedürfnisse dieser Zielgruppe.

Beim Museumsbesuch Erinnerungen wecken

Im Kunsthaus Graz gibt es mit dem Format „Koffer der Erinnerungen“ jeden zweiten Monat ein Angebot für Menschen mit und ohne Demenz, bei dem die Geschichten der Teilnehmenden im Fokus stehen. Der namensgebende Koffer enthält als zentrales Vermittlungswerkzeug Bilder und Objekte aus verschiedenen Themengebieten, die einen Bezug zur Lebensrealität der Museumsbesuchenden haben und teilweise auch an die wechselnden Ausstellungen anknüpfen.

 

Die „Erinnerungsstücke“ im Koffer werden so ausgewählt, dass sie möglichst viele Sinne ansprechen. Die Auseinandersetzung mit ihnen soll Erinnerungen bei den Museumsbesuchenden mit Demenz wecken und zu gemeinsamen Gesprächen und Austausch anregen. Wenn es bei üblichen Museumsführungen also das Vermittlungspersonal ist, das Fachinformationen weitergibt, sind es bei Angeboten, die für Menschen mit Demenz entwickelt wurden, auch die Teilnehmenden selbst, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen.

Fachdidaktik: Werkzeuge für die Arbeit mit Menschen mit Demenz

An der Schnittstelle von Kunst, Bildung und Demenz gibt es verschiedene didaktische Konzepte, Methoden und Ressourcen, die speziell für die Arbeit mit Menschen mit Demenz, ihren Angehörigen, Betreuenden und Interessierten entwickelt wurden.

Das künstlerische Forschungsprojekt „DEMEDARTS“ am Zentrum Didaktik für Kunst und interdisziplinären Unterricht an der Universität für angewandte Kunst Wien stellt ein kostenloses Toolbook zur Verfügung, das immer wieder erweitert wird. Eine der Übungen darin trägt beispielsweise den Namen „Das Runde und das Eckige“. Dabei geht es u.a. darum, mittels eines angeleiteten Malprozesses geometrischer Formen und der Auseinandersetzung mit den gemalten Bildern die Selbstwahrnehmung der Teilnehmenden zu verbessern. Neben zahlreichen Übungsanleitungen (Dauer, benötigte Materialien etc.) finden sich in der Toolbox auch übungsspezifische Hinweise für die Arbeit mit Menschen mit Demenz.

 

Das Kunstlabor Graz hat seit 2005 unterschiedliche Projekte mit hochbetagten Menschen und im speziellen auch mit Menschen mit Demenz als Zielgruppe durchgeführt und beschäftigt sich unter dem Titel „LERNKUNST“ mit Fragen zur Verschränkung von Kunst- und Bildungsprozessen. Themen sind u.a. das Schaffen von Lernumgebungen, die sich an den Lebenswelten spezieller Zielgruppen orientieren oder die Suche nach formalen und informellen Lernmöglichkeiten in künstlerisch-kreativen Prozessen. Im Rahmen des Projekts „Handmade Wellbeing“ wurde ein englischsprachiges Handbuch veröffentlicht, in dem es um die Gestaltung von Workshops für ältere Menschen in Pflegeinrichtungen geht und auch die LERNKUNST MethodenBOX und die zugehörige Anleitung stehen als frei zugängliche Ressourcen zur Verfügung.

Weiterbildungen und Informationsangebote zum Thema Demenz

Neben Projekten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, gibt es auch für nicht betroffene Erwachsene verschiedene (Weiter-)Bildungsmöglichkeiten und Informationsangebote zum Thema Demenz. So etwa die Podcast-Reihe „TROTZDEMENZ“ der Volkshilfe Österreich, die kürzlich mit prominenter Unterstützung eine Lesung über die Alltagserfahrungen von Menschen mit Demenz in der Stadtbibliothek Salzburg veranstaltete.

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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