Beratung von Bildungseinrichtungen

12.06.2013, Text: Wilfried Hackl u. Katharina Velik, Redaktion/CONEDU
Studierende der Erwachsenenbildung interessieren sich für ein neues Tätigkeitsfeld, das bisher allerdings noch kaum untersucht wurde.
Die Professionalisierung des Erwachsenen- und Weiterbildungssektors hat in den vergangenen Jahrzehnten eine zunehmende Ausdifferenzierung von Tätigkeiten und Berufsbildern mit sich gebracht. Neben Lehrenden, BildungsmanagerInnen und BibliothekarInnen waren es vor allem die beratenden Berufe, die eine starke Zunahme verzeichneten. BildungsberaterInnen, Coaches und SupervisorInnen spielen im lebenslangen Lernen längst eine bedeutende Rolle. Nun scheint sich zunehmend ein weiteres Tätigkeitsfeld hinzuzugesellen - die Beratung von Bildungseinrichtungen. Ein Feld, das sowohl empirisch als auch theoretisch noch wenig erschlossen ist. 30 Studierende der Erwachsenenbildung an der Universität Graz setzten sich daher im aktuellen Studienjahr forschend mit diesem Bereich ihrer beruflichen Perspektiven auseinander.


Wandel erhöht Anpassungsdruck bei Anbietern
Die rasante Entwicklung der Bildungsbranche in den letzten Jahren konfrontiert Bildungseinrichtungen mit der Notwendigkeit, sich ständig an die neuen Anforderungen anzupassen und sie aktiv mitzugestalten. Gerade der Weiterbildungssektor, aber auch die Hochschulen waren spätestens seit dem Übergang ins neue Jahrtausend einem enormen Wandel ausgesetzt. Die Liste der Anforderungen ist lang: Das Paradigma Lebenslangen Lernens, die Kürzung von Mitteln, die Entwicklung und Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen Angebots oder auch die zunehmende Reglementierung des nach wie vor als non-formal bezeichneten Bildungssektors sind nur einige der Einflüsse, die einen Anpassungsdruck mit sich brachten und eine proaktive Gestaltung der Veränderung erforderlich machten. Auch die notwendige Professionalisierung des Weiterbildungssektors trägt dazu bei, dass immer mehr BildungsexpertInnen in diesem Arbeitsfeld auftreten und beratende Leistungen anbieten.


Beratung für Bildungseinrichtungen wird zum Handlungsfeld
Aufgabe der BeraterInnen von Bildungseinrichtungen ist es, Institutionen des Lebenslangen Lernens, ProjektbetreiberInnen und deren Personal zu beraten, um deren Handlungsfähigkeit zu stärken und die Zahl der Handlungsoptionen zu vermehren. BeraterInnen - das ergab ein erster Marktüberblick - offerieren sowohl pädagogische Fachberatung als auch Prozessberatung. Sie führen Bedarfsanalysen durch, erstellen Konzepte, moderieren Arbeitsklausuren und Workshops oder trainieren MitarbeiterInnen ebenso wie Führungskräfte. 


Beratung hilft Komplexität zu reduzieren
Andrea Widmann, selbstständige Beraterin mit betriebspädagogischem Hintergrund aus Graz, ist eine dieser BeraterInnen. Zu ihren KundInnen zählen staatliche Bildungseinrichtungen, Weiterbildungsorganisationen, politische Träger und Kommunen. Im Gespräch erzählt sie, wie es zur Beratung kommt: "Wenn die Komplexität einer Problemstellung zu hoch wird und KundInnen ein Problem  nicht mehr alleine denken können, ist ein neutraler Blick von außen gefragt". Gerhard Ratz wiederum ist Betriebswirt und Organisationsberater aus Salzburg und Geschäftsführer der Dreiweg Unternehmensentwicklung GmbH. "Ich werde zum Beispiel kontaktiert, wenn ein Wunsch nach Steigerung der Arbeitseffizienz besteht, wenn Produktangebote vereinheitlicht werden sollen oder sich Finanzierungsfragen stellen." 


Die beiden befragten ExpertInnen beraten Bildungsinstitutionen unter Einsatz verschiedener Verfahren und Fragetechniken. Dabei arbeiten sie unter anderem mit den Gefühlen und Widerständen der in der Organisation Tätigen. Widmann: "Man kann die Beratung durchaus als pädagogisches Handlungsfeld sehen, denn im Kern geht es um die Begleitung von Lernprozessen." Dies erfolgt zum Teil alleine oder in Kooperation mit anderen Beratungsunternehmen. "Besonders große Einrichtungen schätzen ein Netzwerk aus BeraterInnen, da auch im Krankheitsfall die vereinbarte Leistung erbracht werden kann" erklärt sie.


Beratung von Bildungseinrichtungen ist nicht gleich "Bildungsberatung"
Mit dem zunehmenden Aufkommen von BildungsexpertInnen, die ihre Beratungsdienste den verschiedenen Bildungseinrichtungen - von Schule über Weiterbildung bis Hochschule - antragen, scheint eine Differenzierung von subjektorientierter Einzelberatung und den Beratungsleistungen für Organisationen an der Zeit. In einem Forschungsseminar im Rahmen des Masterstudiums Weiterbildung und Lebenslanges Lernen an der Karl-Franzens-Universität Graz wurde daher im letzten Studienjahr der Frage nachgegangen, wie diese Leistungen zu beschreiben und zu fassen sind. Eine klare und gemeinsame Begrifflichkeit ist beispielsweise bislang in der Literatur nicht zu finden. Man stößt auf Organisationsberatung für Weiterbildungsberatungseinrichtungen, auf Weiterbildungsberatung oder auch Bildungsconsulting.  Insgesamt haben die Studierenden neben Widmann und Ratz annähernd 30 BeraterInnen aus Österreich befragt, vereinzelt auch aus Deutschland und der Schweiz. Ergebnisse der Untersuchung, die auf ExpertInneninterviews beruht, werden bis zum kommenden Herbst vorliegen. Sie sollen klären helfen, womit wir es bei diesem Aufgabenfeld zu tun haben.

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