Ein ganzes Dorf ausgebildet

27.07.2012, Text: Wilfried Hackl (seit 2016: Wilfried Frei), Redaktion/CONEDU
WeggefährtInnen würdigten Werner Lenz, den längstdienenden Professor für Erwachsenenbildung anlässlich seiner Emeritierung.
Werner Lenz verlässt nach 28 Jahren als Professor für Erziehungswissenschaften mit besonderer Berücksichtigung der Erwachsenenbildung seine Wirkstätte und tritt die Pension an. Am 22. Juni versammelten sich rund 100 Gäste zu einer feierlichen Rückschau auf ein der Erwachsenenbildung gewidmetes Berufsleben - unter ihnen die steirische Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder, der ehemalige Rekor der Universität Graz Alfred Gutschelhofer sowie zahlreiche AbsolventInnen und KooperationspartnerInnen aus dem In- und Ausland. Laudator Gerhard Bisovsky, Generalsekretär des Verbandes österr. Volkshochschulen, beschrieb Lenz als Beobachter, Analytiker, Vernetzer und als einen, der etwas bewegen konnte: "Du hast die Erwachsenenbildung mit von ihrem Mauerblümchendasein befreit und ins Zentrum der Gesellschaft gerückt".

Bienenkönigin eines ganzen Dorfes
Werner Lenz wurde 1944 in Wien geboren und studierte dort Pädagogik, Politikwissenschaft und Psychologie. Ab 1972 war er zunächst Universiätsassistent an der Universität Wien, dann in Klagenfurt. 1984 wurde er zum Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Graz und damit zum Gründungsleiter der Abteilung Erwachsenenbildung berufen. Mit dieser Berufung begann eine intensive Phase der Verwissenschaftlichung der Erwachsenenbildung in Österreich. Lenz zeichnet für - zusammengezählt - über 800 AbsolventInnen von Diplom- und Doktoratsstudien verantwortlich und hat damit deutlich zur Professionalisierung des Feldes beigetragen. "Du hast ein ganzes Dorf ausgebildet, sagte mir eine Absolventin", so der Geehrte selbst im Rahmen der Feier. Ein Bild, das eine Mitarbeiterin von Lenz in die Analogie des Bienenstaats kleidete und Lenz somit - sehr zum Gaudium der Gäste - zur "Bienenkönigin" erhob. Mit Lenz sei die Art der "Grazer Apis Andragogiensis" geboren worden.

Lenz als Sparringspartner
VertreterInnen des Instituts und der Universität würdigten Lenz insbesondere ob seiner Haltungen und seines Schaffens als Gründungsdekan der Fakultät für Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaften (URBI). "Lenz ist nicht bei jedem Konflikt eingeschritten," berichtete etwa der Altrektor Gutschelhofer, dessen "Sparringspartner" (Gutschelhofer) Lenz bei der Fakultätsgründung war. "Ich habe das als entdecken lassendes Lernen interpretiert". Ein Zitat, mit dem auch die nachfolgende Dekanin Barbara Gasteiger-Klicpera etwas anzufangen wusste, angesichts der Fußstapfen, in die sie trete. Sie erinnerte auch an Lenz' Provokationen: "Er wollte, dass man für Unbildung zahlen müsse, nicht für Bildung!" Institutsvorständin Cornelia Wustmann widerum dankte Lenz für einen wichtigen Gedanken: Wenn wir den Körper täglich bewegen, warum trainieren wir dann so wenig unseren Intellekt und Verstand? Wer die Dummköpfe gegen sich habe, verdiene Vertrauen, gab sie ihm mit Jean-Paul Sartres Worten noch mit in den Ruhestand.

Verantwortung der Bildung: Eigenständigkeit
Die deutsche Erziehungswissenschafterin Christine Zeuner war als Festrednerin geladen und nutzte die Gelegenheit, um über Veranwortung und Erwachsenenbildung zu reflektieren. Die Erwachsenenbildung habe eine Verantwortung, Orientierung zu schaffen und Verhältnisse durch das Lernen zu verändern, monierte sie. Unter Verweisen auf die Schriften von Werner Lenz forderte sie eine Abwendung von einem mechanistischen Bildungsverständnis ein: Verantwortung heiße auch, Eigenständigkeit und Autonomie zu entwickeln. Die Erwachsenenbildung solle sich nicht als bloße Vermittlungsinstanz des Lernens Erwachsener verstehen, sondern immer das große Ganze im Blick haben.

Das Wichtigste: Soziales Verantwortungsgefühl
"Ich wollte bei den Studierenden und MitarbeiterInnen das Selbstvertrauen und ihr Gefühl für soziale Verantwortung stärken", schreibt Lenz selbst - sinngemäß wiedergegeben - in der für ihn gestalteten Festschrift. Werner Lenz hat sich einen Ruf als überaus aktiver Autor und Herausgeber erworben, sein Performance Record an der Uni Graz weist alleine 19 wissenschaftliche Fach- oder Lehrbücher aus, dazu 30 Herausgeberwerke oder auch eine Fülle populärwissenschaftlicher Veröffentlichungen in Medien wie dem ORF. Viele kennen seine Arbeiten über Bildung und gesellschaftlichen Wandel, aber auch die ersten Lehrbücher zur Erwachsenenbildung in Österreich gehen auf ihn zurück. Die internationale Ausrichtung des nunmehrigen Emeritus wurde beispielsweise durch eine umfangreiche Reisetätigkeit und Schriften hierüber dokumentiert, aber auch durch Kooperationen.

Ausgezeichnet mit dem Staatspreis
Der Universität hinterlässt er als letztes professorales Werk eine neu gegründete URBI-Fakultät, seinen LeserInnen ein weiteres Plädoyer für humanistische, aufklärerische und emanzipatorische Bildung - mit seinem neuesten Buch "Bildung - eine Streitschrift", erschienen 2012 im Löcker-Verlag. Das Lebenswerk von Werner Lenz wurde im Vorjahr mit dem Staatspreis für Erwachsenenbildung 2011 ausgzeichnet. In der Würdigung der Jury wurde er unter anderem als die zentrale Figur der universitären Erwachsenenbildung/ Weiterbildung bezeichnet, die darüber hinaus international bekannt und anerkannt sei. Ein Eindruck, den viele durch ihre Anwesenheit bei der Verabschiedung dokumentierten. Bei soviel Anerkennung erlaubte sich Werner Lenz eine Pointe zum Abgang: "Ich danke für alles, was nicht gesagt wurde."
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